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Entsorgung Laufzeitverlängerung

Fünf Bundesländer reichen Klage gegen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ein

Fünf Bundesländer haben heute beim Bundesverfassungsgericht eine gemeinsame Klageschrift zu den Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke eingereicht. Neben Nordrhein-Westfalen haben sich Rheinland-Pfalz, Berlin, Brandenburg und Bremen der Klage angeschlossen. Die Bundesländer wollen mit ihrer Klage die Durchführung eines abstrakten Normenkontrollverfahrens nach Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes erreichen. „Die Laufzeitverlängerung durch die Bundesregierung ist unserer Meinung nach klar verfassungswidrig und daher nichtig“, sagten die beiden NRW-Minister Harry K. Voigtsberger (Wirtschaft) und Johannes Remmel (Klimaschutz). Sie stimmen darin überein, dass nach dem Grundgesetz die Atomgesetznovelle nur mit Zustimmung des Bundesrates hätte erlassen werden dürfen. „Die Bundesregierung hat den Weg der Konfrontation gewählt, indem sie den Konsens zum Atomausstieg aus dem Jahre 2002 ohne zwingenden Grund aufgekündigt hat“, betonten beide Minister.

Das 11. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes regelt die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke, in dem es den einzelnen Atomkraftwerken zusätzliche Stromproduktionsmengen zuweist. „Das ganze Gesetz ist ein Hinterzimmergesetz, formuliert, gefordert und durchgedrückt von den Atomkonzernen und gebilligt durch Bundesumweltminister Norbert Röttgen“, kritisierte NRW-Klimaschutzminister Remmel.

„Die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist gesellschaftlich nicht mehrheitsfähig, umwelt- und energiepolitisch ein Rückschritt, volkswirtschaftlich unsinnig und wettbewerbsschädlich“, sagte Wirtschaftsminister Voigtsberger. „Zudem ist sie gesetzeswidrig, weil sie ohne Beteiligung der Bundesländer beschlossen wurde. Der Atomausstieg und das Erneuerbare Energiengesetz der rot-grünen Bundesregierung hatten Bewegung und Wettbewerb auf den Energiemarkt gebracht. Neue Anbieter wie die Stadtwerke sind auf den Markt gekommen. Sie hatten in effizientere Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung und in erneuerbare Energien investiert. Diese Erfolgsgeschichte beendet die Bundesregierung mit einem Federstrich. Die Folgen sind schon zu sehen: Der Vertrauensschutz ist dahin, milliardenschwere Investitionen in den Bau neuer, hocheffizienter Kraftwerke liegen auf Eis oder werden abgeblasen. NRW wie die Bundesrepublik brauchen eine nachhaltige Energieversorgung ohne Kernkraft.“
Klimaschutzminister Johannes Remmel sieht die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke als einen Widerstreit zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Energiekonzepten der Zukunft an: „Wir müssen uns die Frage stellen: Wollen wir die Zukunftschancen mit erneuerbaren Energien, mehr Energieeffizienz und modernste Kraftwerkstechnik nutzen oder wollen wir zurück in die Vergangenheit mit einer Risikotechnologie namens ,Atomkraft‘? Die Bundesregierung hat diese Frage beantwortet: Sie nimmt Risiken für Mensch und Umwelt in Kauf, festigt das Monopol der großen Energiekonzerne und gibt keine wirklichen Antworten darauf, wie wir den Energiebedarf der Zukunft decken und gleichzeitig die Klimaschutzziele nachhaltig erreichen wollen.“

Remmel weiter: „Die Zukunft gehört den regenerativen Energien – Wind, Sonne, Biogas und der Kraft-Wärme-Kopplung. Der komplette Atomstrom kann in den nächsten Jahrzehnten mit regenerativer Stromerzeugung ersetzt werden, das hat sogar die aktuelle Bundesregierung bestätigt.“ Für den NRW-Minister führt grundsätzlich kein Weg an einer dezentraleren Energieversorgung vorbei und wie dies gehe, sei in NRW schon eindrucksvoll gezeigt worden. Remmel: „Die kommunalen Stadtwerke werden in Zukunft eine wichtigere Rolle bei der Frage nach der künftigen Energiestruktur wahrnehmen. Die Pro-Atom-Entscheidung der Bundesregierung gefährdet jedoch die Investition der kommunalen Energieversorger in Höhe von sechs Milliarden Euro.“

Die Klageschrift enthält unter anderem folgende Begründungen:

Durch das Laufzeitverlängerungsgesetz (11. Atomgesetznovelle) werden die Strommengen, die die bestehenden Kernkraftwerke in Deutschland noch produzieren dürfen, erheblich erhöht. Dadurch sollen sich, so die Begründung zur Atomgesetznovelle, die jeweiligen Restlaufzeiten der Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre verlängern – die Restlaufzeiten werden in der Praxis sogar noch deutlich länger werden. Diese Verlängerung der Laufzeiten setzt zwingend auch die Zeit der staatlichen Aufsicht über die Atomkraftwerke und damit die mit der Bundesauftragsverwaltung einhergehenden Eingriffe der Verwaltungshoheit der Länder fort. Die Bundesregierung kann jederzeit Anweisung zum Vollzug der Atomaufsicht geben und damit in die verfassungsmäßige Verwaltungshoheit der Länder eingreifen. Diese Verlängerung der Bundesauftragsverwaltung hätte daher der Zustimmung des Bundesrates bedurft.

In dem Schriftsatz wird weiter ausgeführt, dass eine Zustimmung des Bundesrates zur Elften Atomgesetznovelle auch deswegen erforderlich ist, weil diese Regelung die Bedeutung und Tragweite der Verwaltungsaufgaben, die die Länder nach dem Atomgesetz im Auftrag des Bundes zu vollziehen haben, wesentlich verändert. So wird die Aufsicht über die Atomkraftwerke im Umfang wesentlich erhöht, unter anderem durch neue Aufgaben als vor der Laufzeitverlängerung. Vor dem Hintergrund der Erhöhung der Restlaufzeiten sind die Kernkraftwerke sicherheitstechnisch umfassend zu überprüfen, zu bewerten und in viel größerem Umfang als im Rahmen der bisherigen Restlaufzeiten nachzurüsten.

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Hrsg: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen – Pressereferat Schwannstraße 3, 40476 Düsseldorf
Internet: https://www.umwelt.nrw.de/ministerium/presse/

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Laufzeitverlängerung

Saarland gegen Laufzeitverlängerung

Saarland gegen Laufzeitverlängerung im Bundesrat

Saarbrücken, 7.11.2010. Das Saarland wird nach Aussage von Umweltministerin Simone Peter zusammen mit anderen Ländern im kommenden Umweltausschuss des Bundesrates die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken über die im Atomgesetz bisher festgelegten Reststrommengen hinaus ablehnen.

Bezugnehmend auf den Beschluss des Deutschen Bundestages zum „Elften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“ fordern die Länder die Einberufung des Vermittlungsausschusses. Das vom Bundestag am 28. Oktober beschlossene Gesetz sieht die Verlängerung der Laufzeiten aller 17 deutschen Atomkraftwerke durch eine Erhöhung der festgeschriebenen Reststrommengen vor.

„Die Laufzeitverlängerung hat zur Folge, dass in Deutschland Atomkraftwerke bis zum Jahr 2040 weiterbetrieben werden. Es ist aber weder ein Endlager für hochradioaktive Abfälle vorhanden oder absehbar noch wird ausreichend Vorsorge gegen einen gezielten terroristischen Flugzeugabsturz getroffen. Mit der Laufzeitverlängerung würde zudem den vier großen Energieversorgern eine zusätzliche Erzeugung von großen Strommengen aus bereits abgeschriebenen Atomkraftwerken ermöglicht. Dies stellt einen erheblichen Eingriff in den Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt dar und behindert den Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ so Umweltministerin Peter.

Erst im Bundesratsplenum am 26.11. würden die vom Bundestag beschlossenen Einzelgesetze zum Atomgesetz, der Brennelementesteuer und des geplanten Energie- und Klimafonds dezidiert behandelt. Der am vergangenen Freitag vom Bundesrat behandelte Antrag einiger Länder, der unter anderem die Ablehnung der AKW-Laufzeiten enthielt, sei zwar vom saarländischen Umweltministerium im Umweltausschuss des Bundesrates unterstützt, aber ohne konkreten Bezug auf die Gesetzesbeschlüsse gestellt worden. Diese Gesetze seien erst vergangene Woche Gegenstand der Bundestagssitzung gewesen.

Da der Antrag mehrere Aspekte des Energiekonzepts der Bundesregierung kritisch bis ablehnend behandelt habe, habe ihn kein Land mit CDU- oder FDP-Beteiligung unterstützt – weder in den Koalitionen mit der SPD noch mit den Grünen.

„Die saarländische Landesregierung hält gemäß Koalitionsvertrag am gesetzlich festgelegten Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie fest. Im Bundesrat wird das Saarland deshalb Gesetzesinitiativen, die die Verlängerung der Nutzung der Atomkraft zum Ziel haben, ablehnen.“ so Peter abschließend.

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Laufzeitverlängerung Störfalle

Weiterer Werdegang des Ausstiegs-Ausstiegsgesetz

Atomgesetz-Novellen diese Woche im BT und am 26.11. abschließend im Bundesrat

Die Atomgesetz-Novellen 11 (Laufzeitenverlängerung) und 12 (Sicherheitsanforderungen) werden diese Woche am Donnerstag im Bundestag abschließend beraten, am 26. November muss dann der Bundesrat entscheiden.

Am 26.10. tagt der federführende Umweltausschuss des BT, bis Mitternacht muss er seinen Abschlussbericht abliefern. Am Donnerstag ab 9 Uhr werden die Atomgesetznovellen (und auch das Gesetz zur Brennelementesteuer) in 2./3. Lesung im Plenum abschließend beraten. Dazu wird es voraussichtlich eine ganze Reihe namentlicher Abstimmungen etc. geben, so dass sich das Ganze bis in den Mittag hineinziehen könnte. Doch die Koalitionsmehrheit steht.

Nach Verabschiedung im BT gehen die Gesetze an den Bundesrat, der gemäß der regulären Fristen in seiner Sitzung am 26. November über die Gesetze zu entscheiden haben wird.

Da die 11. und 12. Atomgesetznovellen als Einspruchsgesetze formuliert sind – und der Bundesrat selber dies nicht ändern kann, auch wenn er mehrheitlich anderer Meinung sein sollte – brauchen die Gesetzesvorlagen keine zustimmende Mehrheit des Bundesrates.

Die Zustimmungspflichtigkeit zu überprüfen kann erst der Bundespräsident und im Fall massiver Zweifel, könnte er seine Unterschrift verweigern. Danach kann das unterzeichnete Gesetz vor dem BVerfG beklagt werden.

Der Bundesrat am 26.11. kann daher nur entscheiden, ob er den Vermittlungsausschuss (und mit welchen Gründen welche Teile der Gesetze) anruft. Dafür braucht es eine Mehrheit der Stimmen, sprich: 35. Rot-Grün,
Rot und Rot-Rot haben 21 Stimmen, Für die VA-Anrufung bräuchte es also noch 14 weitere Stimmen, die aber Länder beisteuern müssten, die von der CDU bzw. CSU mitregiert werden. Ob in HH, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen oder Sachsen-Anhalt kann die Union gegenüber ihren Koalitionspartnern von SPD oder Grünen die Koalitionskarte ziehen und damit Enthaltung des eigenen Landes erzwingen. Dass schwarz-gelbe Länder wie Schleswig-Holstein sich gegen die schwarz-gelbe Bundesregierung stellen würden und den VA mit anrufen, ist wenig wahrscheinlich.

Käme es zu einer Anrufung des VA und in ihm wird keine Einigung erzielt, gehen die angerufenen Gesetze an den Bundesrat zurück, der einen Einspruch gegen ein Gesetz mit Mehrheit aussprechen kann, den aber der
Bundestag anschließend mit Koalitionsmehrheit überstimmen kann. Würde er den Einspruch nicht überstimmen, wäre das Gesetz gescheitert. Würde eine Einigung erzielt – im VA per Mehrheit möglich! – muss ihr erst der BT zustimmen und dann der BR billigen, d.h. nicht mit Mehrheit einen Einspruch aussprechen, der wieder vom BT überstimmt werden kann.

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Hintergründe Laufzeitverlängerung Pro Atom

Gutachten Laufzeitverlängerung (Kernenergie.de)

Gutachten: Bundesrat ohne Zustimmung bei Laufzeitverlängerung

Berlin, 13.08.2010 In der Diskussion um ein Zustimmungsrecht des Bundesrats bei der gesetzlichen Gestaltung einer Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke betont der renommierte Staatsrechtsprofessor Rupert Scholz