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Hintergründe Störfälle

Update 27.03.2011, 15:00 Uhr

Fukushima …. des Chaos’ nächste Stufe

Die Berichterstattung offizieller japanischer Stellen (Regierung sowie Tepco als Betreiber) erreichen leider immer wieder neue negative Höhepunkte … Daher hier eine persönliche Wertung der nachfolgenden Meldungen:

 

  1. Zweiter Reaktordruckbehälter offen
    Auch in Block 2 scheint jetzt die Kernschmelze den Reaktordruckbehälter (Skizze s. hier) massiv beschädigt zu haben. Im Vergleich zu Reaktor 3 ist die Öffnung entweder deutlich (um Zehnerpotenzen) größer (also etwa „durchgeschmolzener Boden“ zu „Riss“) oder es gab in Reaktor 2 eine Explosion des Reaktordruckbehälters. Da auch immer wieder von „Explosionen“ die Rede ist, kann letzteres nicht ausgeschlossen werden.
  2. Radioaktivitätswerte explodieren
    Die Radioaktivität liegt spätestens seit heute in der Größenordnung Tschernobyls, mit dem Unterschied, dass hier mindestens zwei Reaktoren betroffen sind. Die lokalen Folgen für die Umgebung (30 bis 80 km) um das AKW werden Tschernobyl vergleichbar sein!
  3. Meldungswirrwarr und Dementis zeigen Ausmaß der Katastrophe
    Die vollkommen wirren Meldungen und Widersprüche (s. Tagesschau, 15:00 Uhr) haben nur eine Erklärung: Die Situation läuft vollkommen aus dem Ruder und die Regierung/Betreiber versuchen solange es geht zu verheimlichen, um eine endgültige Panik mit katastrophalen Folgen heraus zu zögern (wobei ich mir keine Wertung erlaube, ob dies nicht sogar der vernünftigere Weg ist …)
  4. Jetzt geht auch JAIF zum Mauern über
    Nachdem bisher die JAIF einen recht zuverlässigen Statusbericht über die Zustände der Anlagen geliefert hatte, ist dies offenbar auch beendet … So gibt es heute (27.3.) in allen drei havarierten Redaktoren lauf JAIF (Japan Atomic Industrial Forum) KEINERLEI Angaben zu den Reaktordruckbehältern!!! Gleichzeitig schreibt die GRS die Tabelle von JAIF fort. „Witzigerweise“ bezieht sich die GRS dabei auf die JAIF! So meldet die GRS bereits am 25.3. (letzter Stand der Veröffentlichungen) einen vermuteten Schaden am Reaktordruckbehälter 3!
  5. Unsinn über „Brennstab-Kühlung“
    Mehrfach kamen in den letzten Tagen Meldungen wie die unten von Focus, vermutlich alle 1 : 1 von japanischen Agenturen übernommen:
    „ …
    aber das sich ablagernde Salz stellt eine Gefahr für die Pumpen und die Brennstäbe (dar)“. Dies unterstellt, eine Kühlung der Brennstäbe bzw. genauer der Brennelemente in den havarierten Reaktordruckbehältern wäre möglich bzw. würde sogar geschehen. Das ist ABSOLUTER UNSINN!!! Wie unter 4 gezeigt, gibt es nicht einmal einen Informationsstand zum Zustand der Reaktordruckbehälter! Die Pumpen, deren Wiederinbetriebnahmen mehr als „kurz bevorstehend“ gefeiert wurde, laufen laut aktuellen Meldungen immer noch nicht. Was bestenfalls läuft ist eine Kühlung der Reaktordruckbehälter von außen. DIESE jetzt auf Süßwasser umzustellen, macht Sinn, um die Pumpen zu schonen, hat aber mit den „Brennelementen“ und DEREN Kühlung nichts zu tun! 

    Mit der Zerstörung durch das Beben und den Tsunami wurde auch die Kühlung der Brennstäbe unterbrochen. Erfahrungsgemäß fängt spätestens nach mehreren Tagen durch die weitergehende Hitzeentwicklung die sog. „Kernschmelze“ an: Dabei platzen zunächst die Zirkonium-Schutzhüllen auf. Die Temperatur steigt bis auf über 2.000 °C an, bei dieser schmilzt dann auch das Uranoxid bzw. Uran. Falls Uran verwendet wurde (Zusammensetzung der Brennstäbe ist eine Mischung aus Uran und Uranoxid), fängt Uran in Kontakt mit Wasser oder Wasserdampf zu brennen an, Wasserstoff entsteht. Auch Stahl oder Zirkonium reagieren bei diesen hohen Temperaturen mit Wasser.

    Fazit: Die Brennstäbe sind seit Tagen im Schmelzvorgang und zerstört, eine Kühlung der Brennstäbe ist schon lange nicht mehr möglich, gekühlt werden kann nur noch der Reaktordruckbehälter von außen.

Verwirrung über erhöhte Strahlenwerte

(Tagesschau) 27.03.2001, abgerufen um 15:00 Uhr: Die Nachrichtenlage am Atomkraftwerk Fukushima I ist weiter unübersichtlich: „Die Betreiber des schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerks Fukushima haben ihre eigenen Angaben über millionenfach erhöhte Strahlenwerte zurückgezogen“, meldet die Nachrichtenagentur dapd. Die Messung sei falsch gewesen, wird ein Sprecher der Betreiberfirma Tepco zitiert. „Diese Zahl ist nicht glaubhaft“, habe Sprecher Takashi Kuratia geäußert: „Das tut uns sehr leid.“

Auch die japanischen Nachrichtenagenturen Kyodo und Jiji meldeten Verwirrung bei den Berichten über die Strahlenbelastung am Unglücks-AKW: Im entdeckten Wasser im Reaktorhaus 2 seien zudem möglicherweise andere radioaktive Substanzen als das bisher gemeldete Jod-134 enthalten.

Berichte über millionenfach erhöhte Strahlungswerte

(Tagesschau) 27.03.2001, abgerufen um 15:00 Uhr: Zuvor hatte Tepco gemeldet, im Reaktor 2 des schwerbeschädigten japanischen Atomkraftwerks sei die Radioaktivität drastisch angestiegen. Die Strahlung im Wasser des Turbinenhauses sei auf einen Wert von zehn Millionen Mal über normal gestiegen. Kabinettssekretär Yukio Edano sagte, das extrem radioaktiv verseuchte Wasser stamme „nahezu sicher“ aus einem Reaktorkern. (Anm. der Red.: Später wird einen Erhöhung auf „nur“ das 100.000-fache des üblichen Wertes gemeldet …)

Die in Reaktor 2 mit Reparaturarbeiten beschäftigten Arbeiter hätten in Sicherheit gebracht werden müssen, erklärte Tepco weiter. Sie waren damit beschäftigt, die Flüssigkeit aus den Kellern der Turbinengebäude der Reaktoren 1 und 2 zu entfernen. Das radioaktive Wasser hatte bereits in Reaktor 3 mehrere Arbeiter verstrahlt.

Die Turbinengebäude schließen direkt an die Reaktorblöcke an. In ihnen stehen die großen Stromgeneratoren, deren Rotorblätter von dem am Reaktor aufgeheizten Dampf in Schwung gesetzt werden. Das strahlende Wasser sollte vorerst in den großen Kondensationsbecken gesammelt werden, in denen normalerweise der Dampf abgekühlt wird.

 

Verstrahltes Wasser bis zu einen Meter tief

(Focus) 27.03.2011, abgerufen um 15:00 Uhr: Das Drama um das havarierte japanische Kernkraftwerk bei Fukushima hat einen weiteren Höhepunkt erreicht. Die austretende Strahlung in einem Reaktor wird als potenziell tödlich eingestuft. Die Rettungsarbeiten mussten deshalb abgebrochen werden. (Anmerkung: in anderen Quellen werden Strahlungsdosen im Sv-Bereich angegeben, diese sind praktisch sofort tödlich (s.a. hier)

Rapide gestiegene Radioaktivität im havarierten japanischen Atomkraftwerk bei Fukushima hat am Sonntag die fluchtartige Evakuierung erzwungen. Mit dem Abzug der Techniker wurden auch die Arbeiten unterbrochen, die Kühlung der Anlage wieder in Gang zu bringen.

 

Im Turbinengebäude des Reaktors 1 stehe das radioaktiv verseuchte Wasser 40 Zentimeter hoch und am Reaktorblock 2 betrage die Tiefe einen Meter, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. In Block 3 seien sogar 1,5 Meter gemessen worden. Das Wasser stammt offenbar aus dem Reaktorkern oder den Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente.

Sobald das radioaktive Wasser abgepumpt ist, soll die Verkabelung der Reaktorgebäude fortgesetzt werden. Dann soll Strom in alle Kontrollräume geleitet werden. Im Idealfall funktionieren die Messgeräte und am Ende auch das reguläre Kühlsystem wieder.

Im Reaktorblock 2 wurde die Kühlung auf Süßwasser umgestellt. Bisher war mit Meerwasser gekühlt worden, aber das sich ablagernde Salz stellt eine Gefahr für die Pumpen und die Brennstäbe dar.

IAEA-Chef: „Noch weit vom Ende des Unfalls entfernt“

(Tagesschau) 27.03.2001, abgerufen um 15:00 Uhr: Unterdessen zeigte sich der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Yukiya Amano, besorgt über die Lage in Japan. Der „New York Times“ sagte er, die Situation könne noch für Wochen, vielleicht sogar Monate andauern. Japan sei „noch weit vom Ende des Unfalls“ entfernt.

Es sei immer noch unklar, ob die Reaktorkerne und die abgearbeiteten Brennstäbe mit Wasser bedeckt seien und ausreichend gekühlt werden könnten. Es müsse noch mehr getan werden, um die Krise zu beenden, fügte er hinzu.

In vier Reaktoren steht verstrahltes Wasser

(Spon), 27.03.2011, abgerufen um 15:00 Uhr: Die Radioaktivität in Reaktor 2 erreichte am Sonntag einen Wert, der tödlich sein kann. Die von der Betreibergesellschaft Tepco im Reaktor gemessenen mehr als 1.000 Millisievert pro Stunde können nach Einschätzung der US-Umweltbehörde schwere Blutungen auslösen. Das Kraftwerk wurde am Sonntag umgehend evakuiert. Die Mitarbeiter, die die Messungen vornahmen, seien aus Reaktorblock zwei geflohen, bevor eine zweite Messung abgeschlossen war, hieß es.

Kabinettssekretär Yukio Edano sagte im japanischen Fernsehen, das extrem radioaktiv verseuchte Wasser stamme „nahezu sicher“ aus einem Reaktorkern. Die genaue Ursache sei nicht bekannt. Befürchtet wurde ein Riss oder Bruch in einer der Schutzhüllen um einen Reaktorkern.

 

Furcht vor Verstrahlung nimmt zu

(Spon), 27.03.2011, abgerufen um 15:00 Uhr: Die Furcht vor radioaktiver Verstrahlung unter den Menschen im Umkreis von Fukushima führt inzwischen zu extremen Vorsichtsmaßnahmen: Notunterkünfte nehmen nur Flüchtlinge aus der evakuierten Zone um das AKW auf, die sich einer Strahlenuntersuchung unterzogen haben. Viele internationale Reedereien meiden mit ihren Frachtern den Hafen von Tokio, weil auch das Meer immer stärker radioaktiv verseucht wird.

Regierungssprecher: „radioaktiv verseuchte Wasser aus Reaktorkern“

(FAZ) 27.03.2011, abgerufen um 15:00 Uhr: Regierungssprecher Edano sagte, das extrem stamme „nahezu sicher“ aus einem Reaktorkern.

Die Nachrichten aus Fukushima werden immer alarmierender. Die Radioaktivität in Reaktorblock 2 des japanischen Atomkraftwerks ist zehn Millionen Mal höher als normal. Die Strahlung wurde am Sonntag im verseuchten Wasser gemessen, welches meterhoch im Turbinen-Gebäude des Reaktorblocks steht. Die Radioaktivität in der Luft hat nach Angaben der Betreiberfirma Tepco 1000 Millisievert in der Stunde erreicht. Das Vierfache des von der Regierung erst kürzlich heraufgesetzten Grenzwerts für die Belastung von Atomkraftwerksmitarbeitern – in einem Jahr. Das bedeutet, dass ein Kraftwerksmitarbeiter im Reaktor schon in einer Viertelstunde die zulässige Jahresdosis erreicht hat.

Regierungssprecher Yukio Edano sagte im japanischen Fernsehen, das extrem radioaktiv verseuchte Wasser stamme „nahezu sicher“ aus einem Reaktorkern. Sollte tatsächlich der Kern betroffen sein, könnte die Radioaktivität in der Umgebung von Fukushima deutlich ansteigen. Die wahrscheinlichste Folge wäre eine Kontamination des Grundwassers. Die Messwerte waren zuvor von einem Sprecher der Betreiberfirma Tepco, Takashi Kurita, mitgeteilt worden.

Zuletzt:

Weil immer wieder nachgefragt wird …

Aufgrund aller vorliegenden Meldungen ist derzeit nicht zu befürchten, dass große Radioaktivitätsmengen die Jetstreams erreichen und somit in großem Maße (wie etwa nach Tschernobyl) nach Mitteleuropa gelangen können. DAZU fehlen die hohen Brandtemperaturen, die es im Reaktor in Tschernobyl gab. Geringe Mengen werden mit den „normalen“ Winden in den nächsten Tagen auch Mitteleuropa erreichen und hier zu einer Erhöhung der Messwerte, aber weit unter einer kritischen Grenze, führen. Die Erhöhung dürfte bis auf Weiteres im Bereich der natürlichen Schwankungen (Höhenstrahlung, Mineralien) und der Belastungen von Tschernobyl und den oberirdischen Atomversuchen der 60er liegen. DAS ist also vorläufig kein Grund zu Sorge. Die regionale Betroffenheit in Japan und im Ostasiatischen Raum sieht dagegen VÖLLIG anders aus!

 

Quellen:

www.iwr.de

https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/zusammenfassung_strahlung_an_fukushima_reaktor_2_millionenfach_erhoeht/

https://www.focus.de/panorama/welt/tsunami-in-japan/atom-katastrophe-strahlung-erreicht-toedliche-dosis_aid_612612.html

https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,753407,00.html

https://www.grs.de/sites/default/files/Status_KKW_Fukushima_Daiichi_am%2025-03-2011_0800.pdf bzw.

https://www.jaif.or.jp/english/news_images/pdf/ENGNEWS01_1301226468P.pdf

https://www.tagesschau.de/ausland/fukushima332.html

https://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B08746679EDCF370F87A4512/Doc~ED98136EF628A4BC5995DF6D4513BE4B3~ATpl~Ecommon~Sspezial.html

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