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"Störfall Atomkraft" in Presse und Öffentlichkeit Akualisierungen des Buches Atom und Politik Hintergründe Terrorgefahr

Das erfolgreiche Scheitern

(erstellt am 18.1.2016, Überarbeitung am 19.1.2016)

Selbst von neutralen Beobachtern wird der Erfolg der Vereinbarungen mit dem Iran zu dessen Atomprogramm überschwänglich gefeiert. Doch dies ist nicht angemessen, wenngleich ein Scheitern auch die wesentlich größere Gefahr, nämlich die eines Krieges mit Freisetzung großer Mengen an Radioaktivität bedeutet hätte. Doch der „Erfolg“ zeigt nur eines, dass die zivile Nutzung der Atomenergie immer die Hintertür des Bombenbaus offen lässt und dass es keine Sicherheit gibt, dass Missbrauch ausgeschlossen wird. Anhaltspunkte dazu sind:

  1. Wenn die iranischen Techniker (Zitat SZ) „000 der einst mehr als 18.000 betriebsfähigen Zentrifugen einmotten“, so verbleibt 1/3 der Zentrifugen in Betrieb: Da dies zugelassenen Zentrifugen aber die älteren Bauarten sind, wird die Geschwindigkeit der Anreicherung um deutlich mehr als den Faktor 3 verlangsamt. Der „Weg zur Bombe“ bleibt aber somit offen.
  2. Wenn (Zitat SZ) „bis auf 300 kg … an angereichertem Uran“ nicht abgegeben wurden, so ist dies allein kein ausreichendes Material für eine Atombombe. (Berechnung: Der Anreicherungsgrad darf max. 3,7% betragen für den Bombenbau benötigt der Iran eine Anreicherung > 90%, gebraucht werden ca. 20 kg pro Bombe.) Die weitere Anreicherung ist mit den verbliebenen Zentrifugen in wenigen Monaten allerdings machbar, die mögliche Frist wird von Experten mit „ca. einem Jahr“ geschätzt.
  3. In der Vergangenheit wurden mehrfach nicht gemeldete Atomanlage im Iran „entdeckt“, es ist zu vermuten, dass es weitere nicht gemeldete Anlagen gibt oder dass solche Anlagen neu gebaut werden. Dass dort weitere Zentrifugen (auch modernster Bauart) laufen oder angereichertes Uran lagert darf nach den bisherigen Erfahrungen nicht ausgeschlossen werden.

Sicherlich wäre der von Teilen der israelischen Regierung (und den Falken in den USA) erwogen Militäreinsatz definitiv keine Alternative gewesen, dieser hatte die gesamte Region ins Chaos gestürzt (s.a. hier). Jetzt müssen die Verträge bis zum letzte Komma durchgesetzt werden und dabei darf nicht an Kosten für ausreichendes Fachpersonal und einer großen Anzahl Kontrollen gespart werden. Jeder hier gesparter Euro kostet uns alle später Abertausende. Und vor allem müssen der weiteren Verbreitung der „zivilen“ Nutzung in der Region (Saudi-Arabien, Emirate, Ägypten … ) mit aller wirtschaftlichen Kraft ein Riegel vorgeschoben werden.

Entscheidend hat die Verhandlung die katastrophale Dummheit der Administration Bush/Bolton 2004/05 erschwert. Sie hat damals mit der These „zero enrichment“ einen verhandelten Lösungsansatz des Schweizer Botschafters in Teheran. Tim Guldimann, torpediert, dem Teheran zugestimmt hatte und der Iran exakt maximal 164 Zentrifugen gelassen hätte. (S.a. die beiden BITS-Studien von Otfried Nassauer:
https://www.bits.de/public/pdf/rr06-1.pdf   und https://www.bits.de/public/pdf/bn06-1.pdf

Und Eines ist unerlässlich: Der NVV („Atomwaffensperrvertrag“) muss endlich von allen Unterzeichnern, vor allem von den Atomwaffenstaaten (USA; Russland, China, Frankreich, Großbritannien ernst genommen und umgesetzt werden. Das bedeutet – ohne irgendeine Interpretationsalternative – die Abrüstung bis auf „Null“. Das Gegenteil wird aber gemacht, aktuell werden von fast allen Atomwaffenstaaten Modernisierungen vorangetrieben! Auf die Nicht-Unterzeichner-Staaten muss wirtschaftlicher und politischer Druck aufgebaut werden, der einen Ausstieg aus dem Programm alternativlos macht. Vor allem müssen jegliche Zusammenarbeiten im nuklearen Bereich (wie z.B. mit Indien) sofort unterbunden und unter Sanktionen (wie im NVV vorgesehen) gestellt werden.

Weitere Quellen:

https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/NaherMittlererOsten/Iran/Iranisches-Nuklearprogramm_node.html
https://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/atomabkommen-iran-uran-abtransport
https://www.spiegel.de/politik/ausland/iran-muss-95-prozent-seines-angereicherten-urans-beseitigen-a-1043598.html
https://www.tagesschau.de/ausland/iran-atomabkommen-101.html

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik Hintergründe

UN-Vollversammlung für Atomwaffen-Verbot – Update mit „Antwort“ (?) der Bundesregierung

In der Generalversammlung der Vereinten Nationen wurden heute mit großer Mehrheit vier Resolutionen verabschiedet, die ein Verbot von Atomwaffen vorantreiben sollen. Mit zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen stellt sich die Bundesregierung gegen den Fortschritt in der nuklearen Abrüstung.Die UN-Vollversammlung hat ein Verbot von Atomwaffen gefordert. Gestern stimmten mehr als zwei Drittel der UN-Mitgliedsländer für eine Resolution, die auf eine Initiative Österreichs zurückgeht. Gegen den Vorschlag wandten sich die vier offiziellen Atomwaffenmächte USA, Russland, Frankreich und Großbritannien.
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UNGLAUBLICH, aber wahr (1): Deutschland hat ebenfalls dagegen gestimmt …
UNGLAUBLICH, aber wahr (2): Außer der Saarbrücker Zeitung hat bisher KEIN DEUTSCHSPRACHIGES PRESSEORGAN hierüber berichtet …

https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/politik/Multicontent-Berlin-Chaotische-Zustaende-Strafanzeigen-UN-Vollversammlungen;art2815,5994829

UN-Vollversammlung für Atomwaffen-Verbot

Die UN-Vollversammlung hat ein Verbot von Atomwaffen gefordert. Gestern stimmten mehr als zwei Drittel der UN-Mitgliedsländer für eine Resolution, die auf eine Initiative Österreichs zurückgeht. Gegen den Vorschlag wandten sich die vier offiziellen Atomwaffenmächte USA, Russland, Frankreich und Großbritannien.
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Deutschland hat ebenfalls dagegen gestimmt … Ausführlicheres:

https://www.icanw.de/pressemeldungen/deutschland-stimmt-gegen-atomwaffenverbot/

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Unglaublich (3): Rumgestottere bei der Bundespressekonferenz zu dem Abstimmungsverhalten Deutschlands bei der UN zu „Abschaffung bzw. Verbot von Atomwaffen“ (s.a. hier weiter unten auf meiner Seite):

Werde ein Naivling ► https://bit.ly/1A3Gt6E

Keine Ahnung: Die Bundesregierung ist offiziell für eine…

youtube.com
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Akualisierungen des Buches

Situation in Japan und anderswo

Dieter Kaufmann:

In Japan sollen 2 AKW hochgefahren werden. Vor Fukuschima waren dort 54 AKW in Betrieb. 42 AKW müssen noch „geprüft“ werden. Auch bei den beiden Gedenkfeiern zu den Atombombenabwürfen am 6. Und 8.08.2015 kam es zu Anti-AKW-Protesten, was ein gesellschaftlicher Verstoß in Japan bedeutet.

Video: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-107359.html

Vietnam möchte 14 AKW bauen und hat einen Rahmenvertrag mit Russland abgeschlossen.
https://www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin/rahmenvertrag-zwischen-russland-und-vietnam

In den USA sind zwei neu geplante AKW plantechnisch endgültig zurückgegeben worden
https://www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin/usa-rueckzug-des-callaway-2-col-antrages
https://www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin/usa-calvert-cliffs-3-col-zurueckgezogen

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Atom und Politik Hintergründe

ZEIT FÜR KLARE WORTE

heute vor 70 Jahren fand eines der größten, wenn nicht das größte Verbrechen der Menschheit statt: der Atombombenabwurf auf Nagasaki! „Die (beiden) Atombombenexplosionen töteten insgesamt etwa 92.000 Menschen sofort – fast ausschließlich Zivilisten und von der japanischen Armee verschleppte Zwangsarbeiter. An Folgeschäden starben bis Jahresende 1945 weitere 130.000 Menschen. In den weiteren Jahren kamen etliche hinzu.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Atombombenabw%C3%BCrfe_auf_Hiroshima_und_Nagasaki). Und es wurde niemand dafür zur Verantwortung gezogen, kein Eingeständnis des Unrechtes, schon gar nicht eine Entschuldigung für dieses Kriegsverbrechen. Waren bisher fast alle – außer den verantwortlichen US-amerikanischen Kriegsverbrecher und ihren Vasallen – einhellig der Meinung, zumindest die 2. Atombombe sei für die – als Grund genannte – Kapitulation Japans unerheblich gewesen, so wird jetzt – endlich! – auch bereits der erste Bombenabwurf auf Hiroshima als für den Kriegsausgang nicht entscheidend eingestuft.

„Unmittelbar nach Kriegsende hätten hohe US-Militärs darüber geklagt, dass die Atombomben strategisch nicht notwendig und moralisch nicht gerechtfertigt gewesen seien, sagte der ARD-Reporter Klaus Scherer im Deutschlandradio Kultur. In der Wochenschau hieß es 1945, dass Japan ‚am Boden‘ gewesen sei, und zwar ‚lange bevor die Atombomben fielen‘.“ (Quelle: https://www.deutschlandradiokultur.de/hiroshima-und-nagasaki-als-die-atombomben-fielen-lag-japan.1008.de.html?dram:article_id=326508

Die Bomben waren da und mussten im „echten“ Einsatz getestet werden, und zwar BEIDE Varianten!

Hätte es eine ehrliche, faire Aufarbeitung des 2. Weltkrieges durch die internationale Gemeinschaft gegeben (wie es dies in den Nürnberger Prozessen gegen die Deutschen ansatzweise gegeben hatte), so hätten die für die Abwürfe Verantwortlichen ebenfalls auf die Anklagebank (und danach lebenslang hinter Gitter) gehört.

Und heute? Die Atomkriegsuhr (englisch doomsday clock, eigentlich „Uhr des Jüngsten Gerichts“) (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Atomkriegsuhr) steht mit „3 vor 12“ auf dem schlechtesten Stand seit 1987 (nur 1x stand sie noch tiefer auf „2 vor 12“, auf dem Höhepunkt der Kubakrise. Es wird über „militärische Lösungen“ (auch durch die NATO) der Ukrainekrise nachgedacht, in den USA wird gegen das Atomabkommen mit dem Iran mobilisiert, die im Atomwaffensperrvertrag unterzeichnete Abrüstung der Supermächte findet seit etlichen Jahren nicht mehr statt, statt dessen wird modernisiert (auch bei den „deutschen“ rechtswidrig in Büchel gelagerten Atombomben).

Die „zivile“ Nutzung geht trotz Tschernobyl und Fukushima fast ungebremst weiter, URENCO produziert europaweit. Jeder Staat, der Zugriff auf die „zivile“ Nutzung hat kann in wenigen Jahren (Japan und Deutschland könnte dies in wenigen Monaten) Atombomben bauen. DAS ist gerade das Problem der Iran-Atom-Krise. Aber „Aussteigen“ aus diesem Teufelskreislauf? NEIN, nichtdoch, wir haben doch eine FREIE Wirtschaft, die muss das dürfen, wenn sie will.

Und URENCO wird demnächst verkauft (mit welchen Auflagen eigentlich? Und wie sollen die kontrolliert werden?). Und wir haben doch Vertragsschutz und Bestandsgarantien. Enteignen? Stilllegen? DAFÜR müssten es doch schwerwiegende Gründe geben …

Der Iran wird trotz Abkommen weiter an seiner Bombe bauen können, wenn er das will, bestenfalls mit einiger Verzögerung … Saudi-Arabien und andere werden dem Beispiel folgen, der 3. Einsatz einer Atombombe gegen Menschen ist nur noch eine Frage weniger Jahrzehnte (wenn wir soviel Glück haben … ).

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Atom und Politik Entsorgung Hintergründe

Radioaktiver US-Bombenschrott im Pazifik

USA-Atompolitik 2015: Die radioaktive Reste von umgerechnet 1.500 Hiroshimabomben liegen hier unter einem bröckeligen Betonmantel verscharrt, auf Höhe des derzeitigen (!) Meeresspiegels (war da nicht mal was mit „Anstieg des Meeresspeiegels?), in 22 km Entfernung von der nächsten bewohnten Siedlung.

Hier der Link zu dem höchst lesenswerten
Bericht der Sueddeutschen: Atombombentests – Dom des Todes

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"Störfall Atomkraft" in Presse und Öffentlichkeit Störfälle Vorträge

Boell-VA in Koblenz: Die Flüchtlinge aus Fukushima und ihr Leben

Ein kurzer Bericht von der Veranstaltung:

Die Flüchtlinge aus Fukushima und ihr Leben

        07. November 2014 19:00 Uhr
Koblenz, Schöffenhaus am Florinsmarkt

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Atom und Politik drohender Atomkrieg Hintergründe Terrorgefahr

Ukraine – Ist ein Atomkrieg denkbar?

Die Lage war nach dem friedlichen Zusammenbruch der Sowjetunion in den folgenden 20 Jahren so entspannt wie nie zuvor seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Ein Atomkrieg zwischen den beiden Supermächten (oder richtiger: der verbliebenen Supermacht USA und dem Nachfolgestaat Russland der ehemaligen Supermacht UdSSR) war undenkbar geworden. Es folgte eine Zeit der Abrüstung und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, wobei letztere hauptsächlich darin bestand, dass die westlichen Wirtschaftsimperien versuchten sich ihr „Stück Kuchen“ im Goldgräberland Russland zu sichern und nicht alles den – überwiegend aus dem alten Machtapparat entwachsenen – Oligarchen zu überlassen.

Eine mögliche atomare Auseinandersetzung oder der Einsatz einzelner Atombomben zu politischen Zwecken schien lediglich durch Terroristen oder exotische „gestrige“ Diktaturen wie Nordkorea zu drohen. Einzig im Dauer-Konflikt Indien – Pakistan drohte zeitweise ein regelrechter Krieg mit dem Einsatz einer größeren Anzahl von Atomwaffen.[1]

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik drohender Atomkrieg Terrorgefahr Vorträge

Lässt sich ein Atomkrieg noch verhindern?

Die Menschheit hat seit 1945 beträchtliches Glück gehabt. Obwohl eine vernichtende neue Waffe – die Atombombe – entwickelt worden war, wurde sie – nach einem zweimaligen Einsatz – bisher nie wieder im Kriegsfall verwendet. Betrachtet man rückwirkend, wie knapp entsprechende Entscheidungen und Handlungen an einem möglichen Einsatz vorbei gingen, lässt sich nur mit „großem Glück“ charakterisieren. Sachliche Überlegungen oder rationale Abwägungen waren in den entscheidenden Phasen zumindest nicht immer entscheidend.

Aus dem – über lange Zeit stabilen – Kreis der fünf Atommächte sind mittlerweile neun Staaten geworden, die über die Einsatzmöglichkeit von Atomwaffen verfügen. Hinzugekommen sind die sog. „Faktischen“ Atommächte Indien, Pakistan und Nordkorea, die alle drei den Besitz von Atomwaffen zugeben oder sich gar damit brüsten sowie Israel. Deren Besitz von Atomwaffen ist ein offenes Geheimnis, zeitweise verplaudert sich auch mal ein hochrangiger Politiker[1].

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik drohender Atomkrieg Gesetzestexte Hintergründe Vorträge

Haben Nordkorea und Iran das „Recht auf die Bombe“?

Vorbemerkung: Die erste eingestellte Version hat an einigen wenigen Stellen zu Rückfragen und Fehlinterpretationen geführt (etwa der Art, ich würde eine atomare Bewaffnung Nordkoreas und des Irans befürworten …). In der neuen Version versuche ich diese Unklarheiten zu vermeiden (und einige weitere Kleinigkeiten zu klären).

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Die Widersprüche des Atomwaffensperrvertrages zur Realität

10.04.2013, Aktualisierung 14.04.2013

Derzeit eskaliert die Lage in Korea, während gleichzeitig der Konflikt mit dem Iran weiter auf hohem Spannungs-Niveau stagniert und jederzeit zu einem Krieg führen kann. Hintergrund ist in beiden Fällen das tatsächliche oder unterstellte Streben nach atomarer Bewaffnung.

So unterschiedlich beide Ländern und ihre jeweiligen Bedingungen auch sind, so ähnlich sind die Beweggründe der Handelnden und die Hintergründe.

Die Regierungen und Diktatoren in beiden Staaten werden die Entwicklung in Libyen und zuvor im Irak aufmerksam verfolgt und ihre Lehren daraus gezogen haben: Ein Machthaber, der auf Entspannung setzt und sein atomares Potential freiwillig abgibt, wird wenige Jahre später vom Westen aus dem Amt gebombt.

Bisheriger Stand:

Beide Staaten beschreiten mittlerweile beide mögliche Wege zum bombenfähigen Material:

1. „Normale“ Kernkraftwerke können mit angereichertem Uran betrieben werden. Das hauptsächlich in der Natur vorkommende U238 enthält etwa 0,7 % des benötigten –spaltbaren – U235. Dessen Anteil muss durch Anreicherung erhöht werden. Bei dieser Anreicherung sind mit derselben Technik 3 bis 5 % für AKWs, 20 % für Forschungsreaktoren und > 90 % für Bomben zu erzielen, die Zentrifugen müssen „nur“ in größerer Stückzahl und länger laufen.

2. Reaktoren können mit Natururan betrieben werden, wenn sog. „schweres Wasser“ (enthält Deuterium – ein Wasserstoffatom mit einem zusätzlichen Neutron) verwendet wird. In den Brennstäben entsteht dabei Plutonium, welches abgetrennt und zum Bombenbau verwendet werden kann.

Offenbar gab es in der jüngeren Vergangenheit Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten. Dabei könnten sowohl Raketentechnik wie auch Anreicherungstechnik, aber auch gegebenenfalls Material getauscht worden sein[1].

Nordkorea betreibt derzeit die Anreicherung und möchte einen Schwerwasserreaktor (Yongbyon) wieder in Betrieb nehmen, der 2007 stillgelegt wurde[2]. Das bisherige Bombenmaterial (Plutonium) stammt offenbar aus dem Betrieb des Schwerwasserreaktor. Bei dem jüngsten Test könnte eine Uranbombe gewesen sein, eventuell mit Uran aus dem Iran[3].

Der Iran betreibt massiv und in großem Stil Anreicherung, angeblich für das AKW Busheer und den Forschungsreaktor in Teheran und strebt den Bau eines Schwerwasserreaktors an. Eine eigne Schwerwasserproduktion – technisch ähnlich anspruchsvoll wie die Anreicherung – ist offenbar bereits in Betrieb oder steht kurz vor der In-Betrieb-Nahme[4].

Problem Atomwaffensperrvertrag (NVV)

Fakt und Hauptproblem ist und bleibt der mittlerweile völlig unzeitgemäße Nicht-Verbreitungs-Vertrag (sog. Atomwaffensperrvertrag). Durch diesen wird offensichtlich, dass eine Minderheit der Länder aus – zumindest teilweise – eigennützigen Gründen anderen Ländern genau das verbieten wollen, was sie selbst nicht einhalten.

Belege dafür:

Artikel I

Jeder Kernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder sonst wie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen

Dagegen haben mittlerweile praktische alle offiziellen Atomstaaten verstoßen, u.a. die USA zuletzt im Fall Indien.[5]

 

Artikel II

Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.

Dies ist dem Iran bisher nicht nachzuweisen, vermutlich hat er diesen Verstoß auch (noch?) nicht begangen. Nordkorea ist – wie erwähnt – kein Vertragsstaat mehr!

Artikel IV

(1)    Dieser Vertrag ist nicht so auszulegen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, unter Wahrung der Gleichbehandlung und in Übereinstimmung mit den Artikeln I und II die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln.

Dies ist im Fall Iran aktuell, hierauf pocht die Führung in Teheran, nach den Buchstaben des Gesetzes zu Recht.

(2)     Alle Vertragsparteien verpflichten sich, den weitest möglichen Austausch von Ausrüstungen, Material und wissenschaftlichen und technologischen Informationen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie zu erleichtern, und sind berechtigt, daran teilzunehmen.

Auch dies gilt nach den Buchstaben des Gesetzes für den Iran. Die Zusammenarbeit mit Russland in Fragen der zivilen Nutzung der Atomtechnik ist daher rechtens.

Artikel VI

Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.

Außer den SALT- und START-Abkommen hat sich da bisher kaum etwas bewegt. Die beiden Großmächte Russland und USA verfügen noch je über mehrere Tausend Atomwaffen. Eine „Nukleare Abrüstung in naher Zukunft“ sieht anders aus …[6] Dabei war einer der Hauptgründe der Mangel an Uran für die zivile Nutzung.[7]

Artikel X

(1) Jede Vertragspartei ist in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch außergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrags zusammenhängende Ereignisse eine Gefährdung der höchsten Interessen ihres Landes eingetreten ist. Sie teilt diesen Rücktritt allen anderen Vertragsparteien sowie dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen drei Monate im Voraus mit. Diese Mitteilung hat eine Darlegung der außergewöhnlichen Ereignisse zu enthalten, durch die ihrer Ansicht nach eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist.

Genau dies hat Nordkorea im Januar 2003 getan.[8] Eine Steilvorlage dafür („Gefährdung der höchsten Interessen des Landes“) liefert George W. Bush mit seiner Rede im Januar 2002, in der er Nordkorea in die „Achse des Bösen“ einordnete.

Der gesamte NVV ist HIER nachzulesen.

 

Festzuhalten bleibt,

bei allen Vorbehalten den beiden Staaten gegenüber,

–   dass Nordkorea sich vertragsgemäß verhält

–   dass man dem Iran zunächst das Streben nach der Atombombe konkret nachweisen muss, bevor laut NVV Handlungsmöglichkeiten gegeben wären. Letzteres ist bisher – trotz zahlreicher Verstöße des Irans gegen Auflagen – nicht gelungen

–   dass nur eine weltweite Abrüstung aller Atommächte einen Atomkrieg verhindern kann

–   dass die zivile Nutzung der Atomenergie von der militärischen nicht zu trennen ist

–   dass somit nur der weltweite Ausstieg aus der zivilen Nutzung den militärischen Missbrauch verhindern kann.

Um dies klarzustellen: Ich rede hier ich definitiv NICHT einer atomaren Bewaffnung des Irans oder Nordkoreas das Wort. Das im Fall Nordkoreas erwiesene und erfolgreiche und das im Fall Iran nach logischen Ermessen zu unterstellende und auf hoher Vorstufe verharrende Streben nach „der Bombe“ ist zu verurteilen. Es wird die jeweiligen Regionen destabilisieren und langfristig den beiden Ländern selbst mehr schaden als nutzen. Aber m.E. ist nach den Buchstaben des NVV dieses Streben auf dem jeweiligen aktuellen Stand nicht rechtswidrig. Und genau DIES zeigt die Fehler und Schwächen des Atomwaffensperrvertrages und kann nur zur Forderung führen – da er nicht so revidierbar ist, dass diese Probleme lösbar wären – dass einzig die weltweite Abrüstung die sinnvolle Reaktion aller Beteiligten wäre. Davon sind wir leider weit entfernt. Wobei – auch dies habe ich an vielen Stellen schon aufgezeigt – die zivile Nutzung IMMER die militärische einschließt und somit auch ein weltweiter Ausstieg aus der zivilen Nutzung unumgänglich ist. Ich fürchte jedoch, dass dies ohne ein Eskalieren (sprich ein atomarer Schlagabtausch) nicht umsetzbar sein wird …

 

Hinweis: s.a. meine Seite zu „Der Irankonflikt mit weiteren Hintergründen und einer (auf Wunsch auch als Vortrag gehaltenen) sehr ausführlichen PPP.

 


[1] https://www.welt.de/politik/ausland/article114923669/Furcht-vor-iranischem-Atom-Know-how-in-Nordkorea.html

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Atommacht Nordkorea

(Erg. 14.2.2013) Nordkorea hat offenbar seine 3. Atombombe gezündet, wiederum (im Gegensatz zum 1. Versuch) erfolgreich. Dass es sich dabei um eine „miniaturisierte“ Bombe handelt, könnte die Entwicklung – vor allem im Zusammenhang mit dem kürzlich erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete – umso gefährlich machen. Damit droht den USA und Europa – nicht nur wie bisher den Nachbarländern Südkorea und Japan – ein direkter möglicher Angriff. Allerdings ist die Logik: Kleine Sprengkraft, deswegen kleiner Sprengkopf, deswegen passt er auf leichte Interkontinentalrakete, NICHT zwingend. Ob das NKOR Design überhaupt auf eine Rakete paßt oder eher zu Flugzeugen gehören würde, ist noch vollständig offen. Die Waffenanpassung des Sprengsatzes steht noch aus. Fast oder alle Atommächte haben mit Flugzeugwaffen angefangen, weil sie dann nicht passend zum Raketendurchmesser vund -tragkraft entwickeln mussten. Vgl eine ältere Präsentation von Tom Cochran, einem der führenden Spezialisten https://www.bits.de/public/pdf/boell240205kl.pdf.

Die Explosion ereignete sich um ca. 4:00 Uhr auf dem Atomtestgelände Punggye Ri, wo bereits die beiden bisherigen Tests in 2006 und 2009 stattfanden.

Die US-Atomwaffen wurden 1991 u.a. aufgrund von Verhandlungen mit Nordkorea aus dem Süden des geteilten Landes abgezogen. Weitere Gründe waren technische Sicherheitsbedenken und der zeitgleiche Abzug des Großteils der US-Atomwaffen aus Europa (s.a.: https://www.bits.de/public/ndrinfo/20121006.htm). Allerdings ist bis heute nicht völlig klar, ob wirklich alle Atomwaffen abgezogen wurden. Nordkorea hat den Atomwaffensperrvertrag (NVV) 2003 einseitig gekündigt (s.u.).

Nordkorea verfolgt beide Möglichkeiten, an waffenfähiges Spaltmaterial zu kommen. Zum einen werden Brennstäbe aus Reaktoren aufgearbeitet und das Plutonium daraus gewonnen, zum anderen wurde mithilfe von Kadir Khan und Pakistan (wahrscheinlich im Tausch gegen Raketentechnik) eine Anreicherung mit Zentrifugen aufgebaut, um (bombenfähiges) Uran 235 zu gewinnen.

Zwar ist es Nordkorea per UN-Resolutionen verboten, Raketen- oder Atomtechnik zu entwickeln. Allerdings ist dies in Anbetracht der nicht sanktionierten Verstöße anderer Staaten gegen den Atomwaffensperrvertrag (NVV) unglaubwürdig:

Artikel I

Jeder Kernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder sonstwie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen.

Verstöße dagegen: USA – Indien, China – Pakistan, Frankreich – Israel … übrigens auch Deutschland mit der faktischen Verfügungsgewalt über die Atomwaffen in Büchel!

Artikel II

Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.

Verstöße dagegen: USA – Indien, China – Pakistan, Frankreich – Israel …

Artikel VI

Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens(!!) in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung(!!) sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.

Verstöße dagegen: USA – Russland…

Artikel X

(1) Jede Vertragspartei ist in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch aussergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrags zusammenhängende Ereignisse eine Gefährdung der höchsten Interessen ihres Landes eingetreten ist. Sie teilt diesen Rücktritt allen anderen Vertragsparteien sowie dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen drei Monate im Voraus mit. Diese Mitteilung hat eine Darlegung der aussergewöhnlichen Ereignisse zu enthalten, durch die ihrer Ansicht nach eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist.

DAS hat Nordkorea als Unterzeichnerstaat (1985) am 9. Januar 2003 ordnungsgemäß gemacht.

  • Der gesamte Text des NVV findet sich hier.
  • Eine gute Zusammenfassung der Entwicklung in Nordkorea und des Umgangs mit dem NVV – auch seitens der USA gibt Uli Cremer hier
  • sowie die IPPNW-Seite Atomwaffena-z.

 

weitere Quellen:

https://www.spiegel.de/politik/ausland/obama-verurteilt-nordkoreas-atomtest-als-angriff-auf-weltfrieden-a-882762.html

https://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1417430

https://www.tagesschau.de/ausland/nordkorea630.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Nordkoreanisches_Kernwaffenprogramm

https://www.naturefund.de/erde/atlas_der_welt/aufstieg_asiens/atomwaffen_und_hungersnot_in_nordkorea.html