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Störfälle

Update 13.03.2011, 19:00 Uhr

+++ 19.00 In Fukushima mittlerweile Probleme in 4 Reaktoren (Quelle: ZDF Heute 19:00)

Blöcke 1, 2, 3, 4 sind nicht unter Kontrolle, Block 2 droht zu explodieren. Die Radioaktivität, die zur Ausrufung des „Atomaren Notstandes“ in Onagawa führte, stammt offenbar aus Fukushima. Das macht die Sache nicht besser, da dies bedeutet, dass dort bereits extrem viel Radioaktivität freigesetzt wurde – die Kernschmelze ist offenbar in vollem Gange – und bis Onagawa (ca. 150 km entfernt) getragen wurde.

+++ 17.15 Kühlsystem in AKW Tokai fällt aus +++
In einem weiteren Atomkraftwerk fällt das Kühlsystem aus, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Feuerwehr. Es handelt sich um das AKW Tokai an der Ostküste südlich von Fukushima. Die Lage hier scheint sich derzeit zu entspannen, nachdem einen Notpumpe eingesetzt wurde.

 

+++ Kühlsystem in drittem AKW ausgefallen +++

[17.13 Uhr] In einem dritten Atomkraftwerk in Japan ist das Kühlsystem ausgefallen, berichtet die Agentur Kyodo unter Berufung auf die Feuerwehr. Es handelt sich um das AKW Tokai an der Ostküste südlich von Fukushima in der Präfektur Ibaraki. Im Reaktor 2 hat eine Pumpe des Kühlsystems die Arbeit eingestellt. Die Anlage befindet sich 120 Kilometer nördlich von Tokio und wurde noch am Freitag nach dem Beben automatisch abgeschaltet. Im September 1995 gab es in dem Kraftwerk schon einmal einen Störfall, bei dem drei Arbeiter durch radioaktive Verseuchung ums Leben kamen. Das Verstrahlungsniveau hatte bis zu 20.000 Mal über dem normalen Wert gelegen.[1]

 

+++ Block 2 von Fukushima wieder normal gekühlt +++

[17.11 Uhr] Der Reaktor 2 des Fukushima Daiichi AKW wird mit funktionierendem Notsystem gekühlt, während in die Reaktoren 1 und 3 Meerwasser eingeleitet wird. Das teilte die japanische Atomaufsichtsbehörde NISA (Nuclear and Industrial Safety Agency) mit. Derzeit werde Süßwasser über das normale Kernnotkühlsystem (RCIC – Reactor Core Isloation Cooling) in den Reaktor 2 eingespeist. In dem Meiler war zuvor auch der Druck angestiegen. Bei den gleichfalls von Ausfällen des Kühlsystems betroffenen Reaktoren 1, 2 und 4 des Kernkraftwerks Fukushima Daini seien die Vorbereitungen zum Ablassen von Dampf abgeschlossen, sagte eine Mitarbeiterin der Behörde.[2]


[1] https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750629,00.html

[2] https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750629,00.html

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Hintergründe Störfälle

Update 13.3.2011, 16:00 Uhr

̶     Nuklearer Notstand in 3. Reaktor
15.05 Uhr: In Japan haben die Behörden den nuklearen Notstand in einem weiteren Atomkraftwerk ausgerufen. Für das Kraftwerk Onagawa sei wegen überhöhter Werte von Radioaktivität die niedrigste Notstandsstufe erklärt worden, teilte die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Sonntag in Wien mit.[1]

̶     Fukushima: nächster Block wird aufgegeben
14.15 Uhr: Nach der BBCWorld/Reuters soll sich TEPCO darauf vorbereiten auch den Block 2 von Fukushima 1 zu fluten.[2] Das lässt darauf schließen, dass auch hier die Kühlung entgültig ausgefallen ist. Die Flutung der Reaktorkontainements weist weiter darauf hin, dass die Reaktoren „aufgegeben“ werden. Die Schäden durch das Meerwasser (Korrosion) werden so groß sein, dass eine Reparatur nicht mehr als realistisch angesehen wird. Zu dem muss Bor oder ein anderer Neutronenfänger zugesetzt werden, um zumindest eine weitere Energiefreisetzung durch die Reaktion mit Wasser zu verhindern.

̶     Fukushima; Plutoniumfreisetzung droht
Der havarierte Reaktor 3 in Fukushima wird offenbar mit sog. MOX-Brennstäben gefahren[3]. Diese Recycling-Brennstäbe bestehen aus mehreren Uran- und Plutoniumoxiden. Das Plutonium wird aus den alten abgebrannten Brennstäben gewonnen und kann zusätzlich zum Uran zur Energiegewinnung verwendet werden und führt so zu einer höheren Energieausbeute. Uran-Atomreaktoren produzieren als Nebenprodukt zwangsläufig Plutonium, das in Wiederaufbereitungsanlagen abgetrennt wird. Bei einer Explosion käme im schlimmsten Fall durch seine extreme gesundsheitsschädliche Radioaktivität Ultragift Plutonium zu einer weitflächigen Verseuchung . Bereits die Inhalation von 40 Nanogramm 239Pu reicht aus, um den Grenzwert der Jahres-Aktivitätszufuhr für Inhalation bei Arbeitern zu erreichen[4]. Plutonium und seine Verbindungen gehören zu den giftigsten, bekannten Stoffen, die sind stark radioaktiv. Sie lagern sich im Knochenmark und in der Leber an, von wo aus sie den Körper radioaktiv verstrahlen. Beim Einatmen von plutoniumhaltigen Stäuben kann sich Lungenkrebs bilden. Die Einnahme weniger tausendstel Gramm des Elements führt zu tödlichen Strahlenschäden.[5]

̶     Stromnotstand
Japan droht in weiten Teilen eine Stromrationierung für mehrere Wochen, außerdem wird Energie (u.a. Flüssiggas) aus Russland importiert

̶     Evakuierung läuft
mittlerweile sind ca. 300.000 Menschen evakuiert, Es sind bisher ca. 160 Strahlungsopfer[6] gemeldet, was auf eine massive Freisetzung von Radioaktivität hinweist.

̶     Erhöhte Radioaktivität
Am 13.03. um 11.13 Uhr Ortszeit habe nach Angaben der Presseagentur Kyodo die Behörde ein Leck in Block 1 vermutet. Anlass dazu gäben Ortsdosisleistungsmessungen mit Werten über 1,2 mSv/h. Nach Informationen von CNN habe der Regierungssprecher Edano (um 12.06 Uhr Ortszeit, 13.03.) gesagt, dass sich möglicherweise eine Kernschmelze ereignet haben könnte.
Zum Vergleich die Zahlen aus Tschernobyl: Für das erste Jahr nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl wurde eine zusätzliche durchschnittliche effektive Jahres-Dosis von 1,0 mSv in Bayern und 0,1 mSv in Nordrhein-Westfalen errechnet. Die derzeitige zusätzliche Strahlenexposition in Deutschland durch den Reaktorunfall beträgt noch ca. 0,016 mSv/a. In unmittelbarer Nähe des brennenden Reaktors von Tschernobyl waren die Menschen höheren Strahlenbelastungen von bis zu 500 mSv ausgesetzt.

 

 

Gut ist die Aktualisierung auf Wikipedia[7]:

Unfall nach dem Erdbeben am 11. März 2011

Am 11. März 2011 wurde aufgrund des schweren Sendai-Erdbebens das Kraftwerk abgeschaltet.[4] Zu diesem Zeitpunkt waren die Blöcke 1, 2 und 3 in Betrieb und die Blöcke 4, 5 und 6 waren auf Grund von Wartungsarbeiten heruntergefahren.[5] TEPCO berichtete, dass die Notstromdieselaggregate starteten, jedoch nach einer Stunde infolge des Tsunami[6] stoppten, so dass für die Blöcke 1, 2 und 3 keine ausreichende Kühlung mehr gewährleistet war, um die Nachzerfallswärme abzuführen.[7] Zwar gab es mobile Generatoren vor Ort, und weitere wurden herangefahren; diese konnten allerdings bis zum 12. März morgens MEZ aufgrund ungeeigneter Kabel, eventuell auch der Versperrung von Zufahrtswegen nicht angeschlossen werden.[4][8] Zum ersten Mal in der Geschichte Japans musste Regierungschef Naoto Kan den atomaren Notstand ausrufen. Im Umkreis von zehn Kilometern um das Kraftwerk herum wurde die Bevölkerung aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.[9][10][11]

Da das Kühlsystem im Reaktorblock 1 nicht mehr zur Verfügung stand, verdampfte Kühlwasser, bis Teile der Brennstäbe aus dem Wasser ragten. Der Druck wurde teilweise in das Containment abgelassen, wo er sich von 4 auf 8,4 bar erhöhte. Daraufhin wurde Dampf aus dem Containment und Reaktorgebäude abgelassen, infolgedessen am 12. März in direkter Umgebung des Reaktorblocks geringe Konzentrationen der radioaktiven Caesium– und IodIsotope 137Cs und 131I nachgewiesen wurden.[6][8]

Um ca. 15:36 Uhr Ortszeit[12] (7:36 MEZ) am 12. März ereignete sich eine Explosion im Kernkraftwerk Fukushima I, bei der die äußere Verkleidung des Reaktorgebäudes 1 weggesprengt wurde.[13] Daraufhin wurde der Kreis, aus welchem der Bevölkerung der Rückzug empfohlen worden war, auf 20 Kilometer ausgeweitet.[14][15] Einer Stellungnahme der Regierung zufolge wurde das Containment nicht beschädigt, die Strahlungswerte am Werkstor sollten 70-fach über den Normalwerten liegen.[16][17] Bei der Explosion handelte es sich um eine Verpuffung von Wasserstoff zwischen Reaktorhülle und Reaktor. Nach Meinung von Fachleuten kann dieser nur durch die Reaktion von sehr heißem Wasserdampf mit freiliegenden Zirkonium-Brennelementhülsen entstanden sein.[18] Durch die Explosion wurden vier Arbeiter vor Ort verletzt, drei weitere Arbeiter kamen in anderen Vorfällen zu Verletzungen. Zudem wurde ein Arbeiter einer erhöhten Strahlungsdosis ausgesetzt.[19]

In Fukushima blies zum Explosionszeitpunkt ein Westwind von etwa 15 km/h; der Wetterbericht prognostiziert, dass dieser Wind bis einschließlich Montag 14. März gleichbleibend anhält.[20] Eventuell freigesetzte radioaktive Partikel würden daher zunächst auf das Meer hinausgetrieben. Die japanischen Behörden vermuten seit circa 17:00 Uhr MEZ aufgrund stark erhöhter Iod– und Caesiumwerte eine partielle Kernschmelze, die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun berichtete von partiell freiliegenden Brennstäben.[21] Seit 20:20 Uhr Ortszeit (12:20 MEZ) wird Meerwasser zur Abkühlung mit Borsäure als Neutronenfänger in das Containment gepumpt, die Behörden bereiten auch die Verteilung von Iod-Tabletten vor.[6][22] Das Auffüllen des Containments soll etwa zehn Tage in Anspruch nehmen, manche Quellen sprechen auch von zwei Tagen.[22][23] Der Vorfall wurde von der Japanischen Atomaufsichtsbehörde bisher als INES 4 (Unfall) von max. 7 eingestuft.[24][25] Premierminister Naoto Kan flog mit einem Hubschrauber zur Anlage und forderte dort einen Leiter von TEPCO auf, die umliegende Bevölkerung zu unterstützen.[26]

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) teilte am 12. März gegen 21 Uhr (MEZ) mit, dass bislang etwa 170.000 Anwohner innerhalb des 20-km-Radius evakuiert wurden und dass die Evakuierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen seien.[27] Zum Evakuierungsradius gehört noch nicht die 25 km nördlich gelegene Stadt Minamisōma. Gegen 22 Uhr (MEZ) gab die Japanische Atomaufsichtsbehörde bekannt, dass die Notkühlung im Block 3 nicht mehr funktionsfähig wäre und dringend eine Methode zur Bereitstellung von Kühlwasser gefunden werden müsse.[28] Kabinettssekretär Yukio Edano sagte, offizielle Stellen handelten nun aufgrund der Annahme, dass eine Kernschmelze in Block 3 im Gang sein könnte und dass es sehr wahrscheinlich sei, dass in Block 1 eine Kernschmelze in Gang sei.[29] Am 13. März 2011 bestätigte der Betreiber TEPCO gegen 12 Uhr Ortszeit (4 Uhr MEZ), dass auch in Block 3 die Drucksicherheitsventile geöffnet wurden, um Dampf abzulassen, und dass unmittelbar danach das Containment mit einer wässrigen Lösung von Borsäure geflutet wurde.[30] Die Brennelemente sind durch die Salzwasserzufuhr inzwischen wieder unter Wasser. Es könne allerdings sein, dass sich dadurch Wasserstoff unter dem Dach von Block 3 angesammelt habe. Sollte es wie beim Reaktor Nummer Eins zur Explosion kommen, könne der Reaktor dem widerstehen. Es gebe keine Notwendigkeit neuer Evakuierungsmaßnahmen.[31]


[1] https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

[2] ebenda

[3] u.a. https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,750668,00.html

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Plutonium#Toxizit.C3.A4t

[5] https://www.seilnacht.com/Lexikon/94Pluton.html

[6] https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750472,00.html

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_I

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Hintergründe Störfälle

Erdbebensicherheit deutscher AKWs

aktualisiert am 27.4.2011, ein pdf des Artikels mit Grafiken finden Sie hier

Japans Atomkatastrophen haben eindrücklich gezeigt, dass die Erdbebengefahr bei der Kernkraftnutzung bisher sträflich vernachlässigt wurde. Die nachfolgende Arbeit soll darlegen, dass auch in Deutschland eine immense Gefahr einer Katastrophe jenseits des sog. „Auslegungsstörfalls“ besteht, die bisher schlicht ignoriert oder verleugnet wurde. Zwar sind Beben wie das Jahrhundertbeben in Japan nicht zu erwarten, dafür sind die Schutz-Auslegungen gegen Beben in deutschen AKWs auch auf wesentlich geringere Beben berechnet. Selbst ein Tsunami an der Nordseeküste ist nicht auszuschließen, Ursache könnte ein Hangrutsch wie vor 8.000 Jahren sein oder ein gewaltiger, plötzlicher unterseeischer Vulkanausbruch bei Island.[1]

Eine kurze Erläuterung zum Verständnis vorab: Es gibt verschiedene Mess-Skalen zur Feststellung der Erdbebenstärken. Gebräuchlich ist die Richterskala[2] (ML = lokale Magnitude). Diese Skala misst die Wirkung des Bebens an der Oberfläche, eigentlich die sog. die Intensität. Intensität und dadurch die Bodeneffekte hängen nicht nur von der Magnitude (s.u.) ab, sondern auch von der Distanz zum Epizentrum, der Tiefe des Erdbebenherdes unter dem Epizentrum und den geologischen Bedingungen. Die Intensität ist zu unterscheiden von der Magnitude (ein Maß für die Stärke von Erdbeben. Magnituden werden überwiegend aus den Amplituden, seltener auch aus anderen Parametern von Seismogrammen bestimmt.)

Eine weitere Intensitätsskala, die so genannten MSK-Skala[3] (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala), gibt die Stärke eines Bebens beispielsweise in zwölf Stärkegraden an. Die Abstufung orientiert sich sowohl an subjektiven als auch an objektiven Kriterien. Sehr grob ist eine Umrechnung von der Richter-Skala auf die MSK-Skala durch Addieren von „+2  bis +2,5“ möglich.


[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,441648,00.html

bzw. https://www.sueddeutsche.de/wissen/unterwasserhaenge-im-nordmeer-rutschender-schlick-1.400429

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Richterskala

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Medwedew-Sponheuer-K%C3%A1rn%C3%ADk-Skala

Richter Magnituden, Stärkegrad Beobachtung

1,0     Mikro Mikro-Erdbeben
2,0     extrem leicht: nicht spürbar, jedoch messbar
3,0     sehr leicht: Oft spürbar, Schäden sehr selten
4,0     leicht: sichtbares Bewegen von Gegenständen
5,0     mittel: Bei anfälligen Gebäuden ernste Schäden
6,0     stark: Zerstörung im Umkreis bis zu 70 km
7,0     groß: Zerstörung über weite Gebiete
8,0     sehr groß: Zerstörung in einigen 100 km
9,0     extrem groß: Zerstörung in Bereichen von 1000 km
10,0    Globale Katastrophe: Noch nie registriert

MSK-Skala, Stärkegrad Beobachtung
I            nur von Erdbebenmessgeräten registriert
II           nur von ruhenden Pers. zu spüren
III          nur von wenigen Personen gespürt
IV          Geschirr und Fenster klirren
V           hängende Gegenstände pendeln
VI          leichte Verputzschäden an Gebäuden
VII         Risse in Wänden + an Schornsteinen
VIII        große Risse in Giebelteile, Dachsimse stürzen ein
IX          Wände und Dächer stürzen ein; Erdrutsche
X           Einsturz vieler Gebäude; Spalten im Boden
XI          zahlreiche Spalten im Boden; Erdrutsche
XII         starke Veränderungen an der Erdoberfläche

 

Weitere Skalen sind eher unüblich.

Siehe auch


Am 13. Apr. 1992 bebte nahe Roermond (Niederlande) die Erde. Beim Erdbeben von Roermond 1992 wackelten die Häuser, Schornsteine und Dachziegel fielen herab, Bäume stürzten um. Mehr als 30 Personen wurden verletzt, die Sachschäden wurden auf deutscher Seite auf etwa 150 Millionen D-Mark beziffert. Die Magnitude wurde nach Richter (RS) auf  5,9 eingestuft, die Intensität betrug VII. Das Beben war in dieser Stärke unerwartet, das letzte ähnlich starke Beben lag 200 Jahre zurück.

In Deutschland gibt es Erdbeben vor allem entlang des Rheingrabens und auf der Schwäbischen Alb. Am 5.12.2004 gab es in Waldkirch im Breisgau ein Beben der Stärke 5,2 (RS), ebenso am 14.3.1951 in Euskirchen. Bei den beiden schweren Beben in Christchurch in Neuseeland 2010 und 2011 war in dieser Region in den 150 Jahren vorher kein einziges vergleichbares Beben gewesen. Dies zeigt, dass Erdbebenvorhersagen nicht nur bezüglich des Zeitpunktes, sondern auch bezüglich Stärke und Ort unmöglich sind. Ein Urvertrauen darauf, dass sich Erdbeben „an die bisherigen Stärken halten und diese nicht zu überschreiten gedenken“ ist also durch nicht zu rechtfertigten!

Prof. Wolfgang Jacoby, Uni Mainz, hält am 14.4.2011 in einem Vortrag in Speyer Beben in Deutschland bis ML 5 auf RS für jederzeit denkbar. Gefährdet sind der Hohenzollerngraben, das Maintal, das Niederrheinbecken. Die größte denkbare Magnitude wäre dabei ML 7,0, voraussichtlich im Rheingraben. Es lassen sich nur Aussagen zur „Wahrscheinlichkeit“ etwa in den nächsten 100 oder 1000 Jahren machen. WANN und WO in diesem Zeitraum das Beben eintritt, lässt sich nicht vorhersagen.

Zu beachten ist, dass es jederzeit auch Beben an „unerwarteten Stellen“ geben kann. Die Aussagen zu Risikoabschätzungen basieren auf bekannten Erdbebenaktivität: Davon abgeleitet wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beben einer bestimmten Magnitude in bestimmter Entfernung in bestimmter Zeit  stattfindet. Wo noch nichts in den letzten Jahrhunderten stattgefunden hat, kann nichts hochgerechnet werden … Prof. Jacoby würde nach eigner Aussage „nie wagen zu sagen, hier ist eine absolute Sicherheit, ich kann meine Hand dafür nicht ins Feuer liegen“.

Die beiden Beben von Christchurch 2010/2011 kosteten ca. 200 Menschen das Leben und richteten zwischen 10 und 20 Mrd. US-$ Schaden an. das zweite war zwar verheerender, hatte aber mit etwa 6,3 (RS) die geringere Stärke (das 1.: 7,0 RS) Ein entsprechend verheerendes Beben im Rheingraben der Stärke 7,0 ist nicht auszuschließen und würde die AKWs Biblis oder Philippsburg in Einzelteile zerlegen.

Fazit: Bei Erdbeben wären nach bisherigen Erfahrungen zumindest die AKWs Biblis A und B und Philippsburg 1 und 2 stark gefährdet. Einem Tsunami ausgeliefert wären Brunsbüttel, Brokdorf und Unterweser. Die Auslegung deutscher AKWs liegt maximal bei 5 bis 6 laut Richterskala! Zu rechnen ist durchaus mit einem Erdbeben mit Stärken über 6,0 (RS)

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Richterskala

 

Biblis B

Henrik Paulitz kommt bei einer Untersuchung zu Biblis 2008 zu dem Ergebnis, dass Biblis B (das war Gegenstand der Untersuchung) schon ein vormals in der Nähe stattgefundenes Erdbeben (Worms) NICHT unbeschadet überstehen hätte. Für die Erdbeben-Auslegungen Biblis B wurden nur Intensitäten bis VIII und maximale Bodenbeschleunigungen bis etwa 1,5 m/s2 berücksichtigt. Tatsächlich aber sind am Standort Erdbeben mit weitaus größeren Intensitäten bzw. Bodenbeschleunigungen (bis 3,0 m/s2 und mehr) möglich. Die RSK-Arbeitsgruppe Seismologie hält es für „sachgerecht“, mit Magnituden bis (Richterskala) ML = 6,1 zu rechnen, das wäre eine Intensität bis etwa IX. 1952 kam es – weniger als 20 km vom Standort Biblis entfernt – bei Ludwigshafen/Worms zu einem mittelschweren Erdbeben: Magnitude ML = 5,1. Das stärkste bisher beobachtete tektonische Erdbeben im Bereich des mitteleuropäischen Schollenlandes war das berühmte Erdbeben von Basel im Jahre 1356. Diesem Erdbeben wird heute im allgemeinen eine Intensität von ca. 7 bis 8 laut Richterskala zugeordnet.

 

Erdbebensicherheit technischer Anlagen in Baden-Württemberg

In der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage des Abg. Dr. Walter Witzel GRÜNE vom 06. 03. 2003; „Risiken bei Erdbeben am Oberrhein“ wird massiv rumgeeiert. Zum Beispiel, Frage:

„Deckt der reguläre Katastrophenplan auch gekoppelte potenzielle Szenarien ab (wenn also z.B. als Folge eines schweren Erdbebens sowohl der Rheinseitenkanal birst als auch ein schwerer Atomunfall in Fessenheim ausgelöst wird“

Antwort: „Die Landesregierung kann keine konkreten Aussagen zu den Auswirkungen von Erdbeben, sondern nur zu der Koordinierung eines solchen Ereignisses machen.“

 

Konkret wird es immerhin an zwei Stellen:

„… Die Erdbebenauslegung des Kernkraftwerks Fessenheim geht von dem stärksten, historisch wahrscheinlichen Erdbeben an dem Standort aus. Für dieses Auslegungserdbeben wurde ein Beben der Stärke von 5,9 auf der Richter-Skala mit einer Tiefe von 20 km direkt unter den Kraftwerk bzw. ein Beben der Stärke 6,5 mit einer Tiefe von 10 bis 20 km in einer Entfernung von 30 km festgelegt. Als Sicherheitserdbeben wird ein Erdbeben der doppelten Stärke angenommen.“

und

„Die Landesregierung anerkennt den Bedarf weiterer Forschungs- und Untersuchungsprojekte zur Einschätzung der Erdbebengefährdung in Baden-Württemberg.

 

 

Greenpeace kommt in einem Gutachten (hier) 2005 zu folgenden Ergebnissen:

Gefährdung durch Erdbeben Biblis A + B

Biblis A weist viele Mängel auf. Die schlimmste Schwachstelle könnte die Gefährdung durch Erdbeben sein. Bis Ende der 90er Jahre wurde davon ausgegangen, dass maximal ein Beben der Stärke 7,75 auf der MSK-Skala (ca. 5 Richterskala) zu befürchten ist. Schon einem solchen könnten unzählige Rohrleitungen, Kabel und Ventile im Block A nicht standhalten. Nach dem neuesten Erkenntnisstand reicht diese Annahme jedoch nicht aus. Ein im Dezember 1999 abgeschlossenes, bis heute nicht veröffentlichtes Expertengutachten belegt, dass mit stärkeren Belastungen gerechnet werden muss. Bei einem konsequent konservativen, d.h. auf der sicheren Seite liegenden Vorgehen, müssen die bei einem Beben maximal wirkenden Kräfte etwa doppelt so groß angesetzt werden wie bisher.

Sämtliche technischen Mängel von Block A werden damit noch viel problematischer. Auch Block B ist gegen die höheren Lasten nicht ausgelegt. Eine Nachrüstung, die es gestatten würde, einem den neuen Erkenntnissen entsprechenden Beben standzuhalten, ist praktisch nicht machbar. Man müsste das AKW quasi neu und stabiler errichten.

 

Geowissenschaftlich Vortrag zu:

Erdbebensicherheit deutscher AKWs

Eckhard Grimmel kommt in seinem Vortrag „Wie sicher sind Atomkraftwerke in Deutschland bei Erdbeben?“ zu folgenden Ergebnissen:

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke zum Teil überhaupt nicht, zum Teil nur gegen schwache und vielleicht mittlere, aber nicht gegen starke Erdbeben gesichert sind. Da aber eine sichere Auslegung auch gegen starke Erdbeben aus geowissenschaftlicher und bautechnischer Sicht erforderlich ist, sollten alle Atomkraftwerke stillgelegt werden, um die permanente Gefahr eines katastrophalen Strahlungsunfalls zu vermeiden.

(Grafiken/Tabellen bitte auf der Originalseite nachsehen)

Zu beachten, die angegebene Skala ist NICHT die übliche Richter-Skala, sondern die weniger gebräuchliche Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala (MSK), die Umrechnung ist etwa: Richter + 2 = MSK

Die Auslegung deutscher AKWs liegt demnach maximal bei 5 bis 6 laut Richterskala!

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Dipl. Ing. Christoph Heil, EnBW, äußert sich in einer Veranstaltung in Speyer zur Erdbebensicherheit von Neckarwestheim wie folgt: „Die Magnitude spielt keine Rolle: entscheidend ist die Beschleunigung: Die Auslegung von Neckarwestheim hält bis zu einer Beschleunigung von 150 – 200 cm/s2 (= 1,50 – 2,00 m/s2)“. Laut Herrn Heil entspräche dies „in etwa dem Beben in Fukushima …

 

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Offener Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom 1. April 2011

Zur Kenntnis an:

– Siemens-Chef Peter Löscher
– E.On-Chef Johannes Teyssen
– RWE-Chef Jürgen Großmann
– EnBW-Chef Hans-Peter Villis
– Vattenfall Europe-Chef Tuomo Hatakka
– Bundesumweltminister Norbert Röttgen
– RSK-Chef Rudolf Wieland

Erhebliche Gefährdung von Atomkraftwerken schon bei relativ schwachen Erdbeben

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir möchten Sie auf eine ganz erhebliche Gefährdung der deutschen Atomkraftwerke aufmerksam machen und Sie als Physikerin nachdrücklich darum bitten, die folgenden Sachverhalte persönlich zur Kenntnis zu nehmen.

Der ehemalige Siemens/KWU-Chef Klaus Barthelt wollte Anfang der 1980er Jahre die deutschen Atomkraftwerke mit einer verbesserten, „momentfreien, auslenkenden“ Stütztechnik für Rohrleitungen, Kühlpumpen etc. vor Erdbeben und Flugzeugabsturz schützen. Er konnte sich damit aber im Siemens-Konzern nicht durchsetzen.

Atomkraftwerke sind daher schon durch relativ schwache Erdbeben wie auch durch vergleichsweise kleine Flugzeuge erheblich gefährdet, zumal wenn beispielsweise schon thermische Vorbelastungen an Komponenten bestehen und zusätzlich von der Modelltheorie abweichende dynamische Einwirkungen den getroffenen Lastannahmen entgegen wirken. Unter solch ungünstigen Bedingungen könnte bereits die Schnellabschaltung eines Atomkraftwerks zu gefährlichen Schäden führen.

Diese Aussagen macht der Spezialist für erdbebensichere Stützsysteme Erich Görgens, der an der Planung und Errichtung der meisten westdeutschen Atomkraftwerke beteiligt war.

Herr Görgens widerspricht der Auffassung, dass die Kühlsysteme im japanischen Katastrophenmeiler Fukushima durch die „Stärke“ des Erdbebens zerstört wurden. Er vermutet vielmehr, dass es die besondere Charakteristik des Erdbebens war, die abweichend von der Modelltheorie, relative Verschiebungen zwischen den Abstützungen und so unzulässige Lasten verursachend, zu den großen Schäden in Japan führte.

Die herkömmlichen Befestigungskonzepte etwa für Rohrleitungen und Kühlwasserpumpen in Atomkraftwerken ständen sich bezüglich den Anforderungen zum Schutz vor Erdbeben und vor Flugzeugabstürzen diametral entgegen. Zum Schutz der durch Erdbeben ausgelösten mittelfrequenten Schwingungen setze man auf starre Stützsysteme, die aber eine Gefahr bei Flugzeugabstürzen darstellen. Hochfrequente Schwingungen, wie sie schon beim Aufprall kleiner Flugzeuge auf ein Reaktorgebäude entstünden, erforderten hingegen eine sehr weiche, flexible Aufhängung.

Nach Auffassung von Herrn Görgens, der mit den Verantwortlichen etlicher Atomkraftwerkshersteller über die Thematik diskutierte und mit diversen Universitäten zusammengearbeitet hat, sind diese Konzepte völlig untauglich. Sich gegenseitig ausschließende Sicherungsmaßnahmen, nicht vorher bestimmbare Belastungen und nicht ausweichend stützende Abstützungen, bestimmen das Restrisiko in Atomkraftwerken.

Die in der Atomtechnik und von Gutachterorganisationen eingesetzten „Rechenprogramme“ sind nach Ansicht von Herrn Görgens untauglich, weil denen stark vereinfachte Modellannahmen zugrunde lägen, die nicht durch geeignete mechanische Lastfallabsicherungen ausgeglichen würden.

„Absolute Momentfreiheit und/oder ausweichende Widerlager“ sind für Maschinenbauer Görgens die Lösung des Problems. Die Lösung liege in einem stressfreien, frequenzunabhängigen Stützkonzept für mechanische Systeme. Relative Verschiebungen zwischen Stützpunkten, müsse man momentfrei auslenken und dadurch sichern können. Eine Technik, wie sie prinzipiell in den Hinterachsen von Autos Verwendung findet. In den USA habe man in Atomkraftwerken immerhin so genannte „Struts“ eingesetzt, offenbar aber nicht optimal genutzt.

Herr Görgens ist der Auffassung, dass alle Atomkraftwerke weltweit derzeit eine erhebliche Gefahr darstellen und so nicht weiterbetrieben werden dürfen. Er sieht weltweiten Nachrüstungsbedarf.

Wir fordern Sie vor diesem Hintergrund auf, die deutschen Atomkraftwerke wegen erheblicher Gefährdung im Sinne von § 17 Abs. 5 Atomgesetz vom Netz zu nehmen und endgültig stillzulegen.

Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass es zuletzt am 23. Dezember 2010 im Rheingraben bei Mainz zu einem Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala kam. Bei ungünstigen Beschleunigungen könnte selbst ein solches Erdbeben mit Epizentrum in der Nähe eines Atomkraftwerks ausreichen, einen katastrophalen Unfall auszulösen, so Herr Görgens. Vor der Errichtung des Atomkraftwerks Biblis gab es in der Umgebung des Standortes zwei Erdbeben der Stärke 5,1 bzw. 5,2 auf der Richterskala.

Das zeigt, wie akut die Gefahr ist und dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhold Thiel, Vorstand der IPPNW

Kontakt: Henrik Paulitz (Atomexperte), Tel. 0032-485-866 129. Angelika Wilmen (Presse), Tel. 030-69 80 47-15.

Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Email: ippnw@ippnw.de

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Quellen:

https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Anlage_B_-_Biblis_B_ist_unzureichend_gegen_Erdbeben_ausgel….pdf

https://www.landtag-bw.de/wp13/drucksachen/1000/13_1858_d.pdf

https://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/greenpeace_studie_restrisiko_biblisa.pdf

https://www.geowiss.uni-hamburg.de/i-geogr/staff/grimmel/atomweb/atomkr.htm#anchor1158463

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Hintergründe Störfälle

Update Japans GAU und Folgen

Am späten Samstag Abend MEZ meldet der Betreiber TEPCO den Ausfall eines weiteren Kühlsystems in einem zweiten Reaktorblock.[1] Wie ein Sprecher der Betreiberfirma Tokyo Electric Power (Tepco) am Sonntag mitteilte, versagten im Reaktor 3 alle technischen Vorkehrungen, um den nötigen Kühlwasserstand aufrecht zu erhalten.[2] Fünf der zehn Reaktoren in den beiden Kraftwerken seien ohne Kühlung, sagte ein Greenpeace-Sprecher unter Verweis auf Informationen aus der Krisenregion.[3], [4] Drei weitere der insgesamt zehn Blöcke waren zum Zeitpunkt des Bebens längerfristig abgeschaltet. Die Reaktorkerne sollen jetzt mit Meerwasser geflutet werden. Dies birgt weitere Probleme, weil Wasser eher die radioaktive Reaktion fördert als bremst, dazu müsste Bor o.ä, beigemischt werden, um die Neutronen zu binden, die die radioaktive Reaktion auslösen. Andernfalls kann weitere Hitzeentwicklung die Folge sein. Zudem sollen in mindestens einem Reaktoren die Brennstäbe weitgehend frei liegen und somit nicht mehr gekühlt werden. Dies führt zu Überhitzung und Schmelze.

Laut der aktuellen Nachrichtenlage findet eine Kernschmelze statt und Radioaktivität wird in großem Umfang bereits freigesetzt. Indizien dafür sind trotz der verwirrenden Nachrichtenlage die Evakuierung von 200.000 Menschen aus der Region, was aufgrund der Erdbebenschäden anders nicht zu verantworten wäre (Transportwege sind weitgehendst zerstört, Unterkunftsmöglichkeit wohl kaum zu finden), die Ausgabe von Iodtabletten an die Bevölkerung und die Meldungen, dass es bei der Evakuierung zu schweren Strahlenschäden „in einzelnen Fällen“[5] gekommen sei.

 

Folgen für Japan

Es gibt derzeit nur zwei Möglichkeiten:

1. Das Reaktorcontainment ist noch weitgehend intakt. Rissen oder eine teilweise Zerstörung, durch die Radioaktivität entweicht muss als sicher angesehen werden. Dann kann der Schaden noch begrenzt werden, er wird dennoch im mindest zweistelligen Milliarden Euro-Bereich liegen.

2. Es ist bereits zu einer großflächigen Zerstörung des Reaktorcontainment gekommen oder es kommt in den nächsten Stunden/Tagen dazu: Dann wird je nach Windrichtung zumindest auf jeden Fall ein großer Bereich des dicht besiedelten Küstenstreifens auf Dauer unbewohnbar. Im unglücklichen Fall könnte weitaus größere Fläche betroffen werden. Selbst der Großraum Tokio mit 35 Mio. Einwohnern, 200 km entfernt, kann betroffen sein. Die Schätzungen aus der Schweiz und von Greenpeace für vergleichbare Fälle in Europa von ca. 6 Bio. Euro dürften für den letzten Fall bei weitem NICHT ausreichen.

Geht man im Moment vom 2. Fall aus, wird die japanische Volkswirtschaft, die ohnehin seit etlichen Jahren dahin vegetiert, um Jahrzehnte zurückgeworfen. Die japanische Börse wird kollabieren, die Währung einbrechen. Der Geldbedarf für den nötigen Wiederaufbau wird fast nicht zu beschaffen sein. In der Folge werden die „üblichen“ Kartenhäuser der Börsenzocker zusammenbrechen und wir haben die nächste Wirtschaftskrise.


[1] https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/23/0,3672,8220567,00.html?dr=1

[2] https://www.focus.de/panorama/welt/tsunami-in-japan/greanpeace-die-lage-geraet-ausser-kontrolle_aid_607971.html

[3] u.a. https://www.wallstreet-online.de/nachricht/3116290-gesamt-roundup-2-lage-im-akw-fukushima-unklar-kernschmelze-befuerchtet

[4] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article12786141/Problemreaktor-wird-mit-Meerwasser-geflutet.html

[5] u.a. https://www.wallstreet-online.de/nachricht/3116290-gesamt-roundup-2-lage-im-akw-fukushima-unklar-kernschmelze-befuerchtet

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Hintergründe Störfälle Störfalle

Hintergrundinfos zu Japan

Zwecks Sicherung eines gemeinsamen Kenntnisstandes über die Basics ein paar Hinweise:

1. Zu Meldungen wie „Gefahr für Menschen besteht nicht“

Radioaktive Belastung wirkt in zwei völlig unterschiedlichen Weisen:

a) Strahlenkrankheit. Hohe Strahlenbelastung in kurzer Zeit führt zur Strahlenkrankheit, die in wenigen Tagen oder Wochen zum Tod führen kann.

Diese Krankheit ist gut zu diagnostizieren und dem Anlass zuzuordnen. Man vermeidet sie, indem man das Maß an Strahlenbelastung, dem sich Menschen aussetzen müssen, genau beobachtet, und die Exposition rechtzeitig beendet. Entscheidend war das etwa für die Arbeiter, die in Tschernobyl verhindern mussten, dass der glühende Reaktorkern das Grundwasser erreichte. Oder jetzt für Menschen, die u.U. in einem stark radioaktiv belasteten Leitstand aushalten müssen.

Auch bei einem schweren Reaktorunfall kann die Zahl der Fälle von Strahlenkrankheit gering gehalten werden. Dafür ist z.B. die Evakuierung, die in Japan angeordnet wurde, sinnvoll.

Auch Belastungen, die nicht zur Strahlenkrankheit führen, haben allerdings gravierende gesundheitliche Folgen – siehe b.

b) Erkrankung durch gesteigerte allgemeine radioaktive Belastung.

Jede austretende Radioaktivität erhöht die natürliche Strahlenbelastung. Dieser Effekt kann verschwindend gering oder sehr gravierend sein, je nach den Mengen an radioaktivem Material, seiner chemischen Zusammensetzen (Absorptionswege und Einlagerungsverhalten) und seiner Verbreitung (atmosphärische Situation).

Die gesundheitlichen Effekte sind v.a. Krebserkrankungen (häufig Leukämie), und, relevant v.a. bei höheren Dosen wie z.B. besonders exponiertem Personal (siehe a)), Erbschäden. Diese Erkrankungen treten zeitlich versetzt auf, auch noch jahre- und jahrzehntelang nach dem Ereignis.

Diese Auswirkungen sind nicht im Einzelfall kausal zuzuordnen, sondern statistisch und deswegen außerordentlich tückisch. D.h.: In keinem Einzelfall kann man nachweisen, dass die zusätzliche Radioaktivität aus dem Reaktorunfall (wie Tschernobyl) oder, früher, aus den Atombombenversuchen die Ursache für die Erkrankung ist. Sicher ist nur, dass die Zahl der Erkrankungen mit der Strahlenbelastung signifikant steigt. Hier reden wir bei einem Ereignis vom Tschernobyl- Typ über zehntausende betroffene Menschen – potentiell weltweit.

Die bereits amtlich verbreitete Ansage: „Keine Gefahr, Japan ist weit weg“, ist nicht belastbar. Die Stratosphäre macht eine weltweite Verbreitung durchaus möglich. Dazu gibt es auch den Atomtests und Tschernobyl einschlägige Erfahrungen. Über die konkrete Ausprägung zu spekulieren macht m.E. keinen Sinn.

2. Zu Bezeichnung und Charakter des Unfalls.

Ein „GAU“ ist der „Größte anzunehmende Unfall“. Dieser ist definiert als der plötzliche Bruch einer Hauptkühlleitung im doppelten Leitungsquerschnitt. Dies ist ein sehr schwerer und sehr unwahrscheinlicher Unfall, und dafür und für vergleichbare Ereignisse ist jedes AKW ausgelegt. Es bleibt dann, so jedenfalls der Plan, bei lokalen Schäden innerhalb des Reaktors.

Hier geht es um den Super – Gau: Versagen des Kühlsystems und des Notkühlsystems.

Die Schnellabschaltung des Reaktors ist in solchen und ähnlich kritischen Fällen bisher noch jedes mal gelungen (offenbar auch jetzt in Japan) – also das Stoppen des Kernspaltungsprozesses und damit das Vermeiden einer unkontrolierten weiteren Kernspaltung.

Aber auch nach der „Abschaltung“ erzeugt der Reaktorkern noch erhebliche Mengen Energie durch den Zerfall vorhandenen instabiler Atomkerne. Dieses Nachglühen ist mindestens mehrere Tage lang relevant. Versagt in dieser Zeit die Kühlung, frisst sich der glühende Reaktorkern durch sein Gehäuse und erreicht – im schlimmsten Fall – das Grundwasser. Spätestens dann kommt es zu einer Dampfexplosion mit Freisetzung enormer Menge radioaktiv belasteten Materials (in Tschernobyl blieb uns das knapp erspart, und dafür sind viele Arbeiter gestorben).

In Japan drohte eine solche Explosion des Reaktorbehäuses offenbar bereits am Freitag (auch ohne Grundwasser), daher Abblasen von (radioaktiv belastetem) Gas aus dem Druckbehälter. Dies ebenso wie die offenbar aus einem Riß (?) bereits ausgetretenen Materialien (Cäsiumbelastung in der Umgebung wurde gemeldet, von achtfacher Überschreitung der zulässigen Grenzwerte war die Rede) sind zweifelsfrei gesundheitsschädlich (siehe 1b), und es zeigt wie hochkritisch die Lage ist, das steht aber in seinen Auswirkungen in keinem Verhältnis zu dem, was im Falle eines Berstens des Reaktorgehäuses bevorsteht. Dieses Bersten des Reaktorgehäuses ist offenbar noch nicht eingetreten. Ob es verhindert werden kann ist die entscheidende Frage der nächsten Stun´den.

3. Politisch: Es ist jetzt das eingetreten, wovor wir immer, schon vor Harrisburg, gewarnt haben. Es ist furchtbar, so Recht zu behalten.

Die AKW- Lobby wird auf die Besonderheit Japans, das Erdbeben, das wir hier so nicht erwarten, und auf die geographische Entfernung zu orientieren versuchen („In Deutschland kann das nicht passieren“).

Wir sollten in der Verarbeitung nicht nur auf Harrisburg und Tschernobyl, sondern immer auch auf Forsmark hinweisen. Dort ist Schweden ganz knapp an einer solchen Katastrophe vorbei geschrammt. Dass einige der Notkühlpumpen in Forsmark doch angesprungen sind grenzte an ein Wunder, aufgrund eines Konstruktionsfehlers hätten nicht nur wie geschehen die meisten, sondern eigentlich alle versagen müssen, und dann wäre der Super- Gau dort schon eingetreten. Es ist mir unbegreiflich, dass dieses Ereignis damals in Schweden fast gar nicht und in Deutschland sehr wenig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gekommen ist.

Freundlicher Gruß

Reinhard Kaiser, BAG Energie, B90/ Grüne kaiserr@gmx.net
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Kernschmelze in Fukushima

16:00 MEZ:  Das japanische Fernsehen  meldet (laut SWR3-Korrespondent), dass IM GEGENSATZ zu den Aussagen des Betreibers eine Kernschmelze stattfindet! Die Informationspolitik des Betreibers wird als „sehr wenig vertrauenswürdig“ geschildert. Allerdings wird auch hier im Fernsehen beschönigt, es seien nur wenige Kernbrennstäbe betroffen …

Mittlerweile werden 200.000 Menschen aus der 20 km-Zone evakuiert.

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Bei mindestens einem, wahrscheinlich bei mehreren Blöcke des AKW in Fukushima I (=Daiichi, 3 Blöcke) und II (=Daini, 1 Block) ist die Kühlung ausgefallen und eine Kernschmelze findet statt. Das wird am 12.03.2011, 12:19 Uhr, durch den ARD Ticker bestätigt: „Die  japanische Atomaufsichtsbehörde hat offiziell bestätigt, dass es im beschädigten  Atomkraftwerk Fukushima 1 eine Kernschmelze gegeben hat. Das berichtete  ARD-Korrespondent Robert Hetkämpfer aus Tokio.“ Die japanische Regierung hat dies mittlerweile dementiert. Die Informationspolitik erinnert fatal an die der sowjetischen Regierung bei Tschernobyl … Nach der Explosion davon auszugehen, es finde KEINE Kernschmelze statt, ist absolut unglaubwürdig!

Mittlerweile wird eine 20-km-Zone evakuiert, Jodtabletten werden angeblich ausgegeben, Cäsium wurde freigesetzt. Am Morgen (Ortszeit) des 12.3.2011 gab es eine konventionelle Explosion[1], [2]. Diese wurde vermutlich durch freigesetzten Wasserstoff (aufgrund der zumindest teilweise schon laufenden Kernschmelze entstanden) ausgelöst. Dabei wurde das Reaktorgebäude offenbar völlig zerstört. Anzunehmen, der Reaktorkern sei dabei unbeschädigt geblieben, ist mehr als blauäugig. Es muss davon ausgegangen werden, dass dieser damit endgültig offen liegt. Zuvor war bereits ein erheblicher Verdacht aufgekommen (u.a. aufgrund des drastischen Absinkens des Wasserstandes), dass ein Riss in der Reaktorhülle vorliege.

Die Bestätigung über die Freisetzung von Cäsium bestätigte schon im Vorherein die Kernschmelze. Die zu erwartenden Spaltprodukte sind, ähnlich wie in Tschernobyl hauptsächlich Jod und Cäsium[3]. Das Cäsiumisotop 137Cs hat eine Halbwertszeit von ca. 30 Jahren. Es ist nach dem Zerfall der kurzlebigen Isotope über viele Jahrhunderte hinweg das am stärksten strahlende Nuklid im Gemisch der Spaltprodukte. 131I hat eine Halbwertszeit von acht Tagen. Nach der Katastrophe von Tschernobyl stellte 131I in den ersten Tagen das dominierende Radioisotop dar. Bei rechtzeitiger Vorwarnung kann vor einer befürchteten Exposition ein gewisser Schutz durch die Einnahme von stabilem Iod in der Form von Kalium-Iodid-Tabletten aufgebaut werden. Der Organismus wird dadurch mit Iod gesättigt und nimmt das radioaktive Iod danach in deutlich geringeren Mengen auf (Iodblockade).

Alle betroffenen Reaktoren sind als Siedewasserreaktoren[4] ausgeführt. Bei diesen wird der Wasserdampf zum Antrieb der Turbinen direkt radioaktiv erhitzt, während bei den in Europa gebräuchlicheren Druckwasserreaktoren ein weiterer Kreislauf dazwischen geschaltet ist, über den per Wärmetauscher der Wasserdampf erzeugt wird. Der radioaktive Kreislauf ist somit nicht auf den Sicherheitsbehälter beschränkt. Damit die die Gefahr einer Freisetzung von Radioaktivität bei Siedewasserreaktoren wesentlich höher!

Zwar unterliegen die Bauvorschriften vor japanische AKWs strengsten Bestimmung in Punkto Erdbebenschutz, sie sind jedoch maximal nur für ein Beben der Stärke 7,75, in besonders gefährdeten Regionen für Beben bis 8,25 auf der Richter-Skala ausgelegt. Das Beben vom 11.3.2011 hatte eine allerdings Stärke von 8,8 bis 8,9.[5] Ursache für den Kühlungsausfall war offenbar weniger das Erdbeben als solches, sondern der durch den Tsunami bedingten Stromausfall.

Die Auswirkungen für Europa werden andere sein als nach Tschernobyl: Während dort durch den Brand mit extrem hohen Temperaturen die radioaktiven Partikel hoch in die Atmosphäre geschleudert wurden und dort von den sog. Jetstreams verteilt wurden, wird die Radioaktivität in Japan zunächst lokal ausgebracht. Dennoch werden in wenigen Wochen die radioaktiven Partikel weitflächig verteilt werden und auch nach Europa gelangen, aber nicht in den Ausmaß wie 1986 – solange keine weiteren schwerwiegende Ereignisse eintreten … Falls die Kernschmelze in dem zu erwartenden Ausmaß wird allerdings ein anderes Ereignis in der Folge uns sehr wohl betreffen. Weite Landstriche Japans werden unbewohnbar (und wir reden hier nicht von der menschenleeren Ukraine …!), der volkswirtschaftliche Schaden für Japan und in der Folge für die Weltwirtschaft wird verheerend sein.

 

Die japanischen AKWs in der am stärksten betroffenen Region:

Fukushima Daiichi: sechs Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, davon waren offenbar drei durch Wartungsarbeiten abgeschaltet,  ab Baujahr 1971

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_Daiichi

 

Fukushima Daini: vier Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1982

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_Daini

Betroffen von der fehlenden Kühlung sind vier der sechs Blöcke, die gelaufen sind.[6]

 

Onagawa: drei Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1984

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Onagawa

 

Tōkai: ein Block, Siedewasser, Baujahr 1966

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_T%C5%8Dkai

 

Weiterhin gibt es in Rokkasho[7] weitere nukleare Anlagen:

1. Eine kommerzielle Anreicherungsanlage, die von JNFI (Japan Nuclear Fuel Industry Corporation) betrieben wird. Die Anreicherung erfolgt mit Hilfe der Zentrifugentechnik. Das erste Modul mit einer Kapazität von 150 Tonnen Urantrennarbeit (UTA) pro Jahr ging 1992 in Betrieb, pro Jahr sollte ein weiteres Modul folgen. Bis September 1999 waren 1.050 t UTA/a installiert. Im Endausbau soll die Anlage eine Kapazität von 1.500 t UTA/a besitzen.

2. Eine Wiederaufarbeitungsanlage, 1984, von JNFS (Japan Nuclear Fuel Services), die Kapazität beträgt 800 Tonnen Schwermetall pro Jahr. Die Anlage ist fertig gestellt. Das Eingangslager wurde bereits 1997 in Betrieb genommen. Der Beginn des Wiederaufarbeitungsbetriebs war für Ende 2005 geplant, der kommerzielle Betrieb sollte im Juli 2006 aufgenommen werden und wurde mittlerweile auf Mitte 2010 verschoben. Insgesamt sollen in einem Zeitraum von 40 Jahren rund 32.000 t abgebrannter Brennelemente wiederaufgearbeitet werden.

3. Ein Endlager für schwachradioaktive Abfälle auf dem Gelände des Zentrums Rokkasho. Es wurde im Dezember 1992 in Betrieb genommen. Die Kapazität der ersten Stufe des Endlagers betrug 200.000 Fässer (entsprechend einem Volumen von 40.000 m³). Inzwischen wurde die Kapazität durch den Bau einer zweiten Einheit auf 400.000 Fässer (entsprechend einem Volumen von 80.000 m³) verdoppelt. Bis Ende März 2003 waren rund 150.000 Fässer (30.000 m³) bereits eingelagert. Die Fässer werden in großen, mit Beton ausgekleideten Kammern gestapelt. Die Zwischenräume werden mit Beton ausgegossen und die gefüllte Kammer mit einer Betonschicht abgedeckt, so dass sich ein monolithischer Block ergibt. Dieser wird mit einer dicken Erdschicht überdeckt.

Auch hier ist offenbar zumindest teilweise die Kühlung ausgefallen.

 

 

Laufende Aktualisierung auf www.stoerfall-atomkraft.de


[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,750479,00.html

[2] u.a. https://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/japan_akw_fukushima_1.9858663.html

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Spaltprodukt

[4] In Deutschland gibt es noch folgende Siedewasserreaktoren in Betrieb: (Brunsbüttel, Philippsburg 1 und Isar 1, alle Baulinie 69) sowie die moderneren AKWs Krümmel sowie Gundremmingen B und C

[5] https://www.tagesschau.de/ausland/akwsicherheit104.html

[6] SWR3 Radio, 12.03.2011, 12:20 Uhr

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Rokkasho

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Auch Wiederaufbereitungsanlage gefährdet

Probleme gibt es auch in der nördlich von Fukushima Daiichi liegende Wiederaufbereitungsanlage Rokkasho. Diese wird ebenfalls  derzeit mit Notstrom gekühlt. „Hier liegen rund 3000 Tonnen hochradioaktiver abgebrannter Brennstoff“, sagte der international tätige Atomexperte Mycle Schneider. Das entspreche etwa der Menge an Brennstoff, die in 25 bis 30 Atomreaktoren gelagert wird. „Wenn die Brennstäbe nicht gekühlt werden, entzünden sie sich selbst“, erklärte Schneider.

Aufgrund des Stromausfalls werde auch die Anlage in Rokkasho mit Dieselgeneratoren betrieben, bestätigte das Japanische Atom-Informationsforum (JAIF) in einer Presseerklärung. Die Notgeneratoren seien allerdings nicht darauf ausgelegt, langfristig zu laufen, erklärte Schneider, der mehrmals als Atomexperte in Japan war. „Wenn so eine Wiederaufbereitungsanlage in Brand gerät, weil die Kühlung versagt, entweicht Radioaktivität.“

Die Gefahr sei nicht so groß wie in den AKWs, da die Strahlung bereits am Abklingen sei. Allerdings können bei Ausfall der Notpumpen, die nicht auf Dauerbetrieb ausgelegt sind, große Mengen Radioaktivität entweichen.

Quelle: Focus

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Störfälle

Atomarer Notstand in Japan – Kernschmelzgefahr

IPPNW-Presseinformation vom 11. März 2011

Angesichts der Ausrufung des atomaren Notstands in Japan erklärt Henrik Paulitz von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW:

Durch ein Erdbeben kann in einem Atomkraftwerk ein Störfall ausgelöst und zugleich können die dann erforderlichen Sicherheitssysteme zerstört werden.

Durch das Erdbeben in Japan soll im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi die Kühlwassermenge gefährlich abgesunken sein. Die Notstromdiesel sind nicht angelaufen. Es kam zum gefürchteten „station blackout“, dem Ausfall der Stromversorgung.

Die für die Steuerung des Atomkraftwerks erforderlichen Batteriekapazitäten sind in zwei Blöcken nahezu erschöpft. Um die Batterien zu schonen, musste das Notkühlsystem abgestellt werden. Durch den Austritt von Kühlwasser über ein Leck steigt derzeit der Druck im Containment. Es besteht die Gefahr eines schweren Kernschmelz-Unfalls.

Es ist völlig unklar, ob in diesem Fall Notfallmaßnahmen funktionieren würden und ob die Anlage die Radioaktivität überwiegend zurückhalten könnte. In aller Regel ist wie im vorliegenden Fall gerade bei älteren Anlagen mit Undichtigkeiten zu rechnen, so dass mit der Freisetzung von Radioaktivität gerechnet werden muss. Außerdem dürften auch in Japan die Containments durch potenzielle explosive Ereignisse gefährdet sein. Vermutlich vor diesem Hintergrund wurde bereits mit der Evakuierung begonnen.

Stets wurde uns von der deutschen Atomindustrie Japan als leuchtendes Beispiel für erdbebensichere Atomkraftwerke vor Augen geführt. Die Realität zeigt nun erneut, was von den Verlautbarungen dieser Branche zu halten ist.

Auch in Deutschland gibt es massivste Probleme mit einer unzureichenden Erdbebenauslegung von Atomkraftwerken. Die IPPNW prangert schon seit vielen Jahren an, dass die hessische Atombehörde in Biblis nur eine Auslegung der Anlage gegen vergleichsweise schwache Erdbeben verlangt, obwohl am Standort laut Gutachten deutlich schwerere Erdbeben möglich sind (in der Fachsprache: Auslegung nur 50%-Fraktile statt 84%- oder 95%-Fraktile). Vermutlich sind alle Atomkraftwerke im Rheingraben und am Neckar durch an diesen Standorten mögliche Erdbeben gefährdet.

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Mega-Erdbeben in Japan – Probleme bei den AKWs

Mega-Erdbeben in Japan – Probleme bei den AKWs

Als größte Gefahr kristallisiert sich die Störung in Fukushima I (=Daiichi) heraus. Nach dem Erdbeben in Japan läuft das Notkühlsystem des Atomkraftwerks Fukushima nach japanischen Informationen nur noch im Batteriebetrieb. Das Kühlwasser sei abgesunken – die Brennstäbe zum Teil sichtbar. Die Batterien lieferten nur noch Energie für wenige Stunden, erklärte die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln unter Verweis auf japanische Angaben.[1] Fukushima I (=Daiichi) besteht aus sechs Siedewasser-Reaktor-Blöcken. Ob nur einer der Blöcke oder alles sechs betroffen sind, ist bisher völlig unklar. Bei weiteren Problemen mit der Kühlwasserversorgung droht eine Kernschmelze!

Stunden nach dem schweren Erdbeben in Japan ist die Lage auch bezüglich Schäden in Atomkraftwerken noch völlig unübersichtlich. Zwar unterliegen die Bauvorschriften vor japanische AKWs strengsten Bestimmung in Punkto Erdbebenschutz, sie sind jedoch maximal nur für ein Beben der Stärke 7,75, in besonders gefährdeten Regionen für Beben bis 8,25 auf der Richter-Skala ausgelegt. Das Beben vom 11.3.2011 hatte eine allerdings Stärke von 8,8 bis 8,9.[2]

Der japanische Regierungschef Naoto Kan hatte nach dem verheerenden Erdbeben Atomalarm ausgerufen. Angeblich „seien jedoch keine radioaktiven Lecks in oder in der Nähe von Atomkraftwerken festgestellt worden, hieß es zunächst. Der Regierungschef habe den atomaren Notfall deswegen ausgerufen, damit die Behörden leicht Notfallmaßnahmen ergreifen können“, sagte Regierungssprecher Yukio Edano.[3]

Die FAZ meldet: Fünf (??) Reaktoren in der am schwersten betroffenen Region im Nordosten der Hauptinsel Honshu wurden automatisch heruntergefahren. [Anm. der Red.: Hier gibt es 14 Reaktoren!] Das Atomkraftwerk Onagawa besteht aus drei Reaktoren, die von 1984 bis 2002 an der Ostküste von Honshu gebaut wurden. Dabei handelt es sich um Siedewasserreaktoren. In Onagawa kam es in der Vergangenheit mehrmals zu Störfällen. … Die Anlagen könnten von der Flutwelle und den Erschütterungen erheblich beeinträchtigt worden sein.[4]

WELT u.a. melden: Es sind im Nordosten Japans mindestens vier Kernkraftwerke beschädigt worden. Mehrere Tausend Anwohner eines der beiden Atomkraftwerkblöcke in der Provinz Fukushima wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Grund sei die Angst vor einem möglichen radioaktiven Leck, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press unter Berufung auf lokale Behörden. In mindestens einem Reaktor ist die Kühlung ausgefallen. Wegen des Bebens hatten sich nach Angaben der Regierung in Tokio elf japanische Atomkraftwerke automatisch abgeschaltet. Am Atomkraftwerk Onagawa brach ein Feuer in einem Turbinengebäude aus, konnte aber inzwischen gelöscht werden.[5] [6] [7]

Das Risiko einer Kernschmelze mit anschließender radioaktiver Verstrahlung ist durch die automatische Schnellabschaltung von Reaktoren NICHT gelöst. Aufgrund der unkontrolliert freigesetzten Nachwärme besteht weiterhin eine hohe Gefahr,vor allem, wenn die Kühlung, wie offenbar zumindest in einem Block in der Region  Fukushima geschehen, ausfällt. Das wesentlich geringere Erdbeben der Stärke 6,6 im Juli 2007 in der Provinz Niigata führte in der aus sieben Reaktoren bestehenden weltgrößten Atomanlage Kashiwazaki-Kariwa zu etwa 50 technische Defekte registriert, die der Betreiber zunächst nicht gemeldet hatte.[8]

 

Als besonderes Problem könnte sich zeigen, dass alle betroffenen Reaktoren als Siedewasserreaktoren ausgeführt sind. Bei diesen wird der Wasserdampf zum Antrieb der Turbinen direkt radioaktiv erhitzt, während bei den in Europa gebräuchlicheren Druckwasserreaktoren ein weiterer Kreislauf dazwischen geschaltet ist, über den per Wärmetauscher der Wasserdampf erzeugt wird. Der radioaktive Kreislauf ist somit nicht auf den Sicherheitsbehälter beschränkt. Somit die die Gefahr einer Freisetzung von Radioaktivität bei Siedewasserreaktoren wesentlich höher!

 

 

Die japanischen AKWs in der am stärksten betroffenen Region:

Fukushima Daiichi: sechs Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1971

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_Daiichi

 

Fukushima Daini: vier Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1982

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_Daini

 

Onagawa: drei Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1984

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Onagawa

 

Tōkai: ein Block, Siedewasser, Baujahr 1966

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_T%C5%8Dkai

 

 

 

 

 

 

 


[1] https://www.tagesschau.de/ausland/erdbebenjapan110.html

[2] https://www.tagesschau.de/ausland/akwsicherheit104.html

[3] https://www.focus.de/panorama/welt/erdbeben-angst-vor-radioaktivem-leck-anwohner-auf-flucht_aid_607508.html

[4] https://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B08746679EDCF370F87A4512/Doc~EE85CC7C71A9A4FCDA6B01FBC0B97E9AA~ATpl~Ecommon~Scontent.html

[5] Quelle: u.a. https://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article12776626/Japanische-Regierung-ruft-atomaren-Notstand-aus.html

[6] https://www.focus.de/panorama/welt/erdbeben-angst-vor-radioaktivem-leck-anwohner-auf-flucht_aid_607508.html

[7] https://www.sueddeutsche.de/panorama/erdbeben-zehn-meter-tsunami-trifft-japans-kueste-1.1070525

[8] https://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article12776626/Japanische-Regierung-ruft-atomaren-Notstand-aus.html

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Abfahrt Castor Karlsruhe

(Glaskokillen, aus der WAA von Karlsruhe) Uhrzeit steht noch nicht fest bzw. ist noch nicht bekannt …