Verfasser: Karl Kneip (karlos.k@cityweb.de)
In Finnland ist die rechtliche Grundlage für die Behandlung und Endlagerung radioaktiver Abfälle ein Kernenergiegesetz von 1983 mit seiner Novellierung von 1994. In Finnland ist die Posiva Oy die für die Endlagerung radioaktiver Abfälle zuständige Organisation. Nach Festlegung regionaler Untersuchungsbereiche und der Durchführung von vorläufigen Untersuchungen an verschiedenen Standorten wurden vier Standorte detailliert untersucht. Die Untersuchungen fanden unter Einbeziehung von Umweltverträglichkeitsprüfungen im Zeitraum von 1993 bis 2000 statt. Mit Zustimmung der Standortgemeinde Eurajoki, mit der wirtschaftliche Kompensationen in Höhe von etwa elf Millionen Euro vereinbart wurden, wurde 2001 schließlich der Standort Olkiluoto ausgewählt. Das Endlager für abgebrannte Brennelemente soll in einer kristallinen Gesteinsformation (Granit) in einer Tiefe von etwa 400 bis 700 Metern errichtet werden. Mit dem Bau eines Untertagelabors, wurde 2004 begonnen, um die Eignung der Kristallingesteine als Wirtsgesteine für ein Endlager zu untersuchen und Endlagertechniken zu erproben, Bis spätestens 2016 soll die Baugenehmigung vorliegen. Die Inbetriebnahme des Endlagers soll 2020 erfolgen. Der Verschluss des Endlagers ist gemäß bestehender Planung bis 2120 vorhergesehen (100 Jahre Betrieb).
In Schweden Im Einklang mit dem schwedischen Kernenergiegesetz muss die für die Entsorgung radioaktiver Abfälle zuständige Institution Swedish Nuclear Fuel and Waste Management Company alle drei Jahre ein fortgeschriebenes Programm für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die Verpackung von abgebrannten Brennelementen und ihre geologische Endlagerung vorlegen. Im Zeitraum von 1993 bis 2001 wurden Machbarkeitsstudien für acht Standorte durchgeführt. Unter Verwendung der dabei erzielten Ergebnisse hat die SKB einen Vorschlag zur Auswahl von drei Standorten und für ein Endlagerkonzept vorgelegt. Ende 2001 stimmte die schwedische Regierung diesem Vorschlag zu. Von 2002 bis 2007 wurden die Standorte Forsmark und Oskarshamn auf ihre Eignung als Endlagerstandorte für hochradioaktive Abfälle untersucht. In beiden Fällen ist das potenzielle Wirtsgestein Granit. Nach Auswertung der Untersuchungsergebnisse fiel die Entscheidung 2009 auf den Standort Forsmark bei Östhammar.Im März 2011 wurden die Anträge für den Bau eines Endlagers für abgebrannte Kernbrennstoffe am Standort Forsmark und zur Errichtung einer Einkapselungsanlage im Landkreis Oskarshamm bei der für die Genehmigung zuständigen Behörde (SSM) und beim schwedischen Umweltgerichtshof eingereicht. Derzeit prüft die SSM den Genehmigungsantrag unter Einbezug internationaler Experten. Auch das BfS ist in dieser Expertengruppe vertreten.
Das Endlager soll in einer Tiefe von fast 500 Metern im Grundgestein angelegt werden.
Nach den Plänen der SKB ist die Inbetriebnahme des Endlagers etwa 2020 zu erwarten.Das Endlager wird einschließlich der Erweiterung ein Fassungsvermögen von cirka 200.000 Kubikmetern haben.
In Großbritannien hat die Regierung im Oktober 2006 beschlossen, der Empfehlung des Committee on Radioactive Waste Management (CoRWM) zu folgen, die das Komitee nach zweijähriger Beratung unter Beteiligung der Öffentlichkeit am 31. Juli 2006 veröffentlichte. Die britische Regierung hat daraus im Sommer 2007 einen Verfahrensvorschlag abgeleitet, der anschließend zur Konsultation öffentlich ausgelegt wurde. Dieser Bericht beinhaltet Empfehlungen für die Implementierung der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in geologischen Formationen.
Die wesentlichen Elemente der Empfehlung sind:
- Langfristige Entsorgung hochradioaktiver Abfälle in einem Endlager in tiefen geologischen Formationen,
- Entwicklung des Endlagerkonzeptes und der Standortfestlegung in einem schrittweisen Verfahren,
- Einrichtung einer starken und effizienten Antragstellerorganisation,
- Einrichtung einer starken unabhängigen Regulierungsbehörde,
- Unabhängige Prüfung des Antragstellers und Beratung der Regierung,
- Freiwillige Partnerschaft der Gemeinden bei der Standortauswahl und -untersuchung wie auch bei Planung, Errichtung, Betrieb und Verschluss eines Endlagers.
Mit der Nuclear Decommissioning Authority (NDA) wurde 2004 eine Behörde geschaffen, die sowohl für die Stilllegung von kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen als auch für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle verantwortlich ist. Als Genehmigungsbehörde fungiert seit 2011 das Office for Nuclear Regulation (ONR).
Die Festlegung eines Standortes für Errichtung und Betrieb eines Endlagers für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle erfolgt im Rahmen eines Auswahlverfahrens. In dem von der britischen Regierung im Juni 2008 veröffentlichten „White Paper“, das den Rahmen für die Errichtung eines Endlagers beschreibt, ist die Aufforderung an Gemeinden und Regionen festgelegt, ihr Interesse an einer Beteiligung im Standortauswahlverfahren zu bekunden. Derartige Interessensbekundungen müssen auf einer pluralistischen Diskussion in den Gemeinden bzw. Regionen beruhen.
Bisher haben zwei Gemeinden zusammen mit dem Rat der Grafschaft Cumbria ihr Interesse bekundet, in dem weiteren Verfahren ergebnisoffen mitzuwirken. Die britische Regierung versucht derzeit noch weitere Interessenten zu finden. Die standortspezifischen Eignungsuntersuchungen sollen durch einen umfangreichen Dialog zwischen den lokalen Behörden, der Öffentlichkeit und der das Verfahren leitenden NDA begleitet werden. Die NDA ist beauftragt worden zu untersuchen, wie das Endlagerprogramm beschleunigt werden kann und ob es möglich ist, innerhalb von 10 Jahren zur Inbetriebnahme eines Endlagers zu gelangen.
Schottland verfolgt einen Sonderweg. 2011 wurde bekannt gegeben, dass hochradioaktiver Abfall langfristig oberflächennah und möglichst dicht an den Standorten, wo dieser Abfall entsteht, gelagert werden soll. Der Betreiber muss aufzeigen, wie das Lager überwacht wird und wie eine Rückholung der Abfälle erfolgen kann.
In Frankreich ist die ANDRA (Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs) für die Entsorgung und insbesondere Endlagerung radioaktiver Abfälle zuständig.
In Frankreich werden für die Entsorgung hoch- und mittelradioaktiver langlebiger Abfälle die folgenden drei sich ergänzenden Entsorgungsoptionen untersucht bzw. verfolgt:
- Machbarkeitsstudie zur Abtrennung und Umwandlung langlebiger Radionuklide im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Kernkraftwerke bis zum Jahr 2012,
- Durchführung von Studien und Festlegung eines Endlagerstandortes mit Rückholoption, so dass die Errichtung des Endlagers im Jahr 2025 beauftragt werden kann,
- Schaffung neuer oberirdischer Lagerkapazitäten bis zum Jahr 2015.
Die Eignung von Tongestein für den Bau eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle wird in einem Untertagelabor nahe der Ortschaft Bure (Departement Meuse) von der ANDRA untersucht. Aufbauend auf den im Untertagelabor gewonnenen Ergebnissen, wird die Festlegung des Endlagerstandorts in einem gestuften Verfahren unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit erfolgen. In diesem Verfahren wurde zunächst eine 250 km2 große Standortregion identifiziert, die anschließend auf 30 km2 eingeengt wurde, um dort detaillierte Untersuchungen zur genauen Festlegung des Endlagerbergwerks durchzuführen. Das Verfahren soll 2013 im Rahmen einer öffentlichen Debatte abgeschlossen werden. Die Aufnahme des Betriebs eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle sieht der Gesetzgeber im Jahr 2025 vor.
In der Schweiz erarbeitet und realisiert die Nagra im Auftrag der Verursacher Lösungen für eine sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle. Aufsichtsbehörde des Bundes für die nukleare Sicherheit der schweizerischen Kernanlagen ist das ENSI.
Nach dem Kernenergiegesetz und der Kernenergieverordnung vom 1. Februar 2005 muss für die langfristig sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle in der Schweiz ein Sachplan (Instrument der Raumplanung in der Schweiz) zur Festlegung von Endlagerstandorten aufgestellt werden.
Das begonnene Standortauswahlverfahren verläuft in drei Etappen und wird insgesamt rund zehn Jahre dauern. Dann wird der Bundesrat über die Erteilung der Rahmenbewilligung für je einen Standort für schwach- und mittelradioaktive Abfälle und hochradioaktive Abfälle oder für einen Standort für alle Abfallkategorien entscheiden. Als Wirtsgestein für hochradioaktive Abfälle ist Opalinuston im Gespräch.
Ergänzung:
In der Europäischen Union betreiben 14 Staaten etwa 140 Kernkraftwerke – weltweit sind es mehr als 400. Kein einziges Land besitzt ein Endlager. Die EU-Staaten verpflichteten sich zu nationalen Programmvorschlägen bis 2015. Ein Überblick über bestehende Pläne:
Finnland praktiziert die Insellösung: Auf Olkiluoto entsteht das dritte Atomkraftwerk – dort soll auch das Endlager gebaut werden. Finnland ist das erste Land, das den Bau eines Endlagers beschlossen hat. Für schwach bis mittel radioaktiven Müll existiert schon ein Endlager. Ob sich das vorhandene Granitgestein auch für die Entsorgung abgebrannter Brennstäbe eignet, wird derzeit noch untersucht. Baubeginn soll 2015 sein.
Auch in Schweden ist die Standortfrage entschieden…. in der Nähe eines bereits bestehenden Atomkraftwerks und eingebettet in Granitgestein. Es soll nach 2022 in Betrieb genommen werden und für mindestens 100.000 Jahre nuklearen Müll aufnehmen. Allerdings gibt es dort beim bereits bestehenden Lager für schwach bis mittelradioaktive Abfälle schon nach 20 Betriebsjahren Probleme: Es wurde aufgrund eines undichten Behälters kontaminiert, und es dringt Wasser ein – täglich müssen mehrere Hundert Liter abgepumpt werden. Ein Audio zum Download :mp3 (Hinweis: Falls die Audiodatei beim Klicken nicht automatisch gespeichert wird, können Sie mit der rechten Maustaste klicken und „Ziel speichern unter …“ auswählen.)
Auch Frankreich ist in Sachen Endlagersuche bereits aktiv geworden. Derzeit wird die Einlagerung von abgebrannten Brennstäben im lothringischen Bure erforscht – einer dünn besiedelten Region am Rande der Champagne. Von 2025 an soll dann der hoch radioaktive Abfall 500 Meter tief in einer Lehmschicht eingelagert werden.
In Großbritannien wird hoch und niedrig strahlender Atommüll an mehreren Stellen vorübergehend überirdisch gelagert – vor allem in der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield. In Wales wurde ein altes Kernkraftwerk in ein Zwischenlager für mehr als 300 Müllbehälter umgebaut. Sie sollen dort bis 2096 bleiben. Endlagerstandort ??? Die Umsetzung kann frühestens 2050 erfolgen
Die Schweiz strebt ein Atomendlager in Tongestein an. 2008 benannte die zuständige Bundesbehörde sechs mögliche Regionen. Drei von ihnen kämen auch für die Lagerung von hoch radioaktivem Müll in Frage.
Mit mehr als 100 Kernkraftwerken verfügen die USA über das weltweit größte Atomprogramm. Seit 1978 wurde dort die Endlagerung im abgelegenen Yucca-Gebirge im Wüstenstaat Nevada geprüft. 2011 sollte eigentlich mit der Einlagerung begonnen werden. Doch das Bundesgericht rügte die Sicherheitsgarantie von 10.000 Jahren als zu kurz und forderte einen Nachweis für eine Million Jahre. Daraufhin stoppte US-Präsident Barack Obama das Projekt. Jetzt soll ein Ausschuss Alternativen prüfen.
In Russland stammen viele der Atommüll-Deponien aus den 1950er und 1960er Jahren. Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es zwar ein Programm zur Modernisierung dieser vorübergehenden Lagerstätten, doch die Sicherheits- und Umweltstandards erfüllen auch weiterhin nicht die aktuellen Anforderungen. Dennoch beschloss das russische Parlament 2001, auch Atommüll aus dem Ausland anzunehmen. Inzwischen prüft Moskau Standorte für den Bau eines modernen Endlagers.
China lagert abgebrannte Brennelemente bislang in regionalen Zwischenlagern. Für die Endlagerung von hoch radioaktivem Müll strebt das Land eine unterirdische Lösung an. In den 1980er Jahren fand eine erste Standortbewertung statt. Ein Standort in der Wüste Gobi scheint derzeit am wahrscheinlichsten. Das Gestein, in dem der Müll versenkt werden könnte, ist Granit.