Kategorien
Demonstration

Redebeitrag von Ruiko Muto bei Demonstration der 60.000 in Tokyo

Frau Ruiko MUTO ‘s Rede auf der Anti-Atom Demonstration mit 60.000 Teilnehmern

19. September 2011, Tokio, Japan , übersetzt von  Michi Kitazawa-Enge,

Hallo, ich komme aus Fukushima.

Ich kam zusammen mit Busladungen von Leuten aus Fukushima und Zufluchtsorten außerhalb Fukushima’s. Für viele ist es das erste Mal, dass sie an einer solchen Kundgebung oder Demonstration teilnehmen. Doch wir haben uns gegenseitig ermutigt, dass wir diejenigen sein müssen, die die Geschichte unserer bitteren Erfahrungen nach der Atomkatastrophe in Fukushima erzählen, dass wir unsere Stimme gegen die Atomkraft erheben müssen.

Doch zunächst möchte ich sagen:

Ich empfinde tiefen Respekt für jeden von euch, der in diesen anstrengenden Tagen nach dem 11. März alles versucht, um Menschenleben zu schützen. Ich möchte außerdem all jenen danken, die den Menschen aus Fukushima ihre Hände reichen und uns auf irgend eine Weise unterstützen. Vielen Dank! Und ich möchte die Kinder und die jungen Menschen um Entschuldigung bitten, denen wir die ungeheure Last dieser Katastrophe aufgebürdet haben. Als ein Mensch der Generation, die diese Realität hervorgebracht hat, bitte ich euch um Verzeihung.

Liebe Leute, Fukushima ist ein wunderschöner Ort. Im Osten ist Hamadori umarmt vom blauen Pazifik. Nakadori ist eine Früchte-Schatzkammer für Pfirsiche, Birnen, Äpfel. Die Aizu-Ebene, die den Inawashiro-See und  Berg  Bandai umschließt, strotzt vor goldenen, tief herabhängenden Reis-Ähren. Hinter der Aizu-Ebene erhebt sich hohes Gebirge. Die Berge sind grün, das Wasser ist klar – Das ist unsere Heimat.

Nach dem 11. März hat unsichtbare Strahlung diese Landschaft beregnet, und wir sind alle “Hibakusha” (Strahlenopfer) geworden. Im diesem großen Chaos haben wir viel erlebt:

Der Zwiespalt zwischen rasch ins Leben gerufenen “Sicherheits-Kampagnen“ und dem Misstrauen auf diese Kampagnen hat Menschen auseinander gerissen, die einst verbunden waren. Wie viele Menschen haben gelitten und geklagt, in ihrer Gemeinde, auf der Arbeit, in der Schule und zu Hause?! Ob wir wollten oder nicht, wir wurden jeden Tag dazu gezwungen, Entscheidungen zu treffen: Fliehen oder bleiben? Essen oder lieber nicht? Hängen wir unsere Wäsche draußen auf oder lieber drinnen? Lassen wir unser Kind eine Maske tragen oder nicht? Beackern wir unsere Felder oder nicht? Erheben wir unsere Stimmen oder halten wir den Mund? – Qualvolle Entscheidungen. Und was uns jetzt nach 6 Monaten klar ist:

  • Wahrheiten werden aufgedeckt
  • Der Staat schützt die Bevölkerung nicht
  • Die Katastrophe ist nicht zu Ende
  • Die Menschen in Fukushima werden als Versuchskaninchen eines nuklearen Experiments benutzt
  • Gewaltige Mengen radioaktiven Mülls werden übrig bleiben
  • Trotz riesiger Opfer herrscht der Einfluss der Befürworter der Atomenergie vor
  • Wir wurden sitzengelassen.

Wir seufzen tief vor Erschöpfung und gebrochenem Herzen. Trotzdem spricht es aus uns: “Verachtet uns doch nicht!”, “Nehmt uns nicht unser Leben!” Leise erheben sich die Menschen aus Fukushima aus Traurigkeit und Zorn:

  • Mütter, Väter und Großeltern, die ihre Kinder oder Enkelkinder schützen wollen,
  • Jugendliche, die ihre Zukunftsträume nicht aufgeben wollen,
  • Arbeiter, die jenen AKW-Arbeitern helfen wollen, die unter der hohen Strahlung versuchen, die Katastrophe einzudämmen,
  • Verzweifelte Bauern, die durch die Strahlung ihre Felder verloren haben,
  • Behinderte, die Diskriminierungen anderer verhindern wollen, die von radioaktiver Belastung betroffen sind,
  • und jeder Bürger

Alle ziehen den Staat und TEPCO zur Verantwortung und appellieren, “Atomkraft, Nein Danke!“. Wir sind die “Teufel“ des Nordostens, in denen still die Flammen des Zornes brennen.

Wir, die Menschen aus Fukushima, egal ob die Heimat verlassend oder in der Heimat bleibend, wollen Verbitterung, Verantwortung und Hoffnung miteinander teilen und uns weiterhin gegenseitig unterstützen. Bitte schließt euch uns an und achtet auf unsere verschiedenen Aktionen!: Verhandlungen mit Regierungen, Gerichtsverfahren um Evakuierungen, Umsiedlungen, Kuren, Dekontamination, Messungen, Veranstaltungen, um sich über Atomenergie und Strahlung zu informieren. Wir werden überall hingehen und über Fukushima sprechen. Eine von uns spricht heute in New York. Wir versuchen alles, was uns einfällt. Bitte helft uns! Vergesst bitte nicht Fukushima!

Lasst mich noch darüber etwas sagen, wie wir leben. Wir müssen uns die Welt auf der anderen Seite der Steckdose vorstellen, in die wir lässig unsere Netzstecker stecken. Wir müssen darüber nachdenken, dass unser Komfort und Wohlstand auf Diskriminierung und Opfern basieren. Dort gibt es die Atomkraftwerke. Die Menschheit ist bloß eine Gattung auf der Erde. Gibt es irgendeine andere Art, die ihre Artgenossen ihrer Zukunft beraubt? Ich möchte als ein anständiges Lebewesen leben, das mit der Erde, diesem wunderbaren Planeten, harmoniert. Sorgsam und nachhaltig mit Energie umgehend, möchte ich nach einem kreativen, innerlich befriedigenden, schöpferischen Leben streben, auch wenn so ein Leben unspektakulär erscheint. Eine klare Antwort darauf, wie wir eine neue Welt schaffen können, die das Gegenteil einer Welt mit Atomenergie sein wird, weiß keiner genau. Was wir tun können, ist, selber nachzudenken – nicht den Vorschriften anderer zu folgen – , die Wahrheit zu erkennen und zu entscheiden, was man tun kann und es dann tun. Vergesst nicht, dass jeder fähig dazu ist!

Jeder hat den Mut, sich zu ändern. Findet euer Selbstvertrauen zurück, das euch geraubt wurde. Verbündet euch mit anderen. Wenn die Befürworter der Atomenergie eine senkrechte Wand sind, wollen wir uns grenzenlos waagerecht ausbreiten. Dass wir uns verbünden können, das ist unsere Stärke.

Ergreift behutsam die Hand eures Nachbarn, der neben euch steht. Seht euch gegenseitig an und hört den Klagen des Anderen zu. Vergebt Ärger und Tränen. Verbreitet die Wärme eurer Hände über alle in ganz Japan, über alle in aller Welt!

Wie schwer unsere Bürde und wie steinig der Weg auch ist, wir wollen uns gegenseitig unterstützen, ohne uns vom Leiden des Anderen abzuwenden. Lasst uns auf diese Weise unser Leben gegenseitig erleichtern und zuversichtlich vorangehen!

Heute erhielten wir die Übersetzung des Redebeitrags einer Japanerin, Ruiko Muto, die bei einer der größten Anti-Atom-Demonstrationen in Japan, bereits am 19. September 2011 eine bewegende Rede hielt.

Ins Deutsche übersetzt wurde sie von Michi Kitazawa-Engel, einer sehr engagierten Lüneburger Anti-Atom-Aktivistin und ist auf  www.lagatom.de veröffentlicht.

 

Kategorien
Störfälle

Iod-131 in der Luft über Europa

Verschiedene Messstellen registrieren eine schwache Strahlung, von Iod-131 ausgehend.

In mehreren Teilen Europas sind in der Atmosphäre Spuren von Iod-131 festgestellt worden. Das meldet die Internationale Atomenergiebehörde IAEA. Zunächst über Tschechien, dann über den Nachbarländer Ungarn, Österreich und sind kleine Mengen radioaktiven Iods-131 in der Luft entdeckt worden. Da das Iod-131 eine Halbwertzeit von ca. 8 Tage hat, muss es in den letzten Wochen bzw. Monaten freigesetzt sein. Die Werte waren äußerst gering, sie lagen nahe an der Nachweisgrenze.

Die Chefin der tschechischen Atomsicherheitsbehörde, Dana Drabova teilte mit, ihre Mitarbeiter hätten radioaktives Jod 131 seit Ende Oktober an einer ganzen Reihe von Messstellen entdeckt.

Die Messinstrumente sind sehr empfindlich, da sie darauf ausgelegt sind weltweite Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag aufzuspüren und somit auf allerkleinste Mengen an frei gesetzter Radioaktivität reagieren. Ein größeren Unfall in einer kerntechnischen Anlage kann man daher ausschließen, da sonst zuvor die entsprechend höheren Konzentrationen messbar gewesen wären. Es sei dann, die Behörden der betroffenen („von der Wolke überquerten“) Staaten hätte entsprechende Erkenntnisse zurück gehalten oder nicht gemessen. DANN kann das Material auch aus einem bisher nicht bekannten Störfall (allerdings deutlich NACH dem 11.3.) z.B. in Fukushima stammen.

Unwahrscheinlich ist nach Auffassung des Verfassers (wie in Erklärungen mehrfach genannt) ein Störfall mit auch in der Medizin (z.B. Kontrastmittel) verwendeten Iod-131, dazu ist die Verbreitung zu weitflächig. Dagegen könnte ein kleinerer Störfall in einem südosteuropäischen AKW ist eine mögliche Ursache sein. Jod ist stark flüchtig und kann schnell über weite Strecken verbreitet werden, was die Bestimmung der Herkunft erschwert. In der Umgebung von Kernkraftwerken ist Jod-131 ein wichtiger Hinweis darauf, dass die betreffende Anlage ein Leck hat.

Ein Gesundheitsgefahr ist bei den derzeit in Deutschland nachgewiesenen Mengen auszuschließen.

(Ergänzung am 9.12.2011) Im Nachherein
wird gemeldet:
Nachrichten über festgestellte Jod-131-Messungen
in vielen Ländern Europas schockierten im Novem-
ber die Öffentlichkeit mehrere Tage lang.
Schließlich gab die IAEO bekannt, dass die Quelle
des entdeckten Jod-131 in Europa wahrscheinlich 
aus dem "Institute of Isotopes Ltd.", Budapest, 
welches Radioisotope produziert, stammt.
Laut Ungarischer Atomenergiebehörde fand die
Freisetzung vom 8. September bis zum 16. November
2011 statt. Der Grund für die Freisetzung wird
noch untersucht.
(Quelle: ger-nukenews Nachrichtensammlung,
Band 3, Eintrag 1)

Quelle:

https://www.sueddeutsche.de/V5I38B/310324/Jod-131-schwebt-in-der-Luft.html

https://www.sueddeutsche.de/wissen/jod-messungen-radioaktive-strahlung-ueber-europa-1.1187120

weiteres: https://ex-skf.blogspot.com/2011/11/radioactive-iodine-detected-in-wide.html

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Unkontrollierte Kernspaltung in Fukushima

In Reaktor 2 in Fukushima, möglicherweise auch in 1 und 3, laufen unkontrollierte Kernspaltungsprozesse ab. Hinweise darauf geben die Nachweise von neu entstandenem Xenongas (s.u.), das aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit NICHT mit den alten Kernschmelzen im März zu erklären ist.

Japanische Experten äußerten die Befürchtung, dass in den Kernschmelzmassen auf den Böden der Reaktordruckgefäße der beschädigten Blöcke unkontrollierte Kernspaltungen ablaufen könnten. (Anm. der Red.: der Konjunktiv ist verzichtbar!)

Lassen sich in einem funktionierenden Reaktor die Brennstäbe nicht vollständig in den Kern einfahren oder werden sie beschädigt, kann sich die Kettenreaktion in kleinen Bereichen des Reaktors fortsetzen. Für das im Block 2 jetzt nachgewiesene Xenon vermutet Tetsuo Ito, Leiter des Atomenergie-Forschungsinstituts der japanischen Kinki-Universität, jedoch einen anderen Entstehungsmechanismus. „Die Kettenreaktion kann sich in geschmolzenem Reaktorbrennstoff fortgesetzt haben, oder sie begann darin erneut“, sagt er. „Dann hätten wir in dem Meiler eine so genannte Rekritikalität.“ Die in Fukushima gemessenen Gase haben eine kurze Halbwertzeit, so dass eine mögliche Kernspaltung erst kürzlich erfolgt sein müsste. Sollte es eine Kernspaltung gegeben haben, sei diese aber „extrem schwach“ gewesen, betonte der Tepco-Sprecher. Generell befinde sich der Reaktor „in einem stabilen Zustand“. Laut Tepco haben sich Temperatur und Druck nicht erhöht, auch sei die Radioaktivität weder im Reaktor selbst noch in der Umgebung angestiegen.

TEPCO erklärt, man habe vorsorglich Borsäure in den Reaktor 2 der Anlage eingeleitet, um eine mögliche Kettenreaktion zu verhindern. Borsäure fängt überschüssige Neutronen ein und verhindert im Idealfall somit eine unkontrollierte Kettenreaktion.

Hintergrund Xenon:

Gase Xenon 133 und Xenon 135
Gas      Halbwertszeit
 133Xe     5,253 d
 135Xe     9,14 h
Xenonisotope entstehen bei der Kernspaltung in Kernkraftwerken. Besonders wichtig ist hierbei das kurzlebige 135Xe, das in größeren Mengen direkt als Spaltprodukt oder aus dem bei der Spaltung entstehenden 135Te über 135I gebildet wird. 135Xe besitzt einen sehr großen Einfangquerschnitt für thermische Neutronen, d.h. es nimmt die zur Kernspaltung erforderlichen Neutronen aus dem Prozess. Dieser Neutronen-Einfangprozess vermindert die Leistung des Reaktors. Während des laufenden Betriebes eines Kernkraftwerkes bildet sich ein Gleichgewicht von Bildung und Zerfall von 135Xe, wird der Reaktor dagegen abgeschaltet, bildet sich aus den schon vorhandenen Spaltprodukten weiterhin 135Xe, während der Abbau durch die fehlenden Neutronen verlangsamt abläuft. Man spricht hierbei von einer Xenonvergiftung, diese verhindert auch das direkte Wiederanfahren eines abgeschalteten Kernreaktors. Dies spielte eine Rolle beim Entstehen der Katastrophe von Tschernobyl.

https://www.sueddeutsche.de/panorama/atomkatastrophe-in-japan-neue-kernspaltung-in-fukushima-befuerchtet-1.1178437

https://www.stern.de/panorama/fukushima-reaktor-tepco-befuerchtet-erneute-kernspaltung-1746211.html

https://www.morgenpost.de/web-wissen/article1814049/Unkontrollierte-Kernspaltung-in-Fukushima.html

https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,795348,00.html

Kategorien
Hintergründe

blind – Japanischer Kurzfilm

ein japanischer Kurzfilm aus einer vielleicht nicht allzu fernen Zukunft: ACHTUNG, Warnung, nach meiner persönlichen Einschätzung nichts für schwache Nerven!

ist

hier zu finden

Kategorien
Hintergründe Termine

»Ashes to Honey« Anti-Atomkraft

 

 

 

 

Datum
Di, 08. Nov.

Ort
Mainz, CineMayence

Zeit
20:30 Uhr

Veranstalter
attac Mainz, CineMayence und die Heinrich Böll Stiftung Rheinland-Pfalz

Text
Seit 1982 kämpfen die 500 Bewohner eines Dorfes auf der kleinen Insel Iwaishima in der Präfektur Yamaguchi gegen den Bau des Kaminoseki-Kernkraftwerks.

MEHR: hier

Kategorien
Unterschriftskampagnen gegen Atomenergie

Unterschriftenaktion Japan

Stärkt Japans Anti-AKW-Bewegung

Vor einem halben Jahr kam es im Atomkraftwerk Fukushima zur Kernschmelze in mehreren Reaktorblöcken. Die Anlagen hatten einem Tsunami nicht standgehalten. Welche Auswirkungen die Katastrophe auf Mensch und Umwelt haben wird, ist noch weitgehend unbekannt. Japans Atomkraft-Gegner wollen nun mit Nachdruck den Atomausstieg erwirken. Unterstützt die japanische Anti-AKW-Bewegung und unterschreibt die Petition

https://sayonara-nukes.org/english/

Kategorien
Störfälle

Update 11.08.2011, 01:00 (und zurückliegende Tage ….)

Evakuierungszone 30 km um Fukushima soll aufgehoben werden

+ 07.08.2011 + GLOBAL 2000 warnt: Aus wirtschaftlichen Überlegungen werden Strahlungsrisiken verharmlost und Kinder zu Versuchskaninchen.

Vor fast genau fünf Monaten kam es im japanischen Atomkraftwerk Fukushima nach einem zerstörerischen Tsunami zu drei Kernschmelzen, es traten massive Mengen an radioaktiven Stoffen in die Umgebung aus. Letzte Woche veröffentlichte der Betreiber TEPCO Dosiswerte von 10 000 mSv pro Stunde zwischen Reaktor 1 und 2, was der Jahresdosis für einen Menschen in Westeuropa pro Sekunde entspricht

Die Bevölkerung im Umkreis von 20 km um die Atom-Wracks wurde evakuiert, die Bevölkerung im 30-km-Radius gewarnt, sich auf eine Evakuierung vorzubereiten, insbesondere Schwangere und Kleinkinder sollten sich in geschlossenen Räumen aufhalten – seit fünf Monaten.

Nun will die japanische Regierung die Evakuierungsvorgabe per Ende August aufheben: „Die betroffene Zone soll als bewohnbar erklärt werden. Diese Ankündigung kommt nur drei Tage nach Veröffentlichung der gemessenen Rekordwerte. Hier stehen eindeutig wirtschaftliche Interessen über dem öffentlichen Auftrag des Schutzes von Menschenleben“, zeigt sich Dr. Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000, entsetzt: „Besonders die Kinder der Gegend macht dies zu Versuchskaninchen – und alles nur, weil TEPCO schlicht kein Geld für Entschädigungszahlungen hat.“

In der Ortschaft Namie 24 km entfernt von den Atom-Wracks liegen die Strahlenwerte bei 30 Mikrosievert pro Stunde – nach 3,5 Stunden entspricht dies in etwa einem Lungenröntgen für alle Personen, die sich in der Stadt aufhalten, oder 7 Lungenröntgen pro Tag. Dennoch wurde die Stadt erst verspätet evakuiert.

„Bei medizinischen Röntgen werden alle Schutzmaßnahmen getroffen, um die Strahlenbelastung für den Körper möglichst gering zu halten . Bei Verstrahlung ganzer Landstriche geht es plötzlich viel pragmatischer zu“, betont Uhrig. Obendrein kam es nicht nur innerhalb von 30 km rund um das Atomkraftwerk zu massiven Verstrahlungen: In Iitate 34 km entfernt von den Fukushima-Reaktoren liegt der Wert z. B. noch bei 12 Mikrosievert – alle acht Stunden ein Lungenröntgen oder drei pro Tag.

 

45 Prozent der Kinder mit radioaktivem Jod belastet

Es gibt erschreckende Parallelen zu Tschernobyl, auch dort wurde die Bevölkerung unnötig kontaminiert. Die Grenzwerte für die Gabe von Jodtabletten in Japan wurden auf 100 mSv Strahlendosis angesetzt (die WHO empfiehlt 50 mSv für Erwachsene, 10 mSv für Kinder) – nur die Evakuierten in der 20 km-Zone haben Jodtabletten erhalten, eine Jod-Gabe in einem viel größeren Radius von mindestens 150 km wäre jedoch nötig gewesen: 45 Prozent von über 1000 untersuchten Kindern außerhalb des Fukushima-Sperrgebiets haben laut einer im Juli veröffentlichten Studie radioaktives Jod in der Schilddrüse eingelagert, ein einjähriges Kind eine so hohe Dosis, dass es allein von dieser Jod-Dosis auf eine Jahresdosis von 50 mSv kommt – mehr als die doppelte Dosis eines deutschen AKW-Arbeiters.

Die japanische Regierung hat – auch aufgrund des massiven Drucks von NGOs wie der GLOBAL 2000-Partnerorganisation Friends of the Earth Japan – angekündigt, den Grenzwert für Kinder durch Strahlenbelastung aus dem Boden von jährlich 20 mSv per Ende August senken zu wollen.

„Die nun geplante Aufhebung der Evakuierungszone bewirkt jedoch das Gegenteil“, zeigt sich Uhrig alarmiert. Im Laufe der Explosionen wurden nicht nur kurzlebige Radionuklide wie Jod in die Umgebung ausgeworfen, sondern neben Plutonium und Strontium auch große Mengen Cäsium mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren – die betroffenen Landstriche wären erst nach 300 Jahren wieder bewohnbar.

„Das ist vergleichbar mit dem historischen Zeitraum seit der Geburt von Maria Theresia – wenn bei ihrer Geburt am 13. Mai 1717 ein AKW explodiert wäre, wäre die Gegend erst heute wieder bewohnbar. Wieder zeigt sich, wie unverantwortlich der Weiterbetrieb von AKWs ist. Fukushima zeigt: Hochrisikoreaktoren jetzt abschalten, alle anderen so schnell wie möglich.“

Quelle:

GLOBAL 2000 2011

https://www.sonnenseite.com/Aktuelle+News,Evakuierungszone+30+km+um+Fukushima+soll+aufgehoben+werden,6,a19880.html

———————————————————–

Auch US-Atomreaktoren sind gefährlich

+ 01.08.2011 + Es ist Zeit zu handeln und die Sicherheitsstandards nicht aufzuweichen.

Demnächst wird die „US-Nuclear Regulatory Commission“ die Endergebnisse ihrer 90-tägigen Sicherheitsüberprüfung bekannt geben- das Ergebnis scheint schon jetzt klar: alles im sicheren Bereich. Kritische Informationen, die diese Behauptungen als Mythos enttarnen könnten, werden weglassen, so US-amerikanische Atomgegner.

Extreme Wetterbedingungen werden durch den Klimawandel häufiger, auch das beeinflusst die Sicherheit von Atomreaktoren. Hochwasser hat beispielsweise die Energieversorgung des AKW Fort Calhoun in Nebraska unterbrochen.

Am 27.6. brach die Staumauer, die das Wasser davon abhalten sollte, das Reaktorgelände zu erreichen. Das AKW läuft derzeit angeblich mit Strom aus den Notstromgeneratoren, um das Kühlsystem weiterhin aufrecht zu erhalten. Aber Hochwasser allein ist es nicht.

Extreme Hitze und Dürre erzwingen auch ein Abstellen von Reaktoren. AKWs brauchen mehr Wasser, als jede andere Energieform. In den vergangenen Sommern machten Hitzewellen im Südosten der USA durch den Wassermangel ein Herunterfahren von AKWs in Tennessee und Florida notwendig

Bei den derzeitigen Überprüfungen werden Wetterereignisse oder einer Naturkatastrophen, die zu einem Stromausfall und zu einem Versagen der Notstromgeneratoren führen könnten, nicht berücksichtigt.

Die Generatoren werden über ihre ursprünglich geplante Kapazität hinaus beansprucht, ein damit resultierender Qualitätsverlust unterminiert ihre Sicherheit. Die US-AKW wurden für 40 Jahre geplant und genehmigt.

Aber 66 der 104 laufenden Atomreaktoren bekamen eine Betriebsverlängerung und können nun 20 Jahre länger am Netz bleiben. Die NRC-Behörde hat bisher eine Verlängerung der Genehmigungen nie abgelehnt – nicht einmal für die Anlage Vermont Yankee, wo es Probleme gab, wie beispielsweise eine Verseuchung von Grundwasser durch ausfließendes Tritium.

Der Senat des Bundesstaates hat gegen eine Verlängerung der Betriebslizenz gestimmt. Korrosion in den unterirdischen verlegten Rohrleitungen sind für Lecks verantwortlich, von denen radioaktivem Tritium auslaufen kann. Nicht nur in Vermont Yankee. Wird hier die Illusion aufrecht erhalten, dass die älter werdenden Anlagen immer sicher und problemlos laufen?

„Associated Press“ berichtet von einer Untersuchung die ergeben hat, dass NCR-Beamte immer wieder, und zwar auf Drängen der Industrie – entschieden haben, dass die ursprünglichen Regulatorien zu streng seien. Es wird argumentiert, dass die Sicherheitsgrenzwerte deswegen aufgeweicht werden sollten.

Es können und müssen sofort Schritte gemacht werden, um die Überprüfung der US-Atomreaktoren nicht vollkommen zu verharmlosen. „Die Zeit scheint reif, um sich von der Atomkraft zu verabschieden, hin zu den erneuerbaren, sichereren und effizienteren Energieformen, hin zu Sonne, Wind, Wasser, Biomasse.“ meinte einer unserer US-Ansprechpartner.

Quelle:

oekonews.at | holler 2011

https://www.sonnenseite.com/Aktuelle+News,Auch+US-Atomreaktoren+sind+gefaehrlich,6,a19823.html

——————————————————

Greenpeace deckt massive Mängel bei AKW-Neubauten auf

+ 27.07.2011 + Bau der finnischen und französischen Atommeiler neuerlich um Jahre verzögert.

Wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace aufzeigt, gibt es bei den derzeit in Finnland im Bau befindliche Atommeiler (EPR-Reaktor) massive Mängel und neuerliche Verzögerungen. Greenpeace konnte zahlreiche Unzulänglichkeiten feststellen, sowohl im Design als auch bei der Konstruktion des EPR-Reaktors.

Diese Informationen basieren auf Dokumenten der finnischen Atom-Aufsichtsbehörde (STUK).  Areva musste eingestehen, dass sich die Gesamtkosten von ursprünglich drei Milliarden Euro nahezu verdoppelt haben. Wie bekannt wurde, ist auch der zweite im Bau befindliche EPR–Reaktor im französischen Flamanville von ähnlichen Problemen betroffen.

„Diese so genannte ‚dritte Generation‘ von Kernreaktoren erweist sich als kompletter Fehlschlag.  Mit endlosen Verzögerungen um mehrere Jahre und Milliarden von Zusatzkosten werden die  Staaten, die in ihrer Energiepolitik weiterhin auf diese Technologie setzen, Schiffbruch erleiden.  Der EPR-Reaktor verkommt zu einem Fass ohne Boden“, erklärt Niklas Schinerl von Greenpeace. Hauptursachen dafür: Ein kompliziertes, unvollendetes Reaktordesign und Verträge mit Zulieferfirmen, die nicht zögern, den billigsten und einfachsten Weg zu gehen.

Die aktuellen Jahres-und Quartalsberichte der  finnischen Atom-Aufsichtsbehörde (STUK) zeichnen ein düsteres Bild und offenbaren eine lange Liste von alarmierenden Problemen beim Bau des EPR. Neue, ungelöste Design-Fragen, vor allem bei der computergestützten Steuerung des Reaktors, fehlende Unfall-und Risikoanalysen sowie erhebliche Mängel in der Bauqualität. Betroffene Systeme sind Backup-Diesel, Notkühlsysteme, elektrische Verkabelung, Becken für radioaktives Material, der die Kernbrennstäbe transportierende Kran und Trägerstrukturen des Reaktorgebäudes.

Greenpeace ruft die  sowohl die finnische als auch die französische Regierung dazu auf, die gescheiterten EPR-Reaktorprojekte endlich abzubrechen und auf nachhaltige und erneuerbare Energiequellen zu setzen. „Die EPR Atomreaktoren verkommen zu einem Milliardengrab. Es ist an der Zeit die Handbremse zu ziehen“, schließt Schinerl.

Quelle:

Greenpeace Austria 2011

https://www.sonnenseite.com/Aktuelle+News,Greenpeace+deckt+massive+Maengel+bei+AKW-Neubauten+auf,6,a19765.html

 

Kategorien
Hintergründe Störfälle

„Kernschmelze schon durch Erdbeben“

Mycle Schneider, Berater für Energie- und Atompolitik, über den dreifachen Super-GAU in Fukushima, die Hilflosigkeit der Experten und die Legende vom bösen Tsunami. Interview: Armin Simon

Herr Schneider, die Katastrophe von Fukushima zieht sich seit mehr als vier Monaten hin. Ist ein Ende abzusehen?

Mycle Schneider: „Ende“ würde ja zunächst einmal heißen, dass sich die Situation stabilisiert, dass also keine Radioaktivität mehr abgegeben wird. Schon das ist nicht abzusehen.

 

Was ist in Fukushima tatsächlich passiert?

Sicher scheint nun, dass in drei der sechs Reaktoren des AKW Fukushima-Daiichi die Reaktorkerne zum großen Teil geschmolzen sind. Dass auch abgebrannte Brennelemente in den Abklingbecken beschädigt wurden. Und dass drei zum Teil undichte Becken mit ihrem hochradioaktiven Inhalt seit den Explosionen der Reaktorgebäude unter freiem Himmel liegen. Der Betreiber, TEPCO, räumt inzwischen ein, dass die drei Reaktorkerne sogar komplett geschmolzen und Druckbehälter durchbrochen sein könnten. Ob das alles wirklich so ist, wird sich erst herausstellen, wenn Kameras auch innerhalb der Druckbehälter eine Bestandsaufnahme machen können. Das kann noch Jahre dauern.

Was zeigen die Bilder der Roboter?

Dass dort große Schäden entstanden sind, die ganz offensichtlich auf das Erdbeben zurückzuführen sind. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

 

Warum?

Die Atomindustrie hat sich sofort nach dem 11. März öffentlich hingestellt und behauptet, es habe sich wieder einmal gezeigt, dass die Atomkraftwerke hervorragend funktionierten, denn sie hätten sich aufgrund der Erdstöße selbst schnellabgeschaltet. Und weil es nun mal mitten in Europa und in den meisten anderen Gegenden keine Tsunamis gebe, könne man die Situation in Fukushima hierher nicht übertragen. Das war eine ganz klare Propagandaposition der Reaktorbetreiber, und zwar weltweit.

 

Und die ist jetzt nicht mehr haltbar?

Sie war es noch nie. Seit es die Aufnahmen aus dem Innern der Reaktorgebäude gibt, ist sie es erst recht nicht mehr. Diese Schäden können kaum durch Tsunamis oder Wasserstoffexplosionen in den oberen Stockwerken entstanden sein.

 

Hat die Propaganda denn gefruchtet?

Selbst die Reaktorsicherheitskommission ist bei ihrer Sicherheitsüberprüfung der deutschen AKW davon ausgegangen, dass die Schäden in Fukushima durch den Tsunami verursacht wurden. Und sie hat auf dieser Annahme dann ihre Aussagen zu den deutschen AKW gemacht.

Bundeskanzlerin Merkel – Physikerin und Ex-Ministerin für Reaktorsicherheit! – hat gesagt, erst durch die Bilder aus Fukushima sei ihr klar geworden, dass das sogenannte Restrisiko doch ein reales Risiko ist. War Fukushima so unvorstellbar?

Nein. Es gab durchaus Leute, die solche Szenarien erwogen haben. Auch die Japaner sind ja keineswegs blind in die Katastrophe gerannt. Es gibt dort seit Jahren eine Auseinandersetzung um die Erdbebengefährdung von AKW. TEPCO selbst musste 2007 nach einem Beben alle sieben Reaktoren des AKW Kashiwazaki-Kariwa vom Netz nehmen. Bis heute sind nur vier wieder in Betrieb. Und der AKW-Betreiber Chubu legte die ältesten beiden Reaktoren des AKW Hamaoka 2009 endgültig still, weil eine Nachrüstung zu teuer geworden wäre.

Waren einfach die Schutzmaßnahmen nicht ausreichend? Oder kann man AKW nicht wirklich gegen solche Einwirkungen schützen?

Schutzmaßnahmen, die über einen gewissen Grad hinausgehen, sind irgendwann nicht mehr zu finanzieren.

 

Japan ist ein technisch hoch entwickeltes Land, das seit Jahrzehnten auf Atomkraft setzt und zuletzt offiziell 54 Reaktoren in Betrieb hatte. War es gut vorbereitet auf eine solche Katastrophe?

Überhaupt nicht. Das Vertrauen in die Technologie war so groß, dass man sich einfach nicht vorstellen konnte, dass etwas versagt. Und dass die Techniker auf der ganzen Linie versagen. Die besten Erdbeben-Spezialisten sitzen in Japan – die haben alle versagt. Die Leute, die technische Anlagen für Erdbeben auslegen, haben versagt. Die Katastrophenschutz-Planer haben versagt. Und die Leute, die mit dem Unfall dann umgehen sollten, auch.

Woran machen Sie das Versagen nach dem Unfall fest?

Zum Beispiel hat die Einspeisung von Meerwasser in die Reaktorkerne viel zu spät begonnen – man hoffte anfangs noch, die Anlagen retten zu können; Salzwasser macht sie unbrauchbar. Dann dauerte sie viel zu lange an, so dass sich dicke Salzkrusten bildeten, die die Kühlung behindern. Ein anderes Beispiel: TEPCO verkündete Ende Mai, nun alle Arbeiter einzeln mit Dosimetern auszustatten. Das heißt ja im Umkehrschluss, dass das davor nicht der Fall war. Unter Strahlenschutzgesichtspunkten ist das Wahnsinn. Und die japanische Regierung hat nach dem Unfall einfach die Grenzwerte hochgesetzt – nicht nur für Arbeiter, sondern auch für Kinder, im letzteren Fall gar um das Zwanzigfache.

Es fehlte die Wolke.

Das zeigt die Begrenzung des menschlichen Gehirns: Man erwartet die Katastrophe immer nur so, wie sie das letzte Mal passiert ist. Im Übrigen gab es auch in Fukushima Detonationen, es gab mehrere Wasserstoffexplosionen. Und in Block 3 war es vielleicht sogar eine atomare Verpuffung: Die Ausbreitung der Druckwelle schien überhaupt nicht typisch für eine Wasserstoffexplosion. Die Strahlenmesswerte schnellten nach jeder Explosion in die Höhe. Es gab also schon so etwas wie radioaktive Wolken. Nur war der Kamineffekt in Fukushima erheblich geringer als das in Tschernobyl der Fall war.

 

Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Eine gute Nachricht für die umliegenden Länder, aber eine schlechte für die Japaner.

 

Warum?

Weil die Radioaktivität – Modellrechnungen gehen von 20 bis 50 Prozent von Tschernobyl aus – auf einer viel kleineren Fläche mit einer viel höheren Bevölkerungsdichte runterkommt. Die Strahlenwerte um Fukushima gehen zum Teil auch weit über die um Tschernobyl hinaus. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt werden daher insgesamt vermutlich schlimmer sein.

Interview: Armin Simon
Kategorien
Hintergründe Störfälle

Atomkatastrophe in Fukushima eskaliert

Aktuell werden horrende neue Strahlungswerte aus den Ruinen in Fukushima gemeldet!

Kommentar/Einschätzung: Ursache des Rekordwertes ist mit einiger Sicherheit das endgültige Bersten oder Durchschmelzen eines oder mehrerer Reaktordruckbehälter. Ursache dafür könnte das schwere Nachbeben vom Wochenende gewesen sein. Die Auswirkungen auf die Umgebung durch die extrem gestiegene (und somit freigesetzte und in die Umgebung gelangte) Radioaktivität ist völlig uneinschätzbar. Dabei ist die zweite Quelle (Lüftungsschacht) als weitaus gefährlicher einzustufen als der „Boden eines Abzugsrohrs“. Betroffen ist entweder Block 1 oder 2! Die Heute-Sendung meldet am 2.8. um 19:00 Uhr, die „10 Sv pro Stunde“ sei ohnehin „der höchste Wert, den die Messgeräte erfassen könnten!“ D.h. die wirklichen Werte liegen möglicherweise noch weit darüber!

 

Süddeutsche Zeitung, 01.08.2011, 17:00,

Fukushima: Rekord-Strahlenwerte

Jede Sekunde eine Jahresdosis

Auf dem Gelände des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima ist nach Angaben des Betreibers die höchste radioaktive Strahlung seit der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vom 11. März gemessen worden. Mit mehr als zehn Sievert ist sie um ein Vielfaches höher als der bisherige Rekordwert.

Am japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 hat der Betreiber Tepco die höchste Radioaktivität seit der Reaktor-Havarie im März gemessen. Mehr als zehn Sievert pro Stunde betrug demnach die Strahlung am Boden eines Abzugsrohrs zwischen den Reaktoren 1 und 2, wie die Agentur Jiji Press meldete.

In Fukushima war der bisherige Rekordwert am 3. Juni im Inneren des zerstörten Reaktors 1 gemessen worden. Er betrug damals zwischen drei und vier Sievert pro Stunde. Die Ursache für den deutlichen Anstieg der Strahlung werde derzeit geprüft, teilte ein Sprecher des Betreibers Tepco mit.

Der vollständige SZ-Bericht:

https://www.sueddeutsche.de/wissen/fukushima-rekord-strahlenwerte-jede-sekunde-eine-jahresdosis-1.1126909

 

 

Berliner Morgenpost, 2. August 2011, 12:09:

Tepco misst Rekordstrahlung in Fukushima

An dem japanischen Katastrophen-Reaktor Fukushima sind an einer weiteren Stelle tödliche Strahlenwerte entdeckt worden. Der AKW-Betreiber Tokyo Electric Power (Tepco) teilte am Dienstag mit, auch in einem Lüftungsschacht seien mehr als zehn Sievert gemessen worden.

Bereits am Vortag waren am Boden des Schachts ähnlich hohe Werte festgestellt worden. Ab einer Strahlung von zehn Sievert pro Stunde erleiden Menschen in der Regel nach wenigen Sekunden schwere gesundheitliche Schäden, die zum Tod führen können. Die tatsächlichen Werte könnten sogar noch deutlich höher liegen, weil die von Tepco eingesetzten Messgeräte nur eine Strahlung von bis zu zehn Sievert darstellen können.

https://www.morgenpost.de/politik/ausland/article1720031/Tepco-misst-Rekordstrahlung-in-Fukushima.html

 

Die GRS bzw. JAIF verschlafen die dramatische Entwicklung offenbar „selig“: https://fukushima.grs.de/sites/default/files/Status_KKW_Fukushima_Daiichi_01_08_2011_0500.pdf

Dort ist – abgerufen am 02.08.2011 um 13:50 Uhr – noch zu lesen:

Status auf der
Anlage 01.08.2011
 um 09:00 Fukushima-Dai-ichi: Uhr (Ortszeit)
Strahlungswerte:
321 1 µSv/h an der Südseite des
Verwaltungsgebäudes,
31 µSv/h am Haupttor und
13 3 µSv/h am Westtor
01.08.2011 um 09:00 Uhr (Ortszeit)

 

Hintergrundwissen:

Menschen, die dieser Strahlung auch nur Sekunden ausgesetzt wäre, würden innerhalb weniger Stunde unter extremsten Bedingungen sterben. Strahlendosen von 4 bis 7 Sv werden als tödlich angesehen, wobei innerhalb kurzer Zeit aufgenommene Strahlungsmengen noch gefährlicher sind, als wenn diese über einen längeren Zeitraum aufgenommen werden.

 

weitere Quellen:

https://www.focus.de/panorama/welt/tsunami-in-japan/japan-strahlenwerte-in-fukushima-auf-rekordwert_aid_651304.html

https://www.taz.de/Hoechste-Radioaktivitaet-seit-Erdbeben/!75513/

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Update 27.07.2011, 01:00 (und zurückliegende Tage ….)

Heute:

  1. Atomfirmen vor Finanz-Super-GAU
  2. Japan: Fukushima und die Atomlobby Schmieren, lügen, tricksen
  3. Verstrahlte Dörfer
  4. Lecks, Brände, Überflutungen: Atomunfälle seit Fukushima
  5. Riesige Uranvorkommen in Indien entdeckt
  6. Atommüll-Ausfuhr in Drittstaaten Brisante Exportware
  7. Osteuropäer setzten auf Atomkraft
  8. … gelöscht
  9. Aus für Japans Schnellen Brüter
  10. Neuer Tschernobyl-Sarkophag kann gebaut werden
  11. Millionen-Zuschuss soll Schäden aus Wismut-Frühzeit beseitigen
  12. AKW-Leiharbeiter – Die Strahlennomaden
  13. GB plant acht neue AKWs
  14. Auch Franzosen wollen keine Atomkraft mehr
  15. Leck im Kühlsystem – Stellungnahme von Dr. Thilo Scholz

 

 

(Wiener Zeitung,  Peter Muzik, 26.07.2011)

Nach der Jahrhundert-Katastrophe in Fukushima steuert die gesamte Branche in eine ungewisse Zukunft

Atomfirmen vor Finanz-Super-GAU

… Das verheerende Erdbeben samt Tsunami in Japan hat den Energiegiganten Tepco massiv erschüttert: Die Tokyo Electric Power Corp., die das Unglück in Fukushima noch immer nicht im Griff hat, schlitterte in das erwartete Finanz-Debakel. Kürzlich musste sie einen Rekordverlust von umgerechnet 8,6 Milliarden Euro eingestehen. Die Entschädigungszahlungen für die radioaktiven Emissionen werden auf bis zu 90 Milliarden Euro geschätzt.

vollständig auf: https://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wzglobalisierung/konjunktur/45070_Atomfirmen-vor-Finanz-Super-GAU.html

 

Kommentar: 90 Milliarden € Schaden nach dem Dreifach-Super-GAU in Japan? Waren die 4.000 Milliarden € von Greenpeace und aus der Schweiz nur Horror-Szenarien? Oder Fukushima doch nicht so schlimm wie getan wird?

NEIN! Die Erklärung ist einfach:

1. setzte die japanische Regierung die Grenzwerte in einer unverantwortbaren Art hoch. Erinnert sei an die 20 mSv/a für Kinder, dem Grenzwert für AKW-Arbeitnehmer in Deutschland. Dieser Grenzwert ist Körpergewicht-abhängig, die Kinder in der Wachstumsphase sind extrem höher gefährdet.

2.  weigert sich zudem die Regierung, die Evakuierungen in dem Maß durchzuführen, wie dies selbst US-Wissenschaftler vorschlagen (s.u.: „Verstrahlte Dörfer“). Vielmehr wird „empfohlen“, Häuser und Wohnungen zu verlassen, was den Vorteil hat, dass die Menschen, die diesen „Empfehlungen“ folgen, dies auf eigne Kosten OHNE Entschädigungen machen.

3. sind die zu zahlenden Entschädigungen so lachhaft gering, dass allein hier die Zahlenverhältnisse offenkundig werden. In einem Land, in einer Region, in der Mieten und Grundstücks-/Haus-Preise durchaus mitteleuropäischen Verhältnissen entsprechen, gab es gerade mal 8.500,- € Entschädigung PRO Haushalt! (mittlerweile wurde um weitere ca. 2.500,- € aufgestockt)

(SZ 26.07.2011, 15:35, Christoph Neidhart)

Japan: Fukushima und die Atomlobby Schmieren, lügen, tricksen

… Von der Tageszeitung Mainichi Shimbun, die ursprünglich gegen die Atomkraft eintrat, ist dokumentiert, wie sie sich für ihren Seitenwechsel mit Anzeigen-Großaufträgen belohnen ließ. Willfährige Redakteure der großen japanischen Zeitungen erhielten Einladungen, zum Beispiel bei Tepco, dem Betreiber der havarierten Meiler, großzügig honorierte Vorträge zu halten. Vollständiger Text auf:

https://www.sueddeutsche.de/politik/japan-fukushima-und-die-atomlobby-schmieren-luegen-tricksen-1.1124577

 

 

(Süddeutsche Zeitung, Printausgabe, 22.07.2011, S. 8, Christoph Neidhart)

Verstrahlte Dörfer

Japan erklärt weitere Gebiete um Fukushima für radioaktiv.

Tokio – Japans Regierung hat am Donnerstag weitere Landstriche jenseits der 20-Kilometer-Sperrzone um Fukushima I für radioaktiv erklärt. Betroffen sind diesmal 59 Haushalte in Minamisoma 40 Kilometer nördlich der AKW-Ruine.  …

(Da die SZ laut ihren Copyrightbedingungen nur das Zitieren von 3 Sätzen erlaubt und der Artikel leider nicht frei erreichbar verlinkt ist, hier ein Link auf einen vergleichbaren Spiegel-Onlineartikel: /Karl-W. Koch)

https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atomkatastrophe-fukushima-japan-muss-gewaltige-bodenmengen-entsorgen-a-788831.html

 

Passend dazu die Filme auf Youtube:

Japanese government killing its own people in Fukushima und https://www.youtube.com/watch?v=KSvfro1Hwco sowie der wiederum dazu passende Bericht im „Freitag

 

(Contratom, 22. Juli 2011)

Lecks, Brände, Überflutungen: Atomunfälle seit Fukushima

Gut drei Monate ist die Katastrophe in Fukushima erst her, und schon ist die Liste der danach vermeldeten Störfälle in anderen Atommeilern lang. Die Agentur dapd hat die INES-Meldungen (Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse) sowie Zeitungsberichte und die Webseite des Bundesamtes für Strahlenschutz durchforstet.

Auch nach dem Super-GAU in Fukushima am 11. März 2011 sind weltweit zahlreiche – meldepflichtige und nicht meldepflichtige – Atomunfälle registriert worden. Hier ein Auszug:

  • 16.3.2011, Ontario, Kanada: Aus dem Atomkraftwerk entweichen Medienberichten zufolge Zehntausende Liter schwach radioaktives Wasser in den Ontario-See. Ursache sei der Defekt einer Pumpe. Die Betreiberfirma Ontario Power Generation sagt, es handele sich um “normales Wasser mit ein bisschen Radioaktivität”.
  • 18.3.2011, Doel, Belgien: Eine Pumpe für die Wasserzufuhr zur Kühlung des Reaktors 4 der Anlage funktioniert nicht. Die Internationale Atomenergie-Agentur IAEA stuft dies als “Störfall” ein (Stufe 2 auf der INES-Skala).
  • 31.3.2011, Brunsbüttel, Deutschland: Im Antriebssystem einer Kühlpumpe war ein Leck, teilen Betreiber Vattenfall und das für die Atomaufsicht zuständige Justizministerium Schleswig-Holstein mit.
  • 8.4.2011, Fessenheim, Frankreich: Block 1 der Anlage wird nach einem Bedienungsfehler heruntergefahren.
  • 15.4.2011, Dukovany, Tschechien: Reaktorblock 4 wird wegen einer Panne abgeschaltet. Der Grund war eine undichte Stelle im primären Kühlkreislauf.
  • 18.4.2011, Surry, USA: Nach einem Tornado fällt die externe Stromversorgung aus. Zwei Reaktorblöcke fahren automatisch herunter. Die Stromaggregate laufen im Notbetrieb.
  • 28.4.2011, Ascó, Spanien: 25.000 Liter radioaktives Kühlwasser entweichen aus dem primären Kühlsystem und laufen in die Sicherheitshülle um den Reaktor. 14 Mitarbeiter kommen dabei laut Betreiber Anav mit dem Wasser in Berührung. Ursache ist angeblich ein defektes Ventil.
  • 7.6.2011, Fort Calhoun, USA: Im Schaltraum bricht ein Feuer aus, die Kühlung des Abklingbeckens für gebrauchte Brennstäbe ist 90 Minuten lang unterbrochen.
  • 14.6.2011, Stamboliysky, Bulgarien: In einer Fabrik zur Bestrahlung mit Gamma-Wellen werden vier Arbeiter radioaktiv verstrahlt. Provisorisch als Ernster Störfall (INES 3) eingestuft.
  • 27.6.2011, Los Alamos, USA: Das Atomforschungszentrum, in dem während des Zweiten Weltkriegs die erste Atombombe entwickelt wurde, wird wegen schwerer Buschbrände evakuiert. Auf dem Gelände lagern radioaktive Stoffe und Atommüll. Erst am 4.7. wird Entwarnung gegeben: Das Labor sei “offenbar den schweren Schäden entkommen, die das Feuer hätte anrichten können”, sagte der Chef des Nationallabors Charles McMillan in einer Nachricht an die Mitarbeiter.
  • 26.6.2011, Fort Calhoun, USA: Das Hochwasser des Missouri lässt die Dämme rund um das AKW brechen. Wasser dringt ins Turbinenhaus ein. Nach Angaben der Behörden stellt das jedoch “kein Sicherheitsrisiko” dar. Das Kraftwerk war seit April heruntergefahren. Auch das AKW in Brownville ist von der Flut bedroht.
  • 28.6.2011, Torness, Schottland: Quallen aus dem Meerwasser verstopfen das Kühlsystem zweier Reaktoren. Diese werden vorsorglich abgeschaltet. Jedoch sei “zu keinem Zeitpunkt” eine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgegangen, sagt der Betreiber EdF später.
  • 2.7.2011, Tricastin, Frankreich: In einem Transformatorgebäude von Reaktorblock 1 bricht ein Feuer aus. Laut Betreiber EdF dient der Transformator dazu, den produzierten Strom in die Stromnetze weiterzuleiten. Radioaktivität sei nicht ausgetreten. Das AKW gilt wegen diverser Störfälle als Pannenreaktor.
  • 19.7.2011, Isar II, Deutschland: Im niederbayerischen Atomkraftwerk Isar II ist im Rahmen der jährlichen Wartung eine Kühlpumpe ausgefallen. Sicherheitsrelevante Auswirkungen habe dies nicht gehabt, teile der Betreiber E.ON mit.

https://www.contratom.de/2011/07/22/lecks-brande-uberflutungen-atomunfalle-seit-fukushima/

 

 

(Focus,  19.07.2011, 11:20)

Riesige Uranvorkommen in Indien entdeckt

… Indien betreibt 20 Atomkraftwerke mit einen Kapazität von 4780 Megawatt.

Indische Geologen haben möglicherweise die weltweit größten Vorkommen an Uranerz entdeckt.

Vollständig auf: https://www.focus.de/finanzen/news/energie-riesige-uranvorkommen-in-indien-entdeckt_aid_647175.html

 

 

 

(SZ, 18.07.2011, 18:18, Cerstin Gammelin, Brüssel)

Atommüll-Ausfuhr in Drittstaaten Brisante Exportware

Fukushima hin oder her: Atommüll aus Europa darf weiter in andere Länder entsorgt werden – egal wie deren Sicherheitsstandards sind. Dass das Ausfuhrverbot scheitert, ist eine weitere große Niederlage für EU-Kommissar Günther Oettinger.

vollständig: https://www.sueddeutsche.de/politik/atommuell-ausfuhr-in-drittstaaten-brisante-exportware-1.1121851

 

 

(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 19.07.2011, „Bündnis gegen Atomausstieg“)

Osteuropäer setzten auf Atomkraft

Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei wollen trotz Fukushima am Ausbau der Atomenergie festhalten. Polen und Tschechien einigten sich sogar auf Regierungsebene auf eine diesbezügliche Zusammenarbeit. So soll Temelin (Tschechien) von zwei auf vier Blöcke ausgebaut werden, Polen plant den Neubau von zwei AKWs.

 

 

 

Aus für Japans Schnellen Brüter

Der japanische Wissenschaftsminister Takaki äußerte sich am 15.07.2011 zum Ende des „Schnellen Brüters“ Monju. Das Projekt hat bisher 8 Milliarden € gekostet. Mittlerweile wird eine technische Nutzung frühestens, wenn überhaupt, für 2050 erwartet. (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 16.07.2011: „Schneller Brüter vor Aus“), s.a.: https://www.japanmarkt.de/index.php/wirtschaft/schneller-bruter-vor-dem-aus/

 

 

(Tagesschau, 13.07.2011)

25 Jahre nach dem Super-GAU

Neuer Tschernobyl-Sarkophag kann gebaut werden

25 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl will die Ukraine mit dem seit langem geplanten Bau eines neuen Sarkophags um den explodierten Reaktor Tschernobyl beginnen.

Nach Angaben von Präsident Wiktor Janukowitsch sind inzwischen genügend Spendenzusagen eingegangen. Die Arbeit an dem 740 Millionen Euro teuren Projekt könne noch in diesem Jahr starten und bis 2015 abgeschlossen sein, teilte das Außenministerium in Kiew mit. Ein Sprecher der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erklärte, internationale Geldgeber hätten bislang 670 Millionen Euro zugesagt. Veranschlagt sind Kosten von 740 Millionen Euro. Der Rest soll in den kommenden Jahren zusammenkommen.

Zwar gebe es weltweit keine Erfahrung mit dem Bau einer solchen Stahlbetonkonstruktion. „Aber wir sind optimistisch, dass die Arbeiten bis 2015 abgeschlossen sein werden“, sagte Oleg Woloschin, der Sprecher des Außenministeriums.

 

Provisorium aus Stahl und Beton bröckelt

Die momentane Schutzhülle aus Beton und Stahl war ursprünglich nur als Provisorium geplant und hat bereits zahlreiche Risse. Experten gehen davon aus, dass nur fünf Prozent des Kernbrennstoffs bei der Explosion vor 25 Jahren freigesetzt wurden. 95 Prozent seien noch im Reaktor. Sollte der alte Betonmantel, der in nur sechs Monaten errichtet wurde, zusammenbrechen, wäre dies eine Gefahr – nicht nur für die Ukraine. … Der letzte Tschernobyl-Meiler ging erst im Jahr 2000 vom Netz.

https://www.tagesschau.de/ausland/tschernobyl184.html

 

 

(Freie Presse, 16.07.2011)

Millionen-Zuschuss soll Schäden aus Wismut-Frühzeit beseitigen

Bis zum Jahre 2022 können weitere Bergbau-Altlasten saniert werden: Die Sanierung von Bergbau-Altlasten aus den Anfangsjahren der Wismut wird auch nach 2012 fortgesetzt. Ein entsprechendes Abkommen werde Anfang September in Berlin unterzeichnet, bestätigte Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP).

Für das Vorhaben, bei dem Freistaat und Bund jeweils die Hälfte der Kosten tragen, gebe es vom sächsischen Kabinett grünes Licht. Nach „Freie Presse“-Recherchen haben sich Bund und Freistaat darauf geeinigt, von 2013 bis 2022 weitere 138 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

Damit geben Bund und Land noch einmal deutlich mehr Geld für die Beseitigung solcher Hinterlassenschaften aus, als bereits von 2003 bis Ende 2012. In diesen zehn Jahren werden es in der Summe 78 Millionen Euro sein. …

Auf ein Nachfolgeabkommen drängten Kommunalpolitiker der Region bereits seit 2007. Schon da war klar, dass mit der ersten Vereinbarung von 2003, die im nächsten Jahr ausläuft, nicht alle Früh-Altlasten beseitigt werden können. In 33 Kommunen, vor allem im Erzgebirge und Vogtland, aber auch in Ostsachsen, gibt es rund 1.000 solcher Wismut-Hinterlassenschaften aus den 1940er- und 1950er-Jahren. Es handelt sich durchweg um Objekte und Flächen, die vor 1962 stillgelegt wurden. Deren Sanierung darf nicht aus dem 6,4-Milliarden-Etat finanziert werden, der für die normale Wismut-Sanierung zur Verfügung steht. So regelt es das Wismut-Gesetz von 1991. …

https://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Millionen-Zuschuss-soll-Schaeden-aus-Wismut-Fruehzeit-beseitigen-artikel7704416.php

 

Hier sei zu diesem Thema nochmals auf den hervorragenden Film „Yellow Cake“ hingewiesen.

 

 

(news.de, 17.07.2011, Jan Grundmann)

AKW-Leiharbeiter – Die Strahlennomaden

Wenn ihre jährliche Strahlendosis erreicht ist, werden sie gefeuert: Durch die Kernkraftwerke der Welt ziehen Tausende von Leiharbeitern. Die Strahlennomaden gibt’s in Deutschland, Frankreich und Fukushima. Ein Buch beleuchtet jetzt ihr Schicksal.

„Das geringe Kapital an Millisievert sieht man dahinschmelzen wie Schnee in der Sonne, das wird zu einer Obsession, man denkt nur noch daran, beim Aufwachen, am Spind, bei der Arbeit lässt man das Dosimeter nicht aus den Augen.“ Die Rede ist von Strahlennomaden, so werden sie in Frankreich genannt. Es geht um Neutronenfutter, so bezeichnet sie die Wirtschaftswissenschaftlerin Elisabeth Filhol.

Die Französin hat einen semidokumentarischen Roman über die AKW-Leiharbeiter in ihrem Land verfasst, der im Atomstaat für Aufruhr sorgte und jetzt in deutscher Sprache erschienen ist. Im Mittelpunkt steht Yann, ein Mitglied des Strahlenproletariats, der seine Gesundheit dafür riskiert, dass Atomstrom billig bleibt.

 

Frankreich, Deutschland, Japan: AKW-Proletariat auf der ganzen Welt

Spätestens seit der Katastrophe von Fukushimastehen ihre Arbeitsbedingungen im Fokus der Diskussion. Angeblich waren Obdachlose und Arbeitslose in Japan angeheuert worden, um für gutes Geld die dortigen Atomkraftwerke zu reinigen. Offenbar sind dabei auch viele erkrankt. In den 17 deutschen Reaktoren, die nun bis zum Jahr 2022 abgeschaltet werden sollen, arbeiten weitaus mehr Leiharbeiter als Festangestellte. Die Strahlenbelastung des Fremdpersonals soll dabei doppelt so hoch wie die Dosis der Festangestellten sein.

In Frankreich ziehen insgesamt 30.000 Leiharbeiter von Kraftwerk zu Kraftwerk. Nach Gewerkschaftsangaben liegen ihre Unfallraten über dem Durchschnitt der Festangestellten. Maximal fünf Wochen sind die Strahlennomaden in einem AKW, sie teilen sich Wohnwagen, dann ziehen sie weiter, irgendwo zu einem anderen Meiler in Frankreich. Sie arbeiten bei der jährlichen Revision mit – und beim Austausch der Uran-Tabletten.

 

20 Millisievert als maximale Jahresdosis

Im Roman der Französin Filhol berührt der Protagonist bei der Revision eines gewaltigen Wasserbehälters ein strahlende Sicherheitsscheibe einer Mutter. Dann schlägt sein Dosimeter aus. „Mit ein bisschen Know-how und Glück hofft jeder, die Dosis auf möglichst viele Einsätze verteilen zu können, und vergisst dabei, dass man ihn beim ersten ernsten Störfall auf die Ersatzbank setzt, bis zum nächsten Jahr“, so der Protagonist Yann.

Zwanzig Millisievert ist die erlaubte Dosis über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Manch einer schafft es. Doch wer nicht aufpasst, irgendwo falsch anfasst, der tankt eben Strahlung, und das Dosimeter vermerkt nüchtern die Fehler. Protagonist Yann hat die Dosis abbekommen – und wird für den Rest des Jahres nun freigesetzt. Übelkeit, Müdigkeit und keinen Job mehr – so beschreibt der Protagonist das Gefühl nach dem Strahlenbeschuss. …

 

Autor: Elisabeth Filhol
Titel: Der Reaktor
Verlag: Edition Nautilus
Preis: 16,00 Euro
bereits erschienen

 

 

(Ingo Marco Pannicke, BAG Energie)

GB plant acht neue AKWs

Die britische Regierung hat nun die Standorte für 8 neue AKWs benannt. Sie werden sie subventionieren über a) einen Minimum-Preis für CO2 (floor-price) b) Deckelung der Haftung für Unfallrisiken c) vermutlich auch staatliche Kredite der „Green Investment Bank“. Größere Proteste werden an den Standorten nicht erwartet weil es bereits existierende AKWs dort gibt.

 

https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/government-names-eight-new-sites-for-nuclear-power-plants-2302035.html

 

Neue AKWs: Bradwell, Essex, Hartlepool, County Durham, Heysham, Lancashire, Hinkley Point, Somerset, Oldbury, Gloucestershire, Sellafield, Cumbria, Sizewell, Suffolk, Wylfa, Anglesey

 

 

(Deutsche Welle: Atompolitik, 04.07.2011)

Auch Franzosen wollen keine Atomkraft mehr

Die Atomkraft ist nicht beherrschbar. Nach der Katastrophe von Fukushima ist dies auch den Franzosen klar. Mit großer Mehrheit wollen sie den Ausstieg. Für die Regierung und die Atomindustrie ist dies ein Problem.

Der schwere Reaktorunfall im japanischen Fukushima sorgt auch in Frankreich für politische Schockwellen, dem weltweit zweitwichtigsten Atomstaat. Zu rund 80 Prozent stammt der Strom aus einem der insgesamt 58 französischen Reaktoren. Seit General de Gaulle in den 1960er Jahren die Weichen für das umfangreiche Atomstromprogramm stellte, um damit dem Land Unabhängigkeit im Energiebereich zu garantieren, galt das „tout nucléaire“ als nationaler Konsens. Doch nun hat der GAU in Japan ein Umdenken bei den Franzosen ausgelöst.

 

Sarkozy hält an Atomkraft fest

An der Staatsspitze ist dies noch nicht angekommen. Ende Juni präsentierte Staatspräsident Nicolas Sarkozy sein Programm der großen Staatsanleihe, unter dem Titel: Zukunfts-Investitionen. Für Sarkozy spielt dabei auch die zivile Kernkraftnutzung eine Rolle: „Wir werden eine Milliarde Euro für das Atomprogramm der Zukunft bereitstellen, speziell für die Atomkraftwerke der vierten Generation“, kündigte der Staatschef im Fernsehen an. Ebenso werde seine Regierung umfangreiche Mittel der großen Staatsanleihe in die Forschung stecken, zur Verstärkung der Anlagensicherheit. Sarkozy verweist stolz darauf, dass Frankreich diesbezüglich schon über einen „weltweit anerkannten Vorsprung“ verfüge.

 

Parteien vollziehen Kurswechsel

Zwar gibt sich Nicolas Sarkozy davon überzeugt, dass in Frankreich Atomkraft noch eine Zukunft habe, doch populistisch angehaucht kündigt er immerhin eine Einschränkung an. Langfristig solle der Anteil des Atomstroms an der Energieproduktion im Land gesenkt werden. Wie dies genau erfolgen soll, erklärt Sarkozy allerdings nicht. …

 

Atomunfall auch in Frankreich möglich

Laut jüngsten Umfragen sprechen sich bis zu 77 Prozent der befragten Franzosen für einen „progressiven Atomausstieg“ aus. Ein Tabu ist damit gebrochen. Der nationale Atomkonsens wankt schon seit Anfang April. Knapp drei Wochen nach dem japanischen Reaktorunglück bekennt André-Claude Lacoste, Chef der Atomsicherheitsbehörde in Paris, erstmals öffentlich, auch in Frankreich sei ein schwerer Unfall nicht auszuschließen. Und als er die allerersten Lehren aus dem GAU in Fukushima zieht, räumt er gewisse Mängel an der Studie zur Sicherheit der französischen Reaktoren ein: „Wir haben beispielsweise nicht die möglichen Schäden im AKW untersucht, falls ein Erdbeben und eine Überschwemmung zusammenkommen“, gibt Lacoste mit gewisser Selbstkritik zu.

 

Stadträte fordern Abschaltung

Ein schwerer Unfall ist auch in französischen Kraftwerken möglich. Diese Erkenntnis veranlasste den Stadtrat von Straßburg zum Umdenken und sorgte für Schlagzeilen. In einer spektakulären Abstimmung forderte er, das benachbarte Atomkraftwerk Fessenheim, die älteste Atomstromanlage im Land, zu schließen. Eine Premiere im Land, der andere Gemeinden zwischenzeitlich folgten.

Roland Riess, Bürgermeister von Straßburg, erklärt, zwar sei bei ihm im Elsass kein Tsunami zu befürchten, „aber vor einem Erdbeben sind wir keineswegs sicher“. Schließlich habe die Erde im benachbarten Oberrhein-Tal schon gebebt. Und da das Atomkraftwerk Fessenheim gerade mal sechzig Kilometer entfernt liegt, befinde sich Straßburg also in der potenziellen Gefahrenzone. Roland Riess gibt zu, sehr erleichtert zu sein, „dass der Stadtrat der Forderung, das Atomkraftwerk zu schließen, einstimmig, wirklich einstimmig zugestimmt hat“.

Dessen ungeachtet gab die Behörde für Atomaufsicht grünes Licht für den Weiterbetrieb von Reaktor 1 in Fessenheim. Die Behörde empfahl nun erwartungsgemäß eine Verlängerung der Laufzeit um zehn Jahre. Jedoch knüpfte sie ihre Zustimmung an die Auflage, technische Verbesserungen vorzunehmen.

 

Kritik an atomarer Sicherheit in den Medien

 

Mit bislang ungewohnter Schärfe widmen sich seit der Katastrophe von Fukushima auch die Medien dem Thema Atom. Kurz nach dem GAU in Japan sendete das Fernsehen beispielsweise mehrere Reportagen, die die prekären Alltagsbedingungen der sogenannten „Wanderarbeiter des Atoms“ beleuchten, also derer, die als Subunternehmer für die Wartung der französischen Kernkraftwerke zuständig sind. Dass da einiges im Argen liegt, hält auch ein Bericht fest, den der parlamentarische Ausschuss für Technologiefolgenabschätzung in Paris nach dem GAU in Arbeit gab und der Ende Juni veröffentlicht wurde. Die Forderung der Autoren: die Sicherheit der Anlagen sei das höchste Gut und habe über wirtschaftlichen Aspekten zu stehen.

 

Imagestrategie der Atomindustrie gefährdet

Ende Juni deckte auch die Tageszeitung „Le Monde“ auf, dass beim Bau des Europäischen Druckwasser-Reaktors EPR, des Atomkraftwerks der vierten Generation, Arbeitsunfälle vertuscht werden. Das hat Gründe: Der EPR wird als sicherster Kraftwerkstyp bezeichnet und gilt als potentieller Exportschlager der französischen Atomindustrie. Der Japaner Taro Mitamura verfolgt die neue Atomdebatte sehr aufmerksam. Mitamura ist Kernenergie-Experte und leitet das Studio des japanischen Fernsehsenders NHK in Paris. Er beobachtet, dass Frankreich nun sehr viel Wert auf mehr Sicherheit lege. Und dass die Verantwortlichen sich bemühten, auf internationaler Ebene Sicherheitsstandards zu verstärken und zu ihrer Vereinheitlichung auf hohem Niveau beizutragen. „Da könnte Frankreich weltweit die Führungsrolle übernehmen“, sagt Mitamura.

 

Atomausstieg wird Wahlkampfthema

Es ist fraglich, ob die Imagestrategie der Atomindustrie aufgeht. In den französischen Medien dürfte das Thema Kernkraft nicht so schnell aus den Schlagzeilen kommen. Im Frühjahr 2012 stehen nämlich Präsidentschaftswahlen an. Nur die rechte UMP, die aktuell an der Regierung ist, spricht sich noch für einen weiterhin unbeschränkten Atom-Kurs aus. Zudem ist eine öffentliche Debatte zum Thema Atommüll anberaumt. Ein heißes Thema, denn auch Frankreich sucht noch immer händeringend eine Lösung zur dauerhaften Entsorgung der strahlenden Abfälle. Und ein Endlager wollen auch die Franzosen nicht in ihrer Nachbarschaft haben.

Autorin: Suzanne Krause
Redaktion: Gero Rueter

 

Quelle: https://www.dw-world.de/dw/article/0,,15209487,00.html

 

 

Das Leck im Kühlsystem – wie gefährlich ist Berlins Forschungsreaktor?

Leck im Kühlsystem – Stellungnahme von Dr. Thilo Scholz

 

Dr. Thilo Scholz nimmt Stellung zu dem Vorwurf des Helmholtz-Zentrums, er sei entlassen worden, weil er Kollegen gemobbt habe.

Der Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums in Berlin-Wannsee soll gravierende Sicherheitsmängel aufweisen. Diesen Vorwurf erhob der frühere leitende Ingenieur am Reaktor, Dr. Thilo Scholz, im KONTRASTE-Interview.

Er war zuvor vom Helmholtz-Zentrum entlassen worden. Das Institut erklärt dazu in einer Presseerklärung, Dr. Thilo Scholz sei entlassen worden, weil er Kollegen gemobbt habe.

Der Techniker sieht in dem Vorwurf seines Ex-Arbeitgebers den Versuch, mit einer Diffamierung seiner Person seine fachliche Bedenken herunterzuspielen. Kontraste erklärt er die Entwicklung am Helmhotz-Zentrum folgendermaßen:

Dr.-Ing. Thilo Scholz, ehemaliger leitender Ingenieur Helmholtz-Zentrum Berlin: „Ich habe die Geschäftsleitung in einer internen Mitteilung ein sicherheitsrelevantes Restrisiko angezeigt. Statt eine Antwort zu erhalten, wurde ich fortan ausgegrenzt, quasi gemobbt. Die Geschäftsleitung hat dies umgedreht, in einen Mobbingvorwurf gegen mich, der dann zu einer fristlosen Entlassung führte. Dies alles, weil ich diesen sicherheitsrelevanten Mangel angezeigt habe, so wie ich es als ordentlicher Ingenieur einfach tun musste.“

 

https://www.rundfunkberlinbrandenburg.info/kontraste/archiv/kontraste_vom_23_06/wie_gefaehrlich_ist.html

 

Kommentar: Die Forschungsreaktoren hat bisher praktisch niemand auf der „Tagesordnung“. Eine Kernschmelze oder ein vergleichbarer Unfall ist jedoch auch hier nicht auszuschließen. Die freisetzbare Radioaktivitätsmenge ist sicherlich deutlich (um Zehnerpotenzen) geringer als bei den Energie-Reaktoren, dennoch würde eine unfallbedingte Freisetzung auch hier zur Katastrophe führen, zumal die Forschungsreaktoren fast alle in dicht bebauten Gebiet stehen.

(Störfall Atomkraft, S. 123) Deutschland, Forschungsreaktoren: Es gibt noch vier Forschungsreaktoren in Betrieb (14 weitere sind bereits abgeschaltet, Stand 12/2009) mit thermischen Leistungen zwischen 0,1 MW (Mainz) und 20 MW (Garching) sowie sechs weitere Kleinstreaktoren an Hochschulen (zwölf weitere abgeschaltet, ebenfalls überwiegend an Hochschulen, einige in Industrie und Forschungszentren).

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_Deutschland#Forschungsreaktoren)