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Akualisierungen des Buches Atom und Politik drohender Atomkrieg

Trump, die Falken der USA, Saudi-Arabiens neue Elite und Israels Hardliner auf dem Weg zu einem großen Nahostkrieg gegen den Iran

Präsident Trumps Entscheidung, das 5+1-Atomabkommen mit Iran am 9.5.2018 zu kündigen, fällt in eine Zeit ständiger steigender Spannungen in der Region: Der Stellvertreterkrieg im Jenen, der destabilisierte „Failed State“ Libyen, das Kurdenproblem, der Bürgerkrieg im Irak und Syrien. In direkter zeitlicher Folge fliegt die israelische Luftwaffe am 9.5.2018 die massivsten Angriffe auf Syrien seit Jahrzehnten, wobei mehr als 30 iranische Stellungen angegriffen werden.

Geschichte wiederholt sich

2005 wurde von der Clinton-Regierung versucht, ein bilaterales Nuklearabkommen mit dem Iran abzuschließen. Dabei sollte das iranische Anreicherungsprogramm bei etwa 164 Zentrifugen eingefroren werden. Der damalige Berater Bolton argumentierte, dass nichts anderes als „Null-Anreicherung“ akzeptabel sei, das Abkommen scheiterte. Genau dieser Bolton ist seit einem Monat der neue Sicherheitsberater von Trump http://www.handelsblatt.com/politik/international/hardliner-john-bolton-syrien-iran-nordkorea-trumps-neuer-sicherheitsberater-ist-gleich-gefordert/21154988.html. Die Anzahl der installierten Zentrifugen bei Abschluss des Iran-Atomabkommens im Juli 2015 lag bei 19.000. Sie wurden bei Vertrag auf rund 6.000 verringert https://www.zdf.de/nachrichten/heute/hintergrund-das-steht-im-atomabkommen-mit-iran-100.html.

Ziel und Zweck des Vertrages

Das Abkommen hatte – so mangelhaft es auch war – durchaus eine stabilisierende Wirkung gehabt: Der offenkundig angestrebte Bau der iranischen Atombombe wurde zumindest vorübergehend gestoppt und die Entwicklung um etliche Monate, wenn nicht Jahre zurückgeworfen. Laut Aussage im Heute-Journal vom 9.5.2018 stand der Iran „3 Monate vor der Fertigstellung der ersten Atombombe“. Die Begründung der Kündigung durch Trump bezüglich der Nicht-Einhaltung der Atom-Vertragspunkte wird von der kontrollierenden IAEO massiv bestritten https://www.zdf.de/nachrichten/heute/hintergrund-das-steht-im-atomabkommen-mit-iran-100.html.

Ist eine Nachbesserung des Vertrages möglich?

Die Mängel sind unbestritten: Der Bau und die Entwicklung von Raketentechnik wurde nicht erfasst (nur die Zulieferung aus dem Ausland), die Unterstützung von Kräften außerhalb des Staatsgebietes wie in Syrien und im Libanon durch den Iran wurde nicht thematisiert. Trump stellt diese Aktivitäten als „Unterstützung des Terrors“ dar, was zumindest im Fall Syrien völkerrechtlich nicht zu halten sein wird.  Allerdings war auch diese Thematik nie das Ziel des Vertrages. Dieses war hauptsächlich, dem Iran die Produktion von Atomwaffen zu verunmöglichen, zumindest für einige Jahre.

Eine Nachbesserung des 5+1-Abkommens, wie ursprünglich von Trump gefordert und mittlerweile auch von den Teilen der Europäer thematisiert, ist jedoch aussichtslos, da die Hardlinerfraktion im Iran ohnehin das Abkommen nicht wollte und jede Chance nutzen wird, um es endgültig zu sabotieren. Zudem hat die vereinbarte Lockerung der Sanktionen nicht den erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung gebracht, was nicht zuletzt an aufrecht erhaltenen Druck der USA gelegen hat. Weitere Zugeständnisse sind daher im Iran nicht durchsetzbar.

Welche Folgen hat die Kündigung?

Sowohl Israel als auch die sunnitischen arabischen Staaten werden ermutigt, ihren Konflikt mit dem Iran voran zu treiben und dazu neigen, die militärische Eskalation zu suchen (Netanyahu: „Besser jetzt als später“).

Im Iran werden die „Falken“ die Oberhand gewinnen, die gemäßigte Regierung um Rohani wird eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht überstehen. Diese Verschlechterung wird aber die umgehende Folge der Verschärfung der Sanktionen sein. Vermutlich wird die Regierung Rohany die nächsten Monate nicht überstehen.

Der Iran wird beim endgültigen Scheitern des Vertrages die Atomwaffenproduktion wieder umgehend aufnehmen. Selbst Rohani droht bereits jetzt schon wieder „mit der Anreicherung von Uran ‚auf industriellem Level‘ zu beginnen.“ Falls seitens des Irans sämtliche Einschränkungen gekündigt werden, dürfte die Zeitspannen bis zur Fertigstellung der ersten Atombombe zwischen 6 und 24 Monaten liegen.

Sind die Bedenken des Irans grundlos?

Was bei der ganzen Diskussion („Iran spricht Israel das Existenzrecht ab“) übersehen wird ist, dass eine lange Reihe von Staaten inkl. des Westen inkl. Deutschland nach der Revolution in Persien dem Staat „Iran“ faktisch das Existenzrecht hat nehmen wollen, mit Waffenlieferungen, militärischer Unterstützung und Duldung von Giftgaseinsätzen. (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Golfkrieg).

Damals wurde nach der vom Westen ungewollten Revolution und damit außenpolitisch völlig konträren Neuausrichtung der damals noch smarte Freund des Westens, Saddam Hussein unterstützt, einen Vernichtungskrieg gegen das „Mullahregime“ zu führen. Die Unterstützung ging soweit, dass offen Chemische Produktionsanlagen für Chemiewaffen geliefert wurden: Hängen geblieben ist ein Zitat eines Arbeiters auf die Frage eines deutschen Ingenieurs, „Wir stellen Mittel gegen Ungeziefer her – gegen Wanzen, Flöhe, Heuschrecken, Perser, Israelis.“ (s.a. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13679461.html). An der betreffenden Anlage  in Muthanna stammten 80 % nach Erkenntnissen der Bundesregierung aus Deutschland.

Dass also vor ca. 30 Jahren mit den schlimmsten Mittel ein achtjähriger Vernichtungskrieg mit westlicher Unterstützung gegen den Iran geführt wurde, wird im Westen heute offenbar völlig verdrängt. Im Iran selbst ist das sehr präsent!

Weitere Belege:
https://de.wikipedia.org/wiki/Chemiewaffenprogramm_des_Irak
https://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Golfkrieg#Einsatz_von_chemischen_Kampfstoffen

Ist der Vertrag noch zu retten?

Es ist eine offene Frage, ob die anderen Parteien des Abkommens, Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Russland und China in der Lage sein werden, den Vertrag zu retten.  Dabei muss einerseits der Iran überzeugt werden, sich an die Vereinbarung zu halten. Andererseits müssten diese Staaten ihrerseits die Absprachen einhalten und sich damit im Gegensatz zu Trump und der US-Regierung zu setzen. Selbst dass dies alle Staaten tun werden, ist – trotz der aktuellen Einigkeit – unwahrscheinlich. Vor allem wird es ihnen nicht gelingen,  ihre Industrie und Banken davon zu überzeugen, weiter den Handel mit dem Iran voranzutreiben und damit – mit größter Wahrscheinlichkeit – sämtliche Geschäftsmöglichkeiten mit den USA zu beenden. Der Wert deutscher Exporte lag 2017 bei 3,4 Milliarden Euro, die Summe aller deutschen Exporte betrug dagegen 2017 1.279 Milliarden Euro. Auch wenn die Regierungen mitziehen, werden die Unternehmen und Banken umgehend die neuen Sanktionen der USA umsetzen.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/iran-atom-deal-wie-wirkt-sich-trumps-entscheidung-auf-die-deutsche-wirtschaft-aus-100.html

http://www.consilium.europa.eu/de/policies/sanctions/iran/jcpoa-restrictive-measures/

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/atomabkommen-iran-donald-trump-usa-europa-weltordnung/seite-2

https://de.wikipedia.org/wiki/Iranisches_Atomprogramm

https://www.jungewelt.de/artikel/332249.schwere-tage-f%C3%BCr-rohani.html

https://www.huffingtonpost.de/entry/wie-die-menschen-im-iran-den-ausstieg-der-usa-aus-dem-atomabkommen-sehen_de_5af3ecfee4b0859d11d066b3

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Atom und Politik Entsorgung

Atommüll Jülich in die USA?

Der Atommüll aus dem gecrashten „Forschungs“(?)-Reaktor in Jülich (s.a. HIER) in NRW soll in über 150 Castoren in die USA exportiert werden. Dazu gibt es eine hochinteressante Anfrage der Fraktion „Die Linke“ mit – wenn auch teilweise sehr lückenhaften – Antworten der Bundesregierung.

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik Terrorgefahr

Wie sicher sind die AKW in der Ukraine?

Zusammenfassung des Tagesschauberichtes vom 28.5.:

Die ukrainische Regierung hat die NATO um Beistand bezüglich Sicherheitsmaßnahme zum Schutz ihrer 15 noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke gebeten, und die NATO hat diesem Wunsch entsprochen. NATO-Generalsekretär Rasmussen bestätigte auf einer Pressekonferenz am 19. Mai, dass zivile Experten der NATO die ukrainischen Kräfte unterstützen.: „Ja, wir haben auf Bitten der Ukraine eine kleine Gruppe ziviler Experten in die Ukraine entsandt, um den Behörden zu helfen, die Sicherheit ihrer zivilen Nuklearanlagen zu verstärken.“ Schon im März hatte das Parlament in Kiew um internationale Unterstützung bei der Sicherung der ukrainischen Atomkraftwerke gebeten. In einem Brief an den Generalsekretär der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) warnte Kiew vor „illegalen bewaffneten Aktionen russischer Truppen auf dem Gebiet der Ukraine“ und den „möglichen Auswirkungen auf die Atomenergie-Infrastruktur„. Übergangspremier Arseni Jazenjuk kündigte damals den Einsatz der Armee zur Sicherung der Atomkraftwerke an.

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik Hintergründe Störfälle Vorträge

Folgen von Atomkatastrophen für Mensch und Natur

[Video der Verbreitung der Radioaktivität (Cs-137) über den Pazifik, entnommen dem Beitrag von Ian Fairly]

Internationale Tagung

Folgen von Atomkatastrophen für Mensch und Natur

Schmitten/Arnoldshain, 4. bis 7. März 2014

Die Atomkatastrophen von Tschernobyl, Fukushima und anderen Orten haben gravierende Auswirkungen auf die Menschen, die Natur und die Gesellschaft. Über das jeweilige Ausmaß der Schäden gehen die Meinungen auseinander. VertreterInnen von UN-Organisationen wie die Internationale Atomenergie Behörde (IAEO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Wissenschaftliche Komitee der UN für die Folgen von Strahlen (UNSCEAR) behaupten, es bestünde keine Gefahr für die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung. Dem gegenüber kommen die Untersuchungen von ÄrztInnen und anderen WissenschaftlerInnen, die von der Atom-Lobby unabhängig sind, zum Ergebnis, dass atomare Verstrahlung schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge hat.

Auf dieser Tagung haben sich ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen aus Japan, Belarus, Deutschland, den USA, Frankreich und Großbritannien mit den Folgen der atomaren Niedrigstrahlung befasst. Hierbei wurden vor allem Probleme wie der Anstieg von Krebserkrankungen, Veränderungen im Erbgut, Erkrankungen in der 2. und 3. Generation nach Tschernobyl sowie Nichtkrebserkrankungen behandelt. Ebenso wurden Untersuchungen für die Umwelt vorgestellt.

Nachfolgend finden Sie Kurzbeschreibung der Vorträge und Beträge sowie – soweit bereits vorhanden – Links zu den Materialien. Letztere werden in den nächsten Wochen nachgereicht und ergänzt, sofern sie derzeit noch nicht vorliegen…

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Ian Thomas Ash

Dokumentarfilm A2-B-C

18 Monate nach den Kernschmelzen leiden die Kinder in Fukushima unter schwerem Nasenbluten, bekommen Hautschläge und entwickeln Knötchen und Zysten in der Schilddrüse. Die Mütter nehmen mittlerweile – bedingt durch den unleugenbaren Mangel an Transparenz bei den offiziellen medizinischen Tests ihrer Kinder und durch die Unwirksamkeit der Dekontamination ihrer Häuser und Schulen – die Strahlungsüberwachung in die eigenen Hände.

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Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, Uni Greifswald

Die Gefahren ionisierender Strahlung – ein systematischer Überblick

Durch Radon werden 5 – 10 % der Krebsfälle bei Nichtraucher ausgelöst, bei Rauchern erfolgt eine starke Verstärkung der Wahrscheinlichkeit des Krankheitseintrittes. Der Anteil an Kinderleukämie durch die natürliche Hintergrundstrahlung beträgt 15 – 20%. Die KiKK-Studie belegt: Das Risiko für Kinderleukämie ist in allen untersuchten Ländern gleichgroß!

Die Hiroshima-Studien ist als Grundlage für Langzeitforschung bezüglich der Niedrigstrahlung ungeeignet (Grund: die meisten Einwohner sind verstorben, der Beginn der Erfassung lag 5 – 7 Jahre nach Abwurf der Bombe, die „Kontrollgruppe“ stammte aus Fallout-Gebiet, die Belastung dort lag bei ca. 10 mSv, daher sind alle Interpretationen unterhalb dieses Wertes wertlos.)

Eine neue Studie hat ergeben, dass das Risiko an Krebs zu erkranken, dreimal höher ist als bei Nicht-Exposition.

Bei CT[1]-Untersuchungen ist die Gefahr von  Chromosomenschäden um den Faktor 2,5x höher, das ist ein Indikator für ein höheres Krebsrisiko (Leukämie, Hirntumore), Die Folge ist, dass nicht mehr wie bisher CTs bei vermuteten Hirntrauma bei Kinder vorgesehen sind laut einer Änderung der Anweisungen des Bundesgesundheits­amtes! In den USA sind 29.000 Krebserkrankungen pro Jahr durch Röntgen belegt.

Die Strahlung verursacht auch andere Erkrankungen wie Herzinfarkt, das Risiko wird damit etwa verdoppelt. Belegt wird dies durch eine Studie mit Untersuchungen des Herzinfarktrisikos nach vorausgegangenem Röntgen. Fazit: Selbstverständlich gibt es auch unter 100 mSv Risiken!

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Prof. Inge Schmitz-Feuerhaken

Genetische Folgen ionisierender Strahlung

Bisher werden nur die dominanten Erbkrankheiten einer Bevölkerung in der 1. Generation betrachtet. Der Wert für das absolute Strahlenrisiko für genetische Schäden bei Bestrahlung wurde durch ICRP[2] von 0,2% auf 1,3% pro Sv hoch gesetzt. Es ist zwischen Krebsrisiko und genetischem Risiko zu unterscheiden, letzteres „soll“ jedoch „sehr viel kleiner sein“ (so die ursprüngliche Annahme).

Die normalen Erbkrankheiten beim Menschen sind: Mendelsche Erbkrankheiten (Fehlbildungen, mehr männliche Nachkommen …), strukturelle Veränderungen der Chromosomen (Down-Syndrom), polegenische Erkrankungen (organische Fehler wie Herzfehler, Schizophrenie, Krebs bei Kinder exponierter Eltern).

Der Anstieg der Fehlbildungen bei Kindern im ersten Jahr nach Tschernobyl war auch in den Nachbarländern bis nach Bayern erkennbar, es gab aber auch spätere Fehlbildungen. Ein Register in Weißrussland belegt Anstiege zwischen 39 und 900% (zusätzliche Gliedmaßen) in 1987 bis 1994 in die 17 höchstbelasteten Gebiete.

Chromosomstudien an Fehlgeburten belegen dies.

Geschlechterverhältnisse bei Geburten von Sellafield-Mitarbeiter mit Belastung > 10 mSv ergab 1.396 statt 1.055 Jungen auf 1.000 Mädchen. Ein ähnliches Verhältnis gibt es bei Kardiologen aufgrund der häufigeren Strahlenbelastungen. Ebenso gibt es einem deutlich erkennbaren, wenn auch deutlich geringer Anstieg nach Tschernobyl.

In Berlin wie in Weißrussland ist 9 Monate nach Tschernobyl ein deutlicher Anstieg des Downsyndroms erkennbar. In Berlin war der Effekt einmalig, in Weißrussland gab es Folgeeffekte.

Hier der Link zu dem Vortrag

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Dr. Hisako SAKIYAMA, Japan

Mechanism of radiation induced aging

Alterung und strahlungsindizierte nicht-onkologische Krankheiten

Strahlung verursacht Alterung. Bei Hiroshima-/Nagasaki-Opfer sind neben Strahlungsschäden auch Herz- Atemweg und Verdauungstrakt-Erkrankungen festzustellen. Arteriosklerose[3] ist ein Vorzeichen für Herzinfarkte und kann durch Alterung, aber auch durch Strahlung ausgelöst werden. Strahlung löst verschiedene Krankheiten gleichzeitig aus und beschleunigt so das Altern. Auch wenn das Wachstum beendet ist, teilen sich die Zellen, auch die Stammzellen weiter. Bestrahlung beschädigt durch Radikalenbildung die Zellen.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Ian Fairlie, u.a. Berater des EP für radiologische Fragen

Fukushima and Chernobyl: Comparison of Source Terms and Health Effects

Fukushima – die Krise geht weiter

Die Explosion im Reaktor III war laut Fachleuten aus den USA eine Nukleare Explosion! Bei den Todesfällen in Fukushima wurde bisher die Langzeitfreisetzung von Strahlung nicht beachtet. Es gab zahlreiche Tote, vor allem ältere Menschen, z.B. bei der Evakuierung durch Stress.

Sieben „Zivile Soldaten“ starben bei den Explosionen, 140.000 Menschen wurden evakuiert. 20% des Stadtgebietes von Tokyo waren von Niederschlägen betroffen. Verteilung der Strahlung war eine „weltweites Ereignis“, u.a. die Westküste der USA war betroffen (s. Video, Link a Ende). Aktuell werden die zulässigen Grenzwerte beim Wasser um den Faktor 600 überschritten. Viele der 12.000 Arbeiter wurden mit deutlich über 250 mSv verstrahlt. Die Reaktorkerne schmelzen vermutlich in den Boden und setzen über andauernde Mini-Explosionen weiter Radioaktivität frei. Die Belastung wird für mindestens 60 bis 70 Jahre anhalten. 300 t an hochkontaminiertem Wasser strömen täglich ins Meer. Die Katastrophe läuft immer noch, nach drei Jahren weiter. Tschernobyl war nach zwölf Tagen beendet. Die freigesetzte Menge in Tschernobyl war ca. 3 – 5 x (Cs) höher, die größte Menge an Radionukliden in Fukushima wird über dem Meer freigesetzt. 60% der Niederschläge  bei Tschernobyl kamen außerhalb der UdSSR herunter. Der Fischfang in Japan war im Januar 2013 bis zum 5.000-fachen der Grenzwerte belastet.

Laut der WHO gibt es bei Schilddrüsenkrebses ein um 70% höheres Risiko, bei Brustkrebs +6%, bei Leukämie +7%. Anhand von Tschernobyl hochgerechnet wird es im 1. Jahr mehr Kindersterblichkeit, mehr Leukämie und einen Rückgang der Geburtenzahlen geben, nach wenigen Jahren einen Anstieg der Leukämiefälle, nach zehn Jahren werden die Krebserkrankungen und Herzerkrankungen deutlich steigen. In Japan finden aktuell keine Untersuchungen auf Häufung der Leukämiefälle statt. Der Anstieg der Schilddrüsenkrebserkrankungen wird in Fukushima in 2015 erwartet. Nach Schätzung aus den USA (Frank von Hippel) wird es ca. 1.500 Tote nach Fukushima geben, eine eigne Studie geht von 3.000 Toten aus, mit ebenso vielen rechnet UNSCEAR. Die Zahlen zu Tschernobyl: Fairlie and Summer, 2006: 60.000 Tote, Anspaugh (1998): 48.000 Tote.

Die Bergung der Brennstäbe in Reaktor IV ist angelaufen. Aktuell werden fünf Brennelementen pro Tag geborgen, es wird mit einer Dauer bis zum Jahresende gerechnet. Die größte Gefahr ist, dass Elemente in Brand geraten, das Risiko ist extrem hoch und es bleibt ein extrem hohes Risiko.

Hier der Link zu dem Vortrag

Hier der Link zu dem Video der Strahlungsausbreitung

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Dr. Irie Norio

Statement and Opinions of Japanese Scientific association to Fukushima

Erklärung und Meinungen der japanischen Wissenschaftliche Vereinigung nach Fukushima

Die Ergebnisse einer Studie zeigten, dass die Schäden durch Rauchen etc. viel höher sind als die Schäden durch Strahlung. Auch der psychologische Faktor ist wesentlich höher. Der Pedriatischer Verband Japan hat veröffentlicht: bis 100 mSv gibt es keine Beweise für ein erhöhtes Krebsrisiko. Die Veröffentlichungen der zuständigen Stellen wurden allerdings den unbestreitbaren Erkenntnissen angepasst, so z.B. die Aussage „unter 100 mSv gibt es kein Risiko“ in „über 100 mSv besteht ein Risiko“ geändert werden.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Dr. Winfried Eisenberg

Leukämie bei Kindern

Die KiKK-Studie, 2003 bis 2007 erstellt, wurde kurz dargestellt: 1.592 erkrankten Kindern wurden 4.735 gesunde Kinder gegenübergestellt. Untersuchungszeitraum lief über 24 Jahre (1980 bis 2003). Ab 1980 wurden alle Kinderkrebserkrankungen in Mainz registriert. Es wurden alle damaligen AKW-Standorte untersucht inkl. der Nachbarkreise, vor allem in Nordöstlicher Windrichtung. Ergebnisse: Im 5-km-Radius erhöhten sich bei Kleinkinder (< 5 Jahre) die Erkrankungskrebsraten um 60%, bei Leukämie sogar um 120% (absolute Zahlen: 77 statt 48 und 37 statt 17). Zudem gab es eine Verschiebung von Jungen- zu Mädchengeburten bei der Asse 100: 142 (1971 – 2009).

Hier der Link zu dem Vortrag

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Dr. Alfred Körblein

Säuglingssterblichkeit nach Fukushima

Untersucht wurden die Gebiete, die deutlich erhöhte Strahlungsmengen abbekommen haben. Hier wurden die Kindersterblichkeitsraten dieser Gebiete mit Gebieten im restlichen Japan verglichen. Saisonale Einflüsse spielen eine Rolle. Die Untersuchung lief von Februar 2002 bis März 2011 an 2 x 132 Datenpunkten. Referenzmonat war jeweils der Januar. Insgesamt wurden 15 Parameter verwenden, auch z.B. andere Industriebelastungen. Es zeigte sich eine deutliche Steigerung nach dem März 2011 in der Region Fukushima. Nachweislich gibt es 55 zusätzliche Sterbefälle in Fukushima.

Es gab einen weiteren scheinbar unerklärlichen Peak bei 2009. (Anm. des Verfassers: Dieser könnte erklärt werden dadurch, dass am 25. Mai 2008 versagten bei einem Test in Reaktorblock 6 mehrere Notkühlsysteme. Die NISA (= japanische Atomaufsichtsbehörde) stufte den Vorfall als „Störung“ (Stufe 1) auf der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse ein.[4])

Die Sterblichkeitsrate von Neugeborenen in Deutschland zeigt eine deutliche Steigerung zehn Monate nach Tschernobyl, ähnliches ist bei polnischen Daten zu sehen, dort existiert in bestimmten Regionen im April 1987 ein extrem starker Anstieg.

Im Dezember 2011 gab es 10% weniger Lebendgeburten, in den anderen Monaten gab es keine Abweichungen. In den sieben Präfekturen gab es Abweichungen zwischen – 5% und – 18%, im Rest Japans dagegen nur – 3%. Auch in Tschernobyl gab es im Januar 1987 – 17% Abweichung, davor und danach auch wieder nur geringe Abweichungen. Die von japanischer Regierung verbreitete Erklärung „psychische Belastung“ greift offenkundig nicht, da die Werte genau und nur in dem einen Monat extrem schwankten.

Hier der Link zu dem Vortrag

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Keith Baverstock

IAEO – WHO Connection and the information policy following Fukushima

Die Rolle von WHO und IAEA

Beide Organisationen haben in den ersten Tagen völlig versagt. Am Tag 2 um 6:50 Uhr schmilzt der Reaktorkern 1, am 3. Tag explodiert Reaktor 3, am 4. Tag Reaktor 2. Ab Tag 2 21:50 Uhr wurde ein 20-km-Umkreis evakuiert, Iodtabletten wurden von staatlicher Seite oder TEPCO zu keiner Zeit ausgegeben.

Die ersten Meldungen der WHO bezogen sich auf den Tsunami, die Radioaktivität war kein Thema. Darüber wurde erst ab dem Tag 4 berichtet, allerdings als Warnung an Hawaii, weniger an Japan. Bisher war nichts auf der Website der WHO veröffentlicht. Dasselbe lief bei der IAEA bis Tag 3, danach wurden die Abläufe geschildert, aber nichts über die Freisetzung von Radioaktivität.

Eigentlich hätte Folgendes passieren sollen: 1994 war ein europäisches Büro in Rom der WHO mit dem Aufbau eines Warnsystems für die Folgen eines Atomunfalls beauftragt worden als Schlussfolgerung aus dem Unfall in Tschernobyl.

Einzig die finnische Atomüberwachungs-Organisation STUK reagierte, aber nur auf Finnisch und teilweise auf Schwedisch, die Website brach wegen Überlastung mehrfach zusammen. Nach Tschernobyl hatte das europäische Büro am 2. Tag reagiert …

Der Ort Itate war auch nach einem Monat nicht evakuiert, obwohl die radioaktiven Belastungen genauso hoch waren wie in der 30-km-Evakuierungszone in Tschernobyl. UNSCEAR hat vorliegenden Informationen über die Belastungen in Fukushima bis heute nicht dort veröffentlicht.

2012 veröffentlichte die WHO Zahlen über die Dosen und 2013 über die gesundheitlichen Folgen. Es gibt jedoch keinerlei Informationen über die Belastungen vor Ort in den ersten Wochen.

Die Heraufsetzung der Belastungsgrenze auf 20 mSv bringt nach Schätzung des Referenten eine Erhöhung des Krebsrisikos um 7% in den nächsten 10 Jahren.

(Anmerkung Dr. Claußen: Die WHO wird heute im Gegensatz zur früher nur noch zu etwa 25 – 30% von den Staaten finanziert, den Rest tragen internationale Unternehmen wie z.B. die Gates-Stiftung.)

Hier der Link zu dem Vortrag

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Katsumi Furitsu

Critiques on the radiation standards of ICRP, UNSCEAR and

WHO in relation to Tschernobyl and Fukushima

Kritik an den ICRP Empfehlungen und an den Gesundheitsratschlägen der WHO und UNSCEAR zu Tschernobyl und Fukushima

Die japanischen Behörden haben es versäumt, die Menschen ihren Aufgaben gemäß über die tatsächliche Gefährdung zu informieren. Hätten sie das getan, dann hätten die Menschen angemessen reagieren können. So wurde nicht genügend evakuiert, die Grenzwerte von 1 mSv auf 20 mSv erhöht (auch für Kinder) und behauptet, „die Strahlung sei unter Kontrolle“. Zudem wurde immer wieder verbreitet, unter 100 mSv bestünde keinerlei gesundheitliche Gefahr für Menschen. Die Dosis für Arbeiter wurde auf 250 mSv heraufgesetzt. Die Arbeiter vor Ort sind bis heute nicht gewerkschaftlich organisiert.

Die Prinzipien der ICRP:
1. Nur bei Nettogewinn werden Schutzmaßnahmen umgesetzt,
2. Der Nutzen für die Industrie soll größtmöglich sein
3. Auch die Festsetzung der Grenzwerte ist gewinnorientiert zu betrachten.

Es gibt eine Rechenformel, um das zu ermitteln, dabei wird der Wert eines Menschen mit 10.000 $/Sv eingesetzt. Zwischen Entwicklungs- und Industrieländern wird ebenfalls unterschieden.

ICRP definiert 70% Risikoerhöhung als „nicht relevant“. Ein Gesundheitsrisiko für die Arbeiter sei nicht erkennbar. Andere Erkrankungen außer Krebs als Folge werden völlig verleugnet. WHO und UNSCEAR werden als „internationale Autoritäten“ zum Thema dargestellt.

(Anmerkung: In Deutschland gelten 50 mSv/a als Evakuierungsgrenzwert)

Die Frage, ob es stimmt, dass die japanische Mafia Arbeiter zwingt unter extrem Bedingungen inkl. schlechter Bezahlungen in Fukushima zu arbeiten, wird bestätigt. Die meisten Arbeiter heute sind von Subunternehmen. Die Angaben zu den radioaktiven Belastungen der Arbeiter stammen von TEPCO (Gelächter im Auditorium).

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Dr. Kaoru KONTA

Gesundheitssituation in Fukushima

Nach den Katastrophen wurden Dosimeter an 360.000 Kinder verteilt. Diese addieren nur die Strahlung für ein Jahr auf und werden dann ausgewertet. Die Kinder glauben, die Dosimeter hätten eine Warnfunktion.

74 Kinder in der Region sind an Schilddrüsenkrebs erkrankt. Vor dem Unfall gab es in der Klinik ca. 100 Patienten pro Tag, danach das Doppelte. Die Menschen vor Ort waren häufig dehydriert, weil sie in den Notunterkünften nicht auf die Toiletten gehen wollten. In den Supermärkten gab es keine Nahrungsmittel. Ärzte aus Weißrussland kamen angeblich zur Beratung der Menschen, hatten aber offenkundig einen Maulkorb verordnet bekommen.

Die Berge in Japan haben offenbar eine stärkere Ausbreitung der Radioaktivität in Richtung Westen verhindert. Es gibt grundsätzlich eine Zunahme der Todesfälle nach dem Unfall. Die Steigerung von Adipositas (Fettsucht) wird auf den Mangel an Bewegung zurückgeführt. Ärzte wurden angewiesen, den Patienten nicht die Untersuchungsergebnisse mitzuteilen.

Die finanzielle Unterstützung der freiwillige Evakuierten in der Präfektur Fukushima endete 2013. Neue Unterkünfte für Evakuierte werden teilweise in radioaktiv belastete Gebiete untergebracht.

Hier der Link zu dem Vortrag

Hier der Link zu einem Comic, der das Leben eines Fischer bei der Katastrophe darstellt

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Yussayuki Tane’ichi

Bericht Fukushima

Prof. Dr. Jun’ichi Yamashita, Vizepräsident der Fukushima Medical University und oberster Gesundheitsberater der Präfektur Fukushima, eine ärztliche Autorität aus Nagasaki, vertrat in vielen öffentlichen Veranstaltungen die These, dass unter 100 mSv keinerlei Gefahr bestünde. Ohne Widerspruch der Regierungsstellen wurde daraus schnell „100 mSv/p.a.“! Das ist eine völlig andere Aussage, war aber offenkundig bewusst missverständlich formuliert. Es gab in der Folge 400.000 Abwanderungen aus Japan in 2011, insgesamt 600.000.

Behandlungskosten für Betroffene wurden erlassen. Das gilt nur in der Region Fukushima, nicht für Evakuierte in anderen Regionen. Das Ziel ist offenkundig, die Menschen zurück nach Fukushima zu holen.

Ab 2014 wird es ein privat initiiertes Projekt geben, um Kinder nach Matsomoto zu evakuieren.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Larisa Danilowa, Yuri Demidchik

Endocrine diseases in the post-Chernobyl time in Belarus

Erkrankungen der Hormondrüsen nach Tschernobyl in Weißrussland

Es gab nach der Katastrophe keine Infos zur Prophylaxe. Die Bevölkerung informierte und versorgte sich selbst. In Weißrussland gab es in den 1970er Jahren einen leichten Iodmangel. Die Liquidatoren wurde mit Iod versorgt. in Polen lief dagegen die Versorgung auch für die Bevölkerung. Mehr als 10 Mio. Kinder wurden dort ordnungsgemäß versorgt.

Es gab in Weißrussland auch praktisch keine Ultraschallgeräte. Erste Untersuchungen (Prof. Mettler, 1992) ergaben keine Probleme mit Schilddrüsenkrebserkrankungen. Ein Projekt des Roten Kreuzes (1998 – 2008) ergab dagegen 23.700 Knoten und 500 Krebserkrankungen. Die höchste Belastung an Iod betrug in Pinsk 1.000.000 Bq/m2. Bis heute sind Häufungen von Schilddrüsenerkrankungen zu beobachten, die auf das radioaktive Iod 1986 zurückzuführen sind. Insgesamt gab es 21.000 Schilddrüsenkrebserkrankungen. Die Erkrankungen stiegen dabei vom 1 Fall auf 100.000 bis zu 20 auf 100.000.

Eine Untersuchung zwischen Weißrussland und den USA ergab einen Zusammenhang zwischen radioaktivem Iod und einer Schilddrüsenunterfunktion.

Hier der Link zu dem Vortrag

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Olga Zubets

Cancer epidemiology in the Republic of Belarus

Krebs Epidemiologie in Weißrussland

Es gibt Daten über 25 Jahre. Vorhanden sind über 1 Mio. Aufzeichnungen über Patienten. Die Anzahl Erkrankungen wächst jedoch schon von Anfang der Untersuchungen an, also auch vor 1986, 1986 selbst gab es keine signifikanten Anstieg. Anders sieht es bei Schilddrüsenkrebserkrankungen, vor allem bei Frauen aus.

Lagen die Werte an Schilddrüsenkrebsneuerkrankungen bis 1986 noch nahezu bei „0“ und bis 1990 unter „20“, so werden seit 1999 die „200“ regelmäßig überschritten.

Die Sterblichkeitsrate bei Frauen ist deutlich höher als bei Männern.

Hier der Link zu dem Vortrag

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Prof. Dr. Mikhail MALKO

The Chernobyl accident and its consequences

Der Tschernobylunfall und seine Folgen

Es gab in Tschernobyl, anders als in Fukushima, keine Wasserstoffexplosion. dagegen war Uran an der Explosion beteiligt. 10 Tage lang wurden Radionuklide freigesetzt. Der mittlere aufgenommen Strahlungswert im Durchschnitt betrug 1,2 mSv. In Chudziany wurden 300 mSv aufgenommen. Die Region Gomel ist die höchst belastete, 10% der Krebsfälle in dieser Region wurden durch die Strahlung verursacht. Es scheint einen direkten Zusammenhang zwischen Strahlungsmenge und Krebserkrankungen zu gegeben, dies ist für viele Krebsarten belegbar.

(Anmerkung des Verf.: Die Zahlen und Fakten erschienen häufig unschlüssig und nicht belegbar, so die Auskunft zu den Liquidatoren: sie seien weniger radioaktiv belastet gewesen als die Normalbevölkerung …)

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Prof. Dr. Timothy Mousseau

Biologische Folgen von Tschernobyl und Fukushima

Der Zusammenhang zwischen nuklearen Unfällen und den Auswirkungen auf Organismen ist nach wie vor ungeklärt. Es gab zu Beginn unserer Arbeit die Behauptung, der „Natur ginge es besser als vorher“ in der Region. Dies zeigte sich als völlig falsch.

Wie lässt sich die Dosis bestimmen, die ein Tier aufgenommen hat? Die Tiere werden mit Dosimeter für die externe Dosis ausgestattet. Die Interne Dosis wird in einem Gammadosimeter oder über Blutbestimmung gemessen. Erste Untersuchungen ergaben, dass die Mutationsraten (Keimbahn) 2 bis 10 x höher sind. Es werden 10.000 Zellen pro Tag untersucht. Bei Rauchschwalben gab es in Gebieten mit mittlerer Kontamination bis zu 40% Abweichungen bei Spermien. In den höher verseuchten Gebieten gab es keine  Rauchschwalben mehr! Albinismus liegt bei Rauchschwalben auch heute noch deutlich höher als in einer Vergleichsgruppe in Dänemark (6,6% zu 0,85%). Auch bei Kühen zeigt das Fell häufig weiße Flecken, die es vorher nicht gab. Die Anzahl an Tumoren beträgt 1,5% in Tschernobyl, in einer Vergleichsgruppe in Dänemark 0,3%. Bei Tschernobyl gilt weiterhin: Wucherungen in Augen sind gehäuft, die Vogelgehirne sind 5% kleiner. Das gilt auch für Mäuse, die Zahlen sind jeweils von den Hintergrundstrahlen abhängig. Die Rückenmarkierung von Feuerwanzen deformiert ebenfalls. Bei Baumringen ist das Ereignis „Tschernobyl“ direkt ablesbar.

Auswirkungen auf die Vielfalt der Tierarten: 896 Zählungen in Tschernobyl und 1100 in Fukushima wurden jeweils parallel in sauberen und verstrahlten Gebieten durchgeführt. In beiden Fällen gibt es nachweislich eine Rückgang der Arten und der Anzahl der Tiere. In Tschernobyl gibt es negative Auswirkungen auf fast alle untersuchten Arten. Die Lebenszeiten verkürzten sich, es gab weniger Nachkommen, einige Tierarten starben aus. Säugetierpopulationen wurden anhand von Spuren im Schnee untersucht, bei Wölfen gab es bisher keine Auswirkungen. Die Tiere, die überlebten, gaben die Deformationen an die nächsten Generationen weiter. Auswandernde Tiere tragen die geschädigten Gene in andere Regionen.

Hier der Link zur Kurzfassung

Hier der Link zum Vortrag

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Cornelia Hesse-Honegger

Änderungen von Insekten

Zeichnerische Darstellung von Deformationen durch Gifte und Strahlung. Anhand von zahlreichen Untersuchungen von Insekten in der Nähe von AKWs oder in verstrahlten Gebieten und in entsprechenden Vergleichsgebieten wurde eine weit überdurchschnittliche Schädigung der Insekten in den strahlenbelasteten Gebieten nachgewiesen.

Beispiel aus dem Vortrag

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Dr. Eisuke Matsui

Gesundheitsbuch für Kinder

Die Regierung vor Ort hat fast nichts getan für die Kinder. Die Gesundheit der Kinder ist sehr schlecht. Die Notunterkünfte für Evakuierte sind nahe den Orten mit hohen Strahlungswerten. Zudem wird die abgebaggerte radioaktiv belastete Erde nahe dieser Behausungen in einfachen Plastiksäcken gelagert. Werte wie 6 mSv/a sind nicht ungewöhnlich, selbst in Innenräumen werden noch Werte um 2 mSv/a gemessen. Grenzwerte gibt es nur für Cs-137, nicht jedoch für das ebenfalls vorhandene Sr-90. Es gibt eine Art „Radiphobie“, welche Schutzmaßnahmen noch schwieriger manchen. Die Ukraine sieht eine Umsiedlung bei > 5 mSv/a vor, bei > 1 mSv wird Umsiedlung empfohlen. In Japan liegt der Wert bei 20 mSv.

Hier der Link zu dem Vortrag

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Isamu Takamatsu

Health problems after the accident of Fukushima Daiichi Nuclear Power Plant Outbreak of childhood thyroid cancer in Fukushima

Gesundheitsprobleme nach dem Unfall von Fukushima

Es wurden 74 Fälle von Schilddrüsenkrebs gefunden in der Region Fukushima. Diese werden von der Regierung verleugnet. Krebs und andere Erkrankungen werden sich jedoch häufen. Prof. Suzuki behauptet, die höhere Anzahl wäre nur auf die bessere und genauere Untersuchung zurück zu führen.

Alle Kinder in der Region werden untersucht, bei Knoten bis zu einer bestimmten Größe (> 5 mm) wird ein 2. Mal untersucht und wenn das Ergebnis bestätigt wird, wird operiert. Erst wenn das entnommene Gewebe als „Krebs“ eingestuft wird, wird die Krankheit anerkennt. Der japanische Durchschnitt 1975 – 2008 waren 0,5 pro 100.000 Fällen bei Kindern. Bis 2013 war die Rate in den untersuchten Gebieten inzwischen deutlich, um ein Mehrfaches, erhöht. Die Regionen wurden pro Jahr nacheinander einzeln untersucht. D.h. in der hauptsächlich betroffenen Region wurde seit 2 Jahren nicht mehr untersucht.

Kritik in der Diskussion wird die lange Spanne vor/nach den Untersuchungen kritisiert, ein Massenscreening kann das nicht sein. Dazu wäre viel kürzere Intervalle nötig, auch müssten viel größere Gruppen untersucht werden.

Hier der Link zu dem Vortrag

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Toshiya Morita

Leben in Zonen hoher Strahlung

Nicht alle Kinder tragen Mundschutz. Prof. Yamashita gab Entwarnung: „nur 1/100 der Radioaktivität aus Tschernobyl, ruhig an die Luft gehen, keine Mundschutz ist nötig. Die Angst ist viel schädlicher!“ Viele Familien oder Familienangehörige sind geflohen. In dem konkreten Fall waren die Messwerte 5 µSv/h, in der Nähe gab es einen Hotspot mit 150 µSv/h, direkt auf dem Schulweg. Hoffnungsvoll stimmt eine Initiative von jungen Muttern im ganzen Land, die andere Mütter mit Kinder spontan aufnahm. Diese organisieren auch Demos. Mittlerweile gibt es seit Dezember 2012 freitags regelmäßig Demos vor dem Parlament in Tokyo, mittlerweile sind es regelmäßig mehrere Tausend Demonstranten.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Dr. Katsuma Yagasaki

Wie lassen sich die Strahlungswerte absenken?

Die Vertuschung der tatsächlichen Strahlungswerte ist ein 2. „Atomkrieg“ gegen die Bevölkerung, die Verantwortlichen sind „Täter“. Regelmäßige Messungen zeigen, dass die offiziellen „Messposten“ nicht stimmen. Davon gibt es landesweit 675 Stück. Die Umgebung der Messstellen wurde zur Hälfte dekontaminiert. Beispiel: das Messgerät zeigt 3,294 µSv/h, in 10 m Entfernung wurde dann eine eigne Messung durchgeführt. Die eignen Messungen waren im Durchschnitt 0,4 µSv/h höher, es gab starke Schwankungen zwischen 0,1 und über 1 µSv/h, aber alle Werte waren höher als die offiziellen. Schon die Kalibrierung waren offenkundig derart falsch, dass nur 90% gemessen wurden. Nur ca. 50% des tatsächlichen Wertes werden abgezeigt. Weiterhin werden die tatsächlichen Werte runter gerechnet mit dem Argument, die Menschen wären ja nur max. 40% der Zeit im Freien, also werden die Werte entsprechend abgesenkt.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Mako Oshidoro

Zur aktuellen Lage der Situation in der Präfektur Fukushima

Alle denken, Japan sei ein freies demokratisches Land: die Wahrheit sieht ganz anders aus!“ Zeitschriften lehnen die Veröffentlichung von Artikel ab, wenn nicht gleichzeitig drei „Pro“-Artikel veröffentlicht werden. Bei Fernsehauftritten werden Begriffe wie „TEPCO“ oder „Atom“ vertraglich ausgeschlossen. Es existieren schwarze Listen mit Menschen, mit den „nicht gesprochen werden sollen“, auf der Liste steht auch der vorherige Premier Kan. Auch Beschattungen durch den Geheimdienst sind nicht ungewöhnlich. Von mir interviewte Mütter werden auf dem Nachhause-Weg verfolgt, Auto-Nr.-Schilder fotografiert etc. Die Sicherheitsbeamten sind darauf bedacht, gesehen zu werden, um die Menschen einzuschüchtern. Die Großen Medien veröffentlichen nichts.

Ein Interview mit einem Arbeiter ergab, dass Todesfälle bei den Arbeitern nur die gezählt werden, die am Arbeitsplätze sterben. Wer zu Hause stirbt oder wegen der hohen Strahlung aussetzen muss und dann stirbt wird nicht erfasst. Abgetan wird das mit Äußerungen wie „vielleicht war er vorher schon krank“.

Um zu demonstrieren, dass „alles harmlos“ ist, werden die Lebensmittel aus der Region in den Schulen verteilt. Vorher kamen die Nahrungsmittel von außerhalb, heute kommen 70% aus der Region. Um der Verstrahlung „zu begegnen“ werden die Richtwerte hoch gesetzt. Richtwerte gibt es aber nur zu Cs, es gibt aber auch Verstrahlung durch Sr und U. Veröffentlichungen dazu werden aus Scham und Respekt vor der eignen Heimat meistens sogar von den betroffenen Mütter abgelehnt.

Der Begriff „Evakuierung“ wird abgelehnt, weil dies ja eingestehen würde, dass die Region verseucht ist, daher nennt man das „Austausch“. Daran nehmen vor allem Mädchen aus der Oberstufe teil, ca. 15 Jahre. Diese haben sich meistens aufgrund eigner Internetrecherche entschieden, an dem „Austausch“ teilzunehmen. Die anderen glauben der öffentlichen Meinung, es sei alles sicher. Weit überproportional entscheiden sich junge Menschen künftig – anders als vor dem 11.3.2011 – keine Kinder zu bekommen vor dem Hintergrund der Belastungen.

Die Ausbreitung von Iod, die hauptsächlich in Richtung Süden war – anders als bei Cs, das ging Richtung Nordwesten – wurde den Betroffenen nicht mitgeteilt. Die Belastung lag dabei vor allem in der Luft, weil es nicht geregnet hat und die Nuklide nicht ausgewaschen wurden.

Direkte Untersuchungen der Belastungen vor Ort wurden abgelehnt mit der Begründung, die nötigen Geräte wären „zu schwer“, sie wögen 230 kg. Wenige Tage später wogen dieselben Geräte laut Regierungskreisen „plötzlich“ offiziell 1.000 kg.

Für eine Bewertung der Folgeschäden müsste untersucht werden, wie die Menschen direkt nach der Katastrophe gelebt haben: Haben sie belastetes Wasser getrunken, trugen sie Mundschutz, haben sie belastete Nahrungsmittel zu sich genommen, wie lange waren sie im Freien und somit direkt der Strahlung ausgesetzt etc.?

Nach Untersuchungen an Reis wurde herausgefunden, dass es im Juli 2012 eine weitere große radioaktive Freisetzung gegeben haben muss. Ebenso wurde im August 2013 ein Alarm im Block 1 ausgelöst, bei dem offenbar wiederum eine größere Menge Radioaktivität freigesetzt wurde. Die Schornsteine der explodierten Einheiten sind noch in Betrieb, hierüber wird abgeblasen, wenn der Druck im geschmolzenen Kern zu groß wird. Die Belastung am Kamin des Block 1 selbst beträgt 15 Sv. Die tragende Konstruktion des Kamin (120 m Höhe) ist durch Erdbeben, Tsunami und Explosionen äußerst beschädigt und instabil, kann aber wegen der Radioaktivität nicht repariert werden. Die einzige Gegenmaßnahme ist eine ständige Beobachtung.

Hier der Link zu dem Statement

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Prof. Dr. Detlev Schauwecker

Öffentlichkeitspolitik in Japan

Kritiker der Atomenergie führen regelmäßige Prozesse gegen die Wiederinbetriebnahme von AKWs oder gegen die Geheimhaltungsvorschriften. Selbst in Regierungskreisen wird geschätzt, dass 60% der Bevölkerung für einen Atomausstieg sind. An der trennenden Gebirgslinie gibt es mittlerweile eine Unterscheidung in das belastete Ostjapan und das unbelastete Westjapan. Es finden bereits Umzüge und Abwanderungen in erkennbarem Maß statt. Auch die Auswanderung ins Ausland ist gestiegen. Sogar der Berg Fujijama (südwestlich von Tokyo) wird wegen der Belastung bei Ausflügen gemieden.

Es gibt ca. 70 Messstationen in der Region, wo gekaufte Nahrungsmittel auf Strahlung gegen Gebühr überprüft werden können. Auch einige Landwirte messen und veröffentlichen die Messwerte, die Kontrollmöglichkeiten dazu sind allerdings eingeschränkt, man muss die Ergebnisse „glauben“.

Der Versuch, eine grüne Partei flächendeckend zu gründen, ist völlig gescheitert. Einzig die Kommunisten sind gegen die Atomindustrie, die verschiedenen Varianten der Konservativen sind alle mehr oder weniger für die Fortführung der Atomindustrie. Als einzige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sind Fischer massiv gegen AKWs, es wurden dadurch bereits Neubauten verhindert. Rechtsradikale streiten massiv alle Gefahren ab und behaupten, die Koreaner würde dies alles fördern, um Japan zu schwächen.

Das „Geheimhaltungsgesetz“ ist in Ausarbeitung und wird voraussichtlich in den nächsten Monaten in Kraft treten, zum großen Teil gibt es allerdings bei den Medien einen „vorauseilenden Gehorsam“.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!

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Dr. Frank Boulton

Überblick über Energieverbrauch und Atomindustrie in GB

Neben den bekannten kritischen Stellen wie den AKWs (alle an der Küste!) und Sellafield/Windscale gibt es auch die U-Bootbasis Holy Loch, wo es Probleme mit Strahlung und Belastungen gibt.

Das UK ist Energie-Netto-Importeur, Kohle und Kernkraft sind von 2010 auf 2012 deutlich angestiegen, Wind spielt keine Rolle, Biomasse dagegen schon. Elf neue AKWs sind geplant. EdF zahlt 92,5 £ pro MWh, das Doppelte des Marktpreise

In Sellafield lagern 100 t Plutonium! (das entspricht 10 – 20.000.000 Bombenäqulivalent der Nagasakibombe).

Bei dem Unfall in Windscale 1957 wurden 750 TBq freigesetzt inkl. 22 TBq Cs-137 und 740 TBq I-131.
Bei der geplanten Unabhängigkeit von Schottland spielt der Atomausstieg eine Rolle, die Schotten wollen den Atomkurs der Briten definitiv nicht mitmachen.

Hier der Link zu dem Vortrag: liegt noch nicht vor!



[1] CT … Computertomographie

[2] International Commission on Radiological Protection = Internationale Strahlenschutzkommission

[3] Artherienverkalkung

 

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik drohender Atomkrieg Terrorgefahr Vorträge

Lässt sich ein Atomkrieg noch verhindern?

Die Menschheit hat seit 1945 beträchtliches Glück gehabt. Obwohl eine vernichtende neue Waffe – die Atombombe – entwickelt worden war, wurde sie – nach einem zweimaligen Einsatz – bisher nie wieder im Kriegsfall verwendet. Betrachtet man rückwirkend, wie knapp entsprechende Entscheidungen und Handlungen an einem möglichen Einsatz vorbei gingen, lässt sich nur mit „großem Glück“ charakterisieren. Sachliche Überlegungen oder rationale Abwägungen waren in den entscheidenden Phasen zumindest nicht immer entscheidend.

Aus dem – über lange Zeit stabilen – Kreis der fünf Atommächte sind mittlerweile neun Staaten geworden, die über die Einsatzmöglichkeit von Atomwaffen verfügen. Hinzugekommen sind die sog. „Faktischen“ Atommächte Indien, Pakistan und Nordkorea, die alle drei den Besitz von Atomwaffen zugeben oder sich gar damit brüsten sowie Israel. Deren Besitz von Atomwaffen ist ein offenes Geheimnis, zeitweise verplaudert sich auch mal ein hochrangiger Politiker[1].

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Akualisierungen des Buches Hintergründe Störfälle

Update: Nächste „kritische“ Panikmeldung oder ernstzunehmende Schreckensmeldung?

Die Meldung scheint sich dieses Mal zu bestätigen. Die Tagesschau hat ebenfalls die Meldung übernommen, dabei ist sogar von 71 Betroffenen die Rede:

71 US-Soldaten haben Klage gegen den Betreiber des havarierten Atomkraftwerks Fukushima in Japan eingereicht. Grund: Sie alle sind erkrankt – nach einem Einsatz in dem Gebiet des Pazifiks, in das Tepco zuvor radioaktiv verseuchtes Wasser eingelassen hatte.
weiter unter:
https://www.tagesschau.de/ausland/us-soldaten-fukushima100.html

… es scheint sich also leider wirklich zu bewahrheiten, und die viel grausamere Wahrheit wird hinterher kommen … Wenn einige Wochen im Umfeld der sicher damals ebenfalls hohen Radioaktivität schon diese (für Fachleute in der Tat nicht unerwartete) Wirkung zeigt (über 1% schwere Erkrankungen innerhalb von 3 Jahren), welche Folgen werden dann die seit Monaten extremen Wasser- (und vermutlich auch Luft-)Belastungen auf Anwohner, Fischer und vor allem die Arbeiter vor Ort haben, die seit Jahren (weitgehend erfolglos) versuchen, die Katastrophe einzudämmen? Kein Wunder, dass Presseberichte darüber in Japan mittlerweile unter Strafe gestellt wurden! (Kommentar des Verfassers)

Alter Beitrag vom 5.1.:

Unter der Überschrift „51 US-Matrosen erkranken nach Fukushima-Einsatz an Krebs“ meldet (als bislang einziges deutsches Medium, von kleineren Tageszeitungen abgesehen) die „Deutschen Wirtschafts-Nachrichten“ eine dramatische Entwicklung an Bord des US-Flugzeugträgers „USS Ronald Reagan“: „ Crew-Mitglieder eines US-Flugzeugträgers wurden nach einem Rettungseinsatz in Japan mit verschieden Krebsarten diagnostiziert. Die Matrosen klagen gegen Tepco auf Schadensersatz. Sie werfen dem Unternehmen Fahrlässigkeit im Umgang mit der Atom-Katastrophe vor.

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Akualisierungen des Buches Atom und Politik drohender Atomkrieg Gesetzestexte Hintergründe Vorträge

Haben Nordkorea und Iran das „Recht auf die Bombe“?

Vorbemerkung: Die erste eingestellte Version hat an einigen wenigen Stellen zu Rückfragen und Fehlinterpretationen geführt (etwa der Art, ich würde eine atomare Bewaffnung Nordkoreas und des Irans befürworten …). In der neuen Version versuche ich diese Unklarheiten zu vermeiden (und einige weitere Kleinigkeiten zu klären).

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Die Widersprüche des Atomwaffensperrvertrages zur Realität

10.04.2013, Aktualisierung 14.04.2013

Derzeit eskaliert die Lage in Korea, während gleichzeitig der Konflikt mit dem Iran weiter auf hohem Spannungs-Niveau stagniert und jederzeit zu einem Krieg führen kann. Hintergrund ist in beiden Fällen das tatsächliche oder unterstellte Streben nach atomarer Bewaffnung.

So unterschiedlich beide Ländern und ihre jeweiligen Bedingungen auch sind, so ähnlich sind die Beweggründe der Handelnden und die Hintergründe.

Die Regierungen und Diktatoren in beiden Staaten werden die Entwicklung in Libyen und zuvor im Irak aufmerksam verfolgt und ihre Lehren daraus gezogen haben: Ein Machthaber, der auf Entspannung setzt und sein atomares Potential freiwillig abgibt, wird wenige Jahre später vom Westen aus dem Amt gebombt.

Bisheriger Stand:

Beide Staaten beschreiten mittlerweile beide mögliche Wege zum bombenfähigen Material:

1. „Normale“ Kernkraftwerke können mit angereichertem Uran betrieben werden. Das hauptsächlich in der Natur vorkommende U238 enthält etwa 0,7 % des benötigten –spaltbaren – U235. Dessen Anteil muss durch Anreicherung erhöht werden. Bei dieser Anreicherung sind mit derselben Technik 3 bis 5 % für AKWs, 20 % für Forschungsreaktoren und > 90 % für Bomben zu erzielen, die Zentrifugen müssen „nur“ in größerer Stückzahl und länger laufen.

2. Reaktoren können mit Natururan betrieben werden, wenn sog. „schweres Wasser“ (enthält Deuterium – ein Wasserstoffatom mit einem zusätzlichen Neutron) verwendet wird. In den Brennstäben entsteht dabei Plutonium, welches abgetrennt und zum Bombenbau verwendet werden kann.

Offenbar gab es in der jüngeren Vergangenheit Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten. Dabei könnten sowohl Raketentechnik wie auch Anreicherungstechnik, aber auch gegebenenfalls Material getauscht worden sein[1].

Nordkorea betreibt derzeit die Anreicherung und möchte einen Schwerwasserreaktor (Yongbyon) wieder in Betrieb nehmen, der 2007 stillgelegt wurde[2]. Das bisherige Bombenmaterial (Plutonium) stammt offenbar aus dem Betrieb des Schwerwasserreaktor. Bei dem jüngsten Test könnte eine Uranbombe gewesen sein, eventuell mit Uran aus dem Iran[3].

Der Iran betreibt massiv und in großem Stil Anreicherung, angeblich für das AKW Busheer und den Forschungsreaktor in Teheran und strebt den Bau eines Schwerwasserreaktors an. Eine eigne Schwerwasserproduktion – technisch ähnlich anspruchsvoll wie die Anreicherung – ist offenbar bereits in Betrieb oder steht kurz vor der In-Betrieb-Nahme[4].

Problem Atomwaffensperrvertrag (NVV)

Fakt und Hauptproblem ist und bleibt der mittlerweile völlig unzeitgemäße Nicht-Verbreitungs-Vertrag (sog. Atomwaffensperrvertrag). Durch diesen wird offensichtlich, dass eine Minderheit der Länder aus – zumindest teilweise – eigennützigen Gründen anderen Ländern genau das verbieten wollen, was sie selbst nicht einhalten.

Belege dafür:

Artikel I

Jeder Kernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder sonst wie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen

Dagegen haben mittlerweile praktische alle offiziellen Atomstaaten verstoßen, u.a. die USA zuletzt im Fall Indien.[5]

 

Artikel II

Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.

Dies ist dem Iran bisher nicht nachzuweisen, vermutlich hat er diesen Verstoß auch (noch?) nicht begangen. Nordkorea ist – wie erwähnt – kein Vertragsstaat mehr!

Artikel IV

(1)    Dieser Vertrag ist nicht so auszulegen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, unter Wahrung der Gleichbehandlung und in Übereinstimmung mit den Artikeln I und II die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln.

Dies ist im Fall Iran aktuell, hierauf pocht die Führung in Teheran, nach den Buchstaben des Gesetzes zu Recht.

(2)     Alle Vertragsparteien verpflichten sich, den weitest möglichen Austausch von Ausrüstungen, Material und wissenschaftlichen und technologischen Informationen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie zu erleichtern, und sind berechtigt, daran teilzunehmen.

Auch dies gilt nach den Buchstaben des Gesetzes für den Iran. Die Zusammenarbeit mit Russland in Fragen der zivilen Nutzung der Atomtechnik ist daher rechtens.

Artikel VI

Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.

Außer den SALT- und START-Abkommen hat sich da bisher kaum etwas bewegt. Die beiden Großmächte Russland und USA verfügen noch je über mehrere Tausend Atomwaffen. Eine „Nukleare Abrüstung in naher Zukunft“ sieht anders aus …[6] Dabei war einer der Hauptgründe der Mangel an Uran für die zivile Nutzung.[7]

Artikel X

(1) Jede Vertragspartei ist in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch außergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrags zusammenhängende Ereignisse eine Gefährdung der höchsten Interessen ihres Landes eingetreten ist. Sie teilt diesen Rücktritt allen anderen Vertragsparteien sowie dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen drei Monate im Voraus mit. Diese Mitteilung hat eine Darlegung der außergewöhnlichen Ereignisse zu enthalten, durch die ihrer Ansicht nach eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist.

Genau dies hat Nordkorea im Januar 2003 getan.[8] Eine Steilvorlage dafür („Gefährdung der höchsten Interessen des Landes“) liefert George W. Bush mit seiner Rede im Januar 2002, in der er Nordkorea in die „Achse des Bösen“ einordnete.

Der gesamte NVV ist HIER nachzulesen.

 

Festzuhalten bleibt,

bei allen Vorbehalten den beiden Staaten gegenüber,

–   dass Nordkorea sich vertragsgemäß verhält

–   dass man dem Iran zunächst das Streben nach der Atombombe konkret nachweisen muss, bevor laut NVV Handlungsmöglichkeiten gegeben wären. Letzteres ist bisher – trotz zahlreicher Verstöße des Irans gegen Auflagen – nicht gelungen

–   dass nur eine weltweite Abrüstung aller Atommächte einen Atomkrieg verhindern kann

–   dass die zivile Nutzung der Atomenergie von der militärischen nicht zu trennen ist

–   dass somit nur der weltweite Ausstieg aus der zivilen Nutzung den militärischen Missbrauch verhindern kann.

Um dies klarzustellen: Ich rede hier ich definitiv NICHT einer atomaren Bewaffnung des Irans oder Nordkoreas das Wort. Das im Fall Nordkoreas erwiesene und erfolgreiche und das im Fall Iran nach logischen Ermessen zu unterstellende und auf hoher Vorstufe verharrende Streben nach „der Bombe“ ist zu verurteilen. Es wird die jeweiligen Regionen destabilisieren und langfristig den beiden Ländern selbst mehr schaden als nutzen. Aber m.E. ist nach den Buchstaben des NVV dieses Streben auf dem jeweiligen aktuellen Stand nicht rechtswidrig. Und genau DIES zeigt die Fehler und Schwächen des Atomwaffensperrvertrages und kann nur zur Forderung führen – da er nicht so revidierbar ist, dass diese Probleme lösbar wären – dass einzig die weltweite Abrüstung die sinnvolle Reaktion aller Beteiligten wäre. Davon sind wir leider weit entfernt. Wobei – auch dies habe ich an vielen Stellen schon aufgezeigt – die zivile Nutzung IMMER die militärische einschließt und somit auch ein weltweiter Ausstieg aus der zivilen Nutzung unumgänglich ist. Ich fürchte jedoch, dass dies ohne ein Eskalieren (sprich ein atomarer Schlagabtausch) nicht umsetzbar sein wird …

 

Hinweis: s.a. meine Seite zu „Der Irankonflikt mit weiteren Hintergründen und einer (auf Wunsch auch als Vortrag gehaltenen) sehr ausführlichen PPP.

 


[1] https://www.welt.de/politik/ausland/article114923669/Furcht-vor-iranischem-Atom-Know-how-in-Nordkorea.html

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Akualisierungen des Buches Hintergründe Laufzeitverlängerung Störfälle

Zu früh gefreut: IAEA beendet NICHT faktisch Japans Atomindustrie

AKTUALISIERUNG 21.1.2013:

Die IAEA hat die Ummeldung von 47 Japanischen Atomreaktoren als langfristig außer Betrieb (“Long-Term Shutdown”) zurückgenommen. Diese Reaktoren gelten jetzt also wieder als „in Betrieb“, obwohl sie seit über einem Jahr keinen Strom erzeugen.

Hier der Kommentar von Mycle Schneider: (en)
https://www.worldnuclearreport.org/IAEA-Japan-Reactor-Status-Incident.html

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Die weltweite Atomaufsichtsbehörde IAEA (deutsch IAEO) hat überraschend faktisch die Atomwirtschaft in Japan beendet. 47 von 61 AKWs wurden auf den Status „Long-Term Shutdown“ (Dauerabschaltung) eingestuft, eines hatte diesen Status bereits zuvor, 9 AKWs sind bereits endgültig abgeschaltet. Damit sind derzeit nur noch 3 AKWs in Betrieb, 2 weitere sind noch in Bau. Dadurch wurde gleichzeitig die Zahl der weltweit in Betrieb stehenden AKWs um 10 % auf 390 verringert.

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IAEA: 47 japanische Reaktoren im “Langzeitstillstand”

16. Januar 2013

Ein historischer Erfolg: die Internationale Atomenergie-Organisation sieht offenbar ein Wiederanfahren der vielen japanischen Atomreaktoren, die nach dem GAU von Fukushima abgeschaltet wurden, nicht in Sicht. In der Datenbank “Pris” wurden jetzt 47 Meiler mit dem Status “longterm-shutdown” (Langzeit-Stillstand) versehen.

Anzahl AKW weltweit, Stand: 16.01.2013

Anzahl AKW weltweit, Stand: 16.01.2013

Der Wahlausgang in Japan liess Atombefürworter aufatmen: Sie war Ende Dezember erst wenige Tage im Amt, da verkündete die neue Regierung, Japan setze wieder auf die Atomkraft. Der neue Premier Shinzo Abe will damit Abstand vom Atomausstieg nehmen, den die Vorgängerregierung nach der Katastrophe von Fukushima beschlossen hatte. 47 Meiler stehen still. Drei Reaktoren befinden sich trotz des Protestes tausender Menschen wieder in Betrieb.

Nun hat offenbar auch die Internationale Atomenergie Organisation die Hoffnung vorerst aufgegeben, dass es zu einem zeitnahen Neustart des japanischen Atomprogramms kommt: alle 47 Reaktoren wurden in der offiziellen Datenbank “Power Reactor Information Service” (PRIS) auf den Status “longterm shutdown” gesetzt. Grundsätzlich ist dieser Status Anlagen vorbehalten, die teilweise für Jahre oder Jahrzehnte für Instandsetzungsarbeiten abgeschaltet werden.

Damit befinden sich weltweit laut IAEO noch 390 Atomreaktoren in Betrieb. Zuletzt waren 1986 – im Jahr des Tschernobyl-Unfalls – vergleichbar viele AKW in Betrieb.

AKW in Japan, Stand: 16.01.2013; Quelle: iaea.org

Grafik AKW in Japan, Stand: 16.01.2013; Quelle: iaea.org

Quelle: https://www.contratom.de/2013/01/16/iaea-4-japanische-reaktoren-im-langzeitstillstand/

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Historic Move: IAEA Shifts 47 Japanese Reactors Into “Long-Term Shutdown” Category

Wednesday 16 January 2013

In an unprecedented move, the International Atomic Energy Agency (IAEA) has shifted 47 Japanese nuclear reactors from the category “In Operation” to the category “Long-term Shutdown” (LTS) in its web-based Power Reactor Information System (PRIS). The number of nuclear reactors listed as “In Operation” in the world thus drops from 437 yesterday to 390 today, a level last seen in Chernobyl-year 1986 and a dramatic step of the IAEA’s official statistics in recognizing industrial reality in Japan. This is without doubt a unique revision of world operational nuclear data.
However, numerous questions remain. The definitions of the IAEA’s reactor status categories remain unclear. Units can remain in the LTS category for many years, without any apparent limit. Japan has now 48 units listed as LTS, one of which is the fast breeder reactor Monju that has not been generating electricity since a sodium fire severely damaged the plant in 1995, while three further units at Kashiwazaki-kariwa have not been generating power since an earthquake hit the site in 2007.
Of the other 47 Japanese units, 42 have been retroactively classified as LTS as of 1 January 2012 (strangely including the 3 Kashiwazaki-kariwa units), while five reactors have retroactively entered that listing between 14 January and 26 March 2012. One reactor, Tomari-3 in Hokkaido—the last one to generate electricity before the country entered a two-month nuclear-free period between 5 May and 5 July 2012—remains, for unknown reasons, in the categories “In Operation” (world overview) and “Operational” (country file). This is despite the fact that only two reactors are currently effectively generating power in Japan, units 3 and 4 at the Ohi plant in Fukui Prefecture.
The future of the Japanese nuclear power plants remains highly uncertain. In spite of a clearly more pro-nuclear government that came in with the election of Prime Minister Shinzo Abe, it will likely take years until more power plants could get back on line. Abe stated on 4 January 2013:

„We will first of all determine whether or not to restart nuclear power plants on the basis of scientific safety standards. Then over the course of roughly three years we will assess the futures of existing nuclear power plants and transition to a new stable energy mix over ten years. The new construction or replacement of nuclear power plants is not a matter that is able to be determined immediately. Naturally this is an area in which we should make our determination in accordance with the principle of gradually decreasing our degree of reliance on nuclear power to the greatest extent possible.“

Other sources have also suggested that it could take a long time for nuclear plants to adapt after the newly established Nuclear Regulatory Authority will come up with new safety standards in July 2013.

Quelle: https://www.worldnuclearreport.org/spip.php?article132

 

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Akualisierungen des Buches Hintergründe Terrorgefahr

Der Iran-Konflikt

– Wie gerieten wir hinein?

Und gibt es einen Ausweg?

23.12.2012

Druckversion mit Fußnoten

Von Matthias van der Minde

Bedeutung des Konflikts um das iranische Atomprogramm für eine zukünftige Friedenspolitik

Was ist schlimmer: Die teuflischste Waffe, die jemals entwickelt wurde, in der Hand des iranischen Regimes? Oder ein israelisch-US-amerikanischer Angriff auf Irans Atomprogramm, bei dem die Beteiligten möglicherweise in einen neuen jahrelangen Krieg im Nahen und Mittleren Osten schlittern? Und: Würde ein westlicher Angriff eine iranische Bombe überhaupt verhindern können? Weiter gefragt: Sind dies die einzigen Alternativen? Oder besteht Hoffnung, sowohl einen Krieg als auch einen neuen Atomwaffenstaat verhindern zu können? Obwohl uns der gegenwärtige Konflikt mit dem Iran seit zehn Jahren beschäftigt, sind nach wie vor alle Szenarios möglich. Die Stellschrauben dieses Konflikts sind verteilt auf verschiedene Akteure, insofern ist der deutsche Einfluss, zumal jener einer zukünftigen Friedenspolitik, begrenzt. Doch es ist wichtig, die Geschichte des Konflikts und die unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten zu kennen, denn zu viel Vertrauen ist schon verspielt worden, zu viele Chancen wurden schon vertan.

weiterlesen auf „Grüne Friedensinitiative“…

 

Die Eingangsfragen von Matthias („Würde ein westlicher Angriff eine iranische Bombe überhaupt verhindern können? Weiter gefragt: Sind dies die einzigen Alternativen? Oder besteht Hoffnung, sowohl einen Krieg als auch einen neuen Atomwaffenstaat verhindern zu können? „) beantworte ich etwas anders. M.E. ist die einzige gangbare Lösung die Schaffung einer Atomwaffen-freien Zone im Nahen Osten, ohne „Wenn-und-Aber“. Wer dies und weiteres Material oder Hintergründe nachlesen will, sei nochmals auf folgende Artikel verweisen:

Fragen, Hintergründe und Fakten zum Iran-Konflikt

23.02.2012

Fragen, Hintergründe und Fakten zum Iran-Konflikt

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Kann eine zivile Nutzung der Atomenergie ohne die Gefahr einer militärischen Nutzung überhaupt funktionieren?

Mit dieser Frage der sog. „Proliferation“ (= Verbreitung von waffentauglichen Kernmaterial und/oder dem Wissen und der Technik zur Herstellung und Anwendung) beschäftigte sich bereits früh der Nichtverbreitungsvertrag NVV.

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EIN mögliches Szenario eines Präventivschlages gegen die „Iranische Atombombe“

21.04.2012

Das aufgezeigte Szenario ist hochgradig spekulativ, beruht aber auf Fakten (wie die Verteilung der iranischen Anlagen) oder auf belegbaren Vermutungen (wie die politische Stimmung der Mehrheiten in den genannten Ländern oder dem nötigen Einsatz von Mini-Nukes, um die unterirdischen Anlagen treffen zu können).

—————————–
und zusammenfassend:

Atommacht Iran?

14.12.2012

Eine Präsentation (PPP) zum Thema finden Sie hier: Atommacht Iran_kurz. Verbände, Parteigliederungen, Bürger-Inis etc. können sich bei Interesse am dazu gehörenden Vortrag gern bei mir melden: Kwkoch(a)gmx.de.

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drohender Atomkrieg Hintergründe Störfalle

EIN mögliches Szenario eines Präventivschlages gegen die „Iranische Atombombe“

Das aufgezeigte Szenario ist hochgradig spekulativ, beruht aber auf Fakten (wie die Verteilung der iranischen Anlagen oder den Erkenntnissen von Fukushima) oder auf belegbaren Vermutungen (wie die politische Stimmung der Mehrheiten in den genannten Ländern oder dem nötigen Einsatz von Mini-Nukes, um die unterirdischen Anlagen treffen zu können). Nähere Hintergründe dazu finden Sie HIER. An vielen Stellen können die Entwicklungen unterschiedlich (harmloser oder schlimmer) ablaufen, aber es kann auch genauso kommen wie dargestellt. Es soll aufzeigen, dass der immer heftiger diskutierte Weg der „militärischen Lösung“ unkalkulierbare Risiken enthält und unverantwortbar ist. Ein kurzer „präziser“ Schlag wie im Fall Osirak/Irak 1981 oder Syrien 2007 wird den gewünschten Effekt (Ausschalten der Möglichkeiten des Iran, Atombomben zu produzieren) bestenfalls für Monate erreichen und wäre daher nicht hilfreich. Wenn angegriffen wird, so müssen zumindest die wichtigsten Anlagen wie der Reaktor in Buschehr, der Forschungsreaktor in Teheran,  die Zentrifugenanlagen in Fordo / Qom und Natanz völlig zerstört werden. In allen diesen Fällen – laufende Anlagen mit radioaktivem Material – wird allein schon durch den Angriff in großem Maß Radioaktivität freigesetzt werden. Auch das ist anders als im Irak und Syrien, hier wurden beide Anlagen zerstört BEVOR sie in Betrieb gingen. Zudem werden die Anlagen in Fordo / Qom nur mit „bunkerbrechenden Sprengköpfen “ zerstört werden können. Die Gefahr, dass Israel dafür auf die wahrscheinlich vorhandenen „Mini-Nukes“ (kleine Atombomben, die gezielt erst im Untergrund explodieren) zurückgreifen, ist vorhanden.

erste Version, 5.3.2012, geringfügige Überarbeitung 17.4.2012 und 23.12.2012, Aktualisierung aufgrund der aktuellen Ereignisse im April/Mai 2018

Karl-W. Koch

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Tag 1, 3:30 Uhr: Eine große Anzahl israelischer Kampfjets und zehn Bomber starten und nehmen Kurs auf den Iran. Die Staffel fliegt über Jordanien landeinwärts und überquert dann den Irak. Die jordanische Luftwaffe greift auf Anweisung der Regierung nicht ein, diese war von den USA zum Nichthandeln verpflichtet worden. Die irakische Regierung protestiert, hat jedoch aufgrund nicht vorhandener Luftwaffe keine Handlungsmöglichkeit.

4:30 Uhr: Die iranische Grenze ist erreicht, die Kampfjets gehen in den Tiefflug 50 m über Grund über und teilen sich in verschiedene Staffeln auf. Ziele sind die Anreicherungsanlagen in Arak,  Fordo (Ghom) und Natanz, der Reaktor in Buschehr, der in Bau befindlichen Reaktoren in Arak und die Konversionsanlage (zur Herstellung von UF6) in Isfahan.

ab 6:00 Uhr: Die Ziele werden in kurzen Zeitabständen erreicht. Zuvor ist es vereinzelt zu Luftkämpfen mit der iranischen Luftwaffe gekommen, bei der die Iraner allerdings keine Chance gegen die überlegene israelischen Maschinen haben. Sieben iranische Maschinen werden abgeschossen, ein israelischer Jet muss notlanden. Die Bomber werfen ihre Ladung gezielt ab und zerstören die Ziele vollständig. In Fordo werden dabei mittels Raketen zwei strategische „Bunker Buster“ B-61-11 (sog. „Mininukes“) eingesetzt, um die unterirdischen Anlagen zu zerstören. Wie diese eigentlich nur in US-Arsenalen vorhandene Waffen in israelischen Besitz kamen, bleibt unklar.

ab 7:30 Uhr: Die Staffeln sind auf dem Rückweg und werden jetzt in massive Luftkämpfe verwickelt. Dabei erleiden die Israelis deutliche Verluste. Zwei Bomber und sieben Jets werden abgeschossen, die iranischen Verluste sind ungleich höher.

8:00 Uhr: Die Nachrichtensender weltweit melden den Angriff, wobei das Ausmaß zunächst unbekannt bleibt. Die iranische Regierung spricht von Flächenbombardements und schweren Verlusten in der Zivilbevölkerung. Der Einsatz der „Bunkerbrecher“ bleibt zunächst unerwähnt. Die israelische Regierung schweigt.

13:00 Uhr: Die US-Regierung reagiert mit einer Stellungnahme, in der dem Iran aufgrund des angeblich wieder aufgenommenen Atom-Programms die Schuld am Angriff gegeben wird. Trump twittert: „Der Griff der Verbrecher ohne ordentlich funktionierendes Gehirn im Iran nach der Atombombe wurde von einer großartigen Militärallianz beendet. Wunderbar! Damit haben wir den Weltfrieden gerettet. GREAT!.“

16:00 Uhr: Der Iran nennt erste Zahlen: So seien bei den Angriffen mehrere Tausend Menschen ums Leben gekommen, zudem sei durch die Bombardierung ziviler Atomanlagen „in großem Umfang Radioaktivität freigesetzt worden“. Eine radioaktive Wolke treibe aufgrund des Südwestwindes auf die Millionenstadt Teheran zu, eine Evakuierung sei unvermeidlich. Ursache sei die Bombardierung in Ghom. Erstmalig wird dabei der Verdacht geäußert, Israel habe Atombomben eingesetzt.

20:00 Uhr: Al-Dschasira, CNN und andere internationale Nachrichtensender berichten von Massenpaniken in mehreren iranischen Großstädten, vor allem in Teheran und Isfahan. Allein dabei seien weitere „etliche Hunderte“ von Menschen umgekommen.

2. Tag: In einigen arabischen Hauptstädten wie Damaskus, Tunis, Bahrain, Bagdad gibt es spontane Großdemonstrationen mit mehreren Zehntausend Teilnehmern. Dabei werden „Tod den USA“ und „Freiheit für Palästina“ sowie anti-israelische Parolen skandiert. Erste Übergriffe auf Amerikaner und Europäer werden registriert, davon enden einige tödlich durch Lynchjustiz. In Syrien, Kuwait, Jordanien, Saudi-Arabien, Pakistan und weiteren Länder werden die westlichen Botschaften geschlossen. Die Bundesregierung gibt Reisewarnungen für die gesamte MENA-Region heraus und fordert Reisende und Geschäftsleute auf, diese Länder „umgehend“ zu verlassen. Mehrere arabische Regierungen fordern eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates und eine Verurteilung Israels. Dem schließen sich China, Russland, Nordkorea und einige europäische Regierungen, darunter Frankreich, an. IPPNW meldet erste Messwerte der Radioaktivität aus dem Iran, danach wurde sowohl im Ghom, Natanz wie auch in Buschehr große Menge radioaktiver Substanzen freigesetzt. Für Ghom bestätigen die Messwerte die Explosion von mindestens einer Atombombe. Aus Isfahan wird eine deutlich erhöhte Radioaktivität gemeldet, lediglich aus Arak kommen keine erhöhten Werte.

3. Tag: Nachdem Al-Dschasira die mutmaßliche Flugroute über Jordanien veröffentlicht, kommt es in Amman zu Massenprotesten gegen die Regierung und gegen das Königshaus. In den nächsten Stunden eskaliert die Lage, Regierungsgebäude werden gestürmt, die Sicherheitstruppen werden förmlich überrannt, hochrangige Regierungsmitglieder werden vom Mob gelyncht. Der Königsfamilie gelingt in letzter Minute die Flucht nach Saudi-Arabien.

Die iranische Regierung fordert Israel ultimativ zur „Herausgabe der Massenmörder“ (gemeint sind die Piloten und die Verantwortlichen in der Regierung) sowie die USA zu „energischen Reaktionen gegenüber Israel“ innerhalb von 72 Stunden auf, andernfalls würden in den nächsten Tagen „Maßnahmen ergriffen, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun“.

In den südlichen Außenbezirken von Teheran wird eine Strahlenbelastung von 5 mSv pro Stunde gemessen. Die Regierung befiehlt die „geordnete Evakuierung“ und bittet die Nachbarländer um logistische Unterstützung und die Aufnahme von vorerst 200.000 Flüchtlingen. Der Irak und die Türkei erklären sich zu Hilfsmaßnahmen bereit. Aus Buschehr gibt es erste Luftaufnahmen, die den Reaktor als rauchende, im Innern noch brennende Trümmer zeigen. Von hier werden Messwerte von 1.200 mSv pro Stunde übermittelt. Das Gebiet ist mittlerweile weiträumig evakuiert.

4. Tag: In der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates verhindern die USA mit ihrem VETO eine Verurteilung Israels. Auch Deutschland stimmt mit „Nein“. Es kommt zu Tumulten, mehrere Delegationen verlassen noch während der laufenden Sitzung unter Protest den Saal. Eine Reihe arabischer Staaten, darunter Saudi-Arabien – offenbar unter dem Druck schiitischer Minderheiten im Land – bricht noch am selben Tag die diplomatischen Beziehungen zu den USA und Deutschland ab und schließt die Botschaften.

In Jordanien erklärt ein Revolutionsrat die Regierung für gestürzt. An der Macht ist eine eigenartige Mischung aus Hamas-Sympatisanten, Kommunisten und islamischen Fundamentalisten. Das jordanische Militär erklärt seine Loyalität zu den neuen Machthabern, die umgehend die Mobilisierung ausrufen. Der Friedensvertrag der alten Regierung mit Israel wird „mit sofortiger Wirkung für ungültig“ erklärt. Auch die Ägyptische Militär-Regierung setzt den Friedensvertrag zunächst „aus“.

Die Russische Regierung erklärt den Tod von 38 Beratern in Buschehr und verlangt eine Erklärung der israelischen Regierung. Der Botschafter aus Tel Aviv wird abgezogen, der israelische Botschafter ausgewiesen.

In Saudi-Arabien kommt es trotz des Zick-Zack-Kurses der Regierung zu ersten massiven Demonstrationen und Unruhen gegen das Königshaus, vor allem seitens der starken schiitischen Minderheit im Land.

Am Roten Meer dreht der Wind auf „Ost“ und treibt die radioaktive Wolken des brennenden Reaktors in Buschehr auf Kuwait und Basra zu. Im Irak wird die Regierung gestürzt und alle sunnitschen und kurdischen Politiker wegen Hochverrates umgehend öffentlich hingerichtet. Es kommt es zu Massakern der schiitischen Mehrheit an den Teilen der sunnitischen Bevölkerung, die in den vergangenen Jahren mit den USA-Besatzern zusammen gearbeitet hatte. Es gibt mehrere Hundert Tote.

Die kuwaitische Regierung warnt vor dem „Aufenthalt im Freien, der Verwendung von nicht abgefülltem Wasser und frischen Nahrungsmitteln“. Eine Evakuierung sei nicht vorgesehen und wäre praktisch auch nicht machbar.

Die iranische Regierung wiederholt ihre Aufforderung an die USA und Israel und setzt eine Frist bis „morgen, 24:00 Uhr“. Die Regierungen der USA und Israels weisen die Forderungen barsch zurück, beide bieten jedoch zivile Hilfe an. Das wiederum wird von der iranischen Regierung als „Beleidigung des iranischen Volkes“ zurückgewiesen.

5. Tag: Die Evakuierung von Teheran beginnt, nachdem zuvor Hunderttausende auf eigene Faust die Stadt verlassen hatten. Ein riesiger Flüchtlingstreck bewegt sich in Richtung der türkischen Grenze. Andere Flüchtlinge versuchen die unversehrten iranischen Großstädte wie Bandar Abbas, Täbris und Mashhad zu erreichen.

Die Radioaktivitätsmessungen in Ghom, Teheran und Buschehr zeigen weiter hohe, in Ghom teilweise noch steigende Werte.

6. Tag: Um 5:00 Uhr Teheraner Zeit erklärt die iranische Regierung Israel den Krieg. Als Grund wird der Völkermord am iranischen Volk genannt, für den die Israel jetzt zur Verantwortung gezogen werde. Israel könne jederzeit durch die Erklärung, die Schuldigen auszuliefern oder nach Den Haag an das Kriegsverbrechergericht zu überstellen, einen Waffenstillstand erreichen.

Um 6:00 Uhr beginnt der Raketenbeschuss Israels. Aus dem Gazastreifen und Südlibanon werden Hunderte Kassamraketen abgefeuert. Zur Überraschung der Israelis verfügen die Palästinenser offenbar neuerdings über elektronische Steuereinheiten, welche die Treffsicherheit wesentlich erhöhen. Zudem gibt es einen Beschuss mit etwa zwanzig Mittelstreckenraketen aus dem Iran. Es gibt bei der ersten Welle des Angriffes Dutzende von Toten und Tausende Verletzte, obwohl die Vorwarnung funktioniert und der Großteil der Bevölkerung rechtzeitig Bunker aufsuchen kann.

In der Straße von Hormus wird ein unter panamesischer Flagge verkehrender Riesentanker von Exxon von Schnellbooten angegriffen. Deren Besatzungen bringen Sprengladungen am Rumpf an und drehen ab. Zwei Stunden nach den Explosionen beginnt der Tanker zu sinken. Eine Ölpest droht, zudem liegt der sinkende Tanker genau in der Hauptschifffahrtsroute. innerhalb der nächsten Stunden explodiert der Rohölpreis an den Börsen auf 280,- $ pro Barrel. Die Aktienkurse, die zuvor schon deutlich nachgegeben hatten, crashen um zweistellige Prozentzahlen, der Börsenhandel wird an den meisten Börsen ausgesetzt.

7. Tag: Die jordanische Übergangsregierung erklärt Israel den Krieg und setzt Truppen in Richtung der Grenze in Bewegung. Diese beziehen dort zunächst Stellung.

… und in Islamabad treffen sich hochrangige Vertreter der iranischen Regierung und des pakistanischen Militärs unter der Vermittlung von Kadir Kahn. Einziger Verhandlungspunkt: unter welchen Bedingungen wird das pakistanische Militär den Iranern mehrere Atombomben inklusive Trägerraketen überlassen?